# taz.de -- Sorge um feste Fehmarnbeltquerung: Tunnel ins Nirgendwo | |
> Kieler Verkehrsminister Madsen warnt, dass Fehmarnbeltquerung 2029 der | |
> Anschluss fehlen könnte, wenn der Fehmarnsundtunnel dann nicht fertig | |
> wäre. | |
Bild: Denkmalgeschützt und sanierungsbedürftig: die Fehmarnsundbrücke | |
Nachdem das letzte Hindernis für den Bau des Fehmarnbelttunnels aus dem Weg | |
geräumt war, hat der schleswig-holsteinische Verkehrsminister Claus Ruhe | |
Madsen (parteilos) davor gewarnt, dass der Tunnel ohne Anschluss dastehen | |
könnte. Das liegt daran, dass auch über den Fehmarnsund eine neue Querung | |
gebaut werden muss, um den prognostizierten Verkehr aufzunehmen. Die ist | |
aber erst noch in der Planung. | |
Die Fehmarnbeltquerung, eine feste Schienen- und Straßenverbindung zwischen | |
der Insel Fehmarn und dem dänischen Lolland, soll die Fähren auf der | |
sogenannten Vogelfluglinie ersetzen und somit den transeuropäischen Verkehr | |
schneller machen. Bahnfarten zwischen Kopenhagen und Hamburg sollen dann | |
nur noch zweieinhalb statt wie bisher viereinhalb bis fünfeinhalb Stunden | |
dauern. Lastwagen könnten von Triest bis Malmö durchfahren. | |
Kernstück ist ein 18 Kilometer langer Tunnel zwischen Puttgarden und Rødby, | |
um den lange gerungen wurde. Erst am 15. Dezember 2021 hat das | |
Bundesverwaltungsgericht in Leipzig die letzte Hürde beiseite geräumt: Es | |
entschied, dass [1][die Riffe, die der Naturschutzbund (Nabu) auf dem Grund | |
der Ostsee entdeckt hatte], durch das Versenken und Eingraben der | |
Tunnelelemente zerstört werden dürfen, wenn ein entsprechender Ausgleich | |
dafür geschaffen wird. | |
Der Bau in der Regie der dänischen Gesellschaft Femern A/S, der wegen des | |
Prozesses teilweise eingestellt worden war, geht also weiter. 2029 soll der | |
Tunnel, der von Dänemark bezahlt wird, fertig sein. Der Tunnel wäre | |
allerdings sinnlos ohne einen Ausbau der Straßen und Bahnlinien im | |
deutschen Hinterland. | |
Dazu gehört auch die 960 Meter lange Eisenbahn- und Straßenbrücke über den | |
Fehmarnsund aus dem Jahre 1963. Einem Gutachten der Bahn zufolge ist die | |
unter Denkmalschutz stehende alte Brücke jedoch dem zusätzlichen Verkehr | |
nicht gewachsen. Deshalb soll sie um einen [2][Absenktunnel mit vier | |
Fahrstreifen und zwei Gleisen wie bei der Beltquerung] ergänzt werden. Der | |
Tunnel befindet sich im Gegensatz zu allen anderen Ausbauprojekten noch im | |
Planungsstadium. | |
## Zeit wird knapp | |
Nach Angaben der Deges, einer Projektmanagementgesellschaft des Bundes, die | |
die Fehmarnsundquerung zusammen mit der Bahn plant, soll im laufenden Jahr | |
der Antrag auf Planfeststellung eingereicht werden. 2029, zeitgleich mit | |
der Eröffnung des Belttunnels, soll auch die Verbindung über den Sund | |
stehen. Die alte Brücke soll dann Fußgängern, Radlern und langsamen | |
Fahrzeugen vorbehalten sein. | |
Mit Blick auf diese Terminplanung hat Verkehrsminister Madsen mehr Tempo | |
auf deutscher Seite angemahnt. „Wir haben noch Zeit, aber wir müssen Gas | |
geben“, sagte Madsen der Deutschen Presse-Agentur. Der aus Dänemark | |
stammende Minister warnte vor einer „europaweiten Blamage, wenn es uns | |
nicht gelingt, fertig zu sein“. | |
Angesichts der Verzögerungen in den vergangenen Jahren habe er Sorge, „ob | |
das wirklich alles gelingt, rechtzeitig bis 2029“, sagte Madsen. | |
Optimistisch sei er zumindest bei der Sanierung der alten Sundbrücke bis | |
2024 für ursprünglich veranschlagte 30 Millionen Euro. Im Falle des bis | |
2029 geplanten Tunnels am Sund, der gut 700 Millionen Euro kosten soll, | |
sieht Madsen dagegen „eine durchaus realistische Gefährdung“. Es dürfe ab… | |
knapp 15 Jahre nach dem Staatsvertrag mit Dänemark nicht mehr um | |
Grundsätzliches gehen. Diskussionen kämen bei niemandem positiv an, „auch | |
nicht übrigens auf dänischer Seite“. | |
## Vorbildlich abgestimmt | |
Die Deutsche Bahn versicherte, sie gehe weiter davon aus, dass der deutsche | |
Tunnel am Sund Ende 2029 in Betrieb gehen könne. „Als Rückfallebene könnte | |
die Sundbrücke elektrifiziert und somit auch für Zugverkehre genutzt | |
werden“, sagte ein Sprecher. Ziel bleibe aber weiter die Fertigstellung des | |
neuen Tunnels Ende 2029. | |
Spricht man mit Malte Siegert vom Nabu, stehen dem wahrscheinlich zumindest | |
keine weiteren Klagen entgegen. Die Bahn habe die Verbände schon bei der | |
Erarbeitung der Planfeststellungsunterlagen einbezogen und diese im Dialog | |
weiterentwickelt. Das sei eine große Verbesserung, denn [3][normalerweise | |
würden die Verbände erst mit den fertigen Planunterlagen konfrontiert]. | |
Dann sei es schwierig, noch etwas zu ändern. | |
Für Siegert könnte der Abstimmungsprozess zwischen den Akteuren der | |
Zivilgesellschaft und der Bahn ein Vorbild für weitere Projekte sein, denn | |
er zeige: „Man kann eine Planungsbeschleunigung erreichen, wenn man die | |
Betroffenen früh ins Boot holt.“ Der Nabu habe sich in diesem Fall darauf | |
eingelassen, nachdem klar war, dass der lange Tunnel unter dem Belt kommen | |
würden. Allerdings sei das Gesamtprojekt, zumindest was die Straßenanteile | |
angehe, nach wie vor „komplett überflüssig“. | |
3 Jan 2023 | |
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## AUTOREN | |
Gernot Knödler | |
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