# taz.de -- Erfolgreicher Eilantrag: Baustopp für Fehmarnbelttunnel | |
> Wegen schützenswerter Riffe wird der Weiterbau des Fehmarnbelttunnels | |
> vorläufig unterbrochen. Das erwirkte das Bundesverwaltungsgericht. | |
Bild: Hält offenbar auch das Bundesverwaltungsgericht für schützenswert: Rif… | |
GÖTTINGEN taz | Erst sechs Wochen ist der von großem Rummel begleitete | |
erste Spatenstich auf deutscher Seite für den geplanten Fehmarnbeltunnel | |
her. Nun gibt es einen teilweisen Baustopp. Der Grund: geschützte Riffe in | |
den Küstengewässern vor Puttgarden. Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig | |
hat das Land Schleswig-Holstein gebeten, vorläufig eine Unterbrechung der | |
Arbeiten in dem Bereich anzuordnen. | |
Mit dieser sogenannten Zwischenverfügung reagierte das Gericht auf einen | |
Eilantrag des Aktionsbündnisses gegen eine feste Fehmarnbeltquerung und | |
weiterer Tunnelgegner. Die Empfehlung, die Baggerarbeiten entlang der | |
Tunneltrasse im Bereich der [1][sensiblen Riffe] zu stoppen, gilt bis zu | |
einer endgültigen Entscheidung über den Eilantrag. Diese soll dem Gericht | |
zufolge „zeitnah“ erfolgen. | |
In der Vergangenheit seien Planfeststellungsbehörden vergleichbaren Bitten | |
des Bundesverwaltungsgerichts stets nachgekommen, hieß es. Andernfalls | |
müsse das Gericht förmlich darüber beschließen, ob die Arbeiten im Bereich | |
der vorgenannten Riffe bis zu einer Entscheidung über den Antrag des | |
Aktionsbündnisses ruhen. | |
Der etwa 18 Kilometer lange Straßen- und Eisenbahntunnel soll | |
voraussichtlich ab 2029 die deutsche Ostseeinsel Fehmarn und die dänische | |
Insel Lolland verbinden. Die derzeitige 45-minütige Reisezeit zur | |
Überquerung des Fehmarnbelts mittels Fähre würde sich laut Angaben der | |
Planer durch die unterirdische und wetterunabhängige Passage auf etwa zehn | |
Minuten reine Fahrzeit reduzieren. | |
Der Bau des Absenktunnels wurde am 28. April 2015 vom dänischen Parlament | |
gebilligt. Auf deutscher Seite hing die Baugenehmigung wegen rechtlicher | |
Einwände lange in der Schwebe. [2][Am 3. November 2020 wies das | |
Bundesverwaltungsgericht Klagen gegen den Tunnel letztinstanzlich ab.] Der | |
erste Spatenstich auf dänischer Seite erfolgte am 1. Januar 2021, auf | |
deutscher Seite am 29. November 2021. | |
Der Rechtsanwalt des Aktionsbündnisses, Wilhelm Mecklenburg, spricht nun | |
von einem überraschenden und nicht zu unterschätzenden Erfolg. In dem | |
[3][Urteil vom November 2020] waren die Riffe nämlich ausgeklammert | |
geblieben. Sie waren erst nach Abschluss der Planungen entdeckt worden. Für | |
diese sollte das Land ein ergänzendes Verfahren einleiten. Diese Planungen | |
sehen eine Ausgleichsfläche für die Riffe an anderer Stelle vor. Dagegen | |
richteten sich die derzeitige Klage und der Eilantrag des Aktionsbündnisses | |
sowie des Naturschutzbundes Nabu und von zwei Firmen. | |
Die Kompensationsmaßnahmen für die Zerstörung der Riffe waren vom | |
schleswig-holsteinischen Amt für Planfeststellung Verkehr (APV) im | |
Planänderungsbeschluss festgelegt worden. Die Kläger bezeichnen sie als | |
„unzureichend und fehlerhaft festgesetzt“. Laut Nabu müsste eine Fläche v… | |
36 Hektar Riffe ersetzt werden, dem Plan zufolge würden aber nur knapp 17,5 | |
Hektar ausgeglichen, zudem teilweise mit schlechteren Standortbedingungen. | |
In den Riffbiotopen sehen Umweltschützer in der hoch belasteten Ostsee | |
Lebensräume von besonderer Bedeutung. Im Fehmarnbelt liegen laut Bundesamt | |
für Naturschutz die artenreichsten Riffe in der südlichen Ostsee. Mit | |
wichtigen Funktionen: Komme es durch Sauerstoffmangel zu einem | |
Massensterben bodenlebender Arten in der Ostsee, wanderten die Arten über | |
den Fehmarnbelt wieder ein. „Die Riffe im Fehmarnbelt sind wichtige | |
ökologische Trittsteine für die gesamte Ostsee“, sagte | |
Nabu-Meeresschutzexpertin Anne Böhnke-Henrichs: „Der Fehmarnbelt ist das | |
ökologische Herz der Ostsee.“ | |
## Arbeiten an Land laufen weiter | |
Bündnissprecher Hendrick Kerlen wirft dem Land Versäumnisse beim | |
erforderlichen Monitoring vor. Dies sei bei besonders geschützten, als | |
„FFH-Lebensräume“ qualifizierten Biotoptypen vorgeschrieben. Auch Riffe | |
gehören dazu. Dieses Monitoring sei wohl nur unzureichend erfolgt, | |
anderenfalls hätten die Riffe im Trassenbereich nicht übersehen werden | |
können. Für den Vorhabenträger, die dänische Planungsfirma Femern A/S, | |
seien Riffe im Trassenbereich ohnehin ein Ärgernis, weil deren Schädigung | |
oder Vernichtung aufwändig durch künstliche Riffe kompensiert werden | |
müssten. | |
Femern A/S kündigte nach der Gerichtsentscheidung an, das weitere Vorgehen | |
„gemeinsam mit unseren Anwälten und in enger Abstimmung mit dem APV“ zu | |
besprechen. „Welche Auswirkungen ein möglicher vorläufiger Baustopp in | |
diesen kleinen Bereichen haben könnte, können wir zum aktuellen Zeitpunkt | |
noch nicht sagen. Alle anderen Arbeiten, sowohl landseitig als auch | |
seeseitig, laufen wie geplant weiter.“ Es bleibe weiterhin „übergeordnetes | |
Ziel“, den Fehmarnbelttunnel 2029 zu eröffnen. | |
Landeswirtschaftsminister Bernd Buchholz reagierte entspannt auf die | |
aktuelle Entwicklung. „Klar ist für das Land, dass es bis zur | |
Eilentscheidung des Senats keine weiteren Arbeiten in den strittigen | |
Bereichen geben wird“, sagte der FDP-Politiker. Doch selbst wenn das | |
Aktionsbündnis eine Verzögerung des Bauablaufs bewirken sollte, werde die | |
Klage weder eine substanzielle Veränderung des Projekts selbst noch des | |
Zeitplans mit sich bringen. | |
19 Jan 2022 | |
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## AUTOREN | |
Reimar Paul | |
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