Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Bilder von Riffen im Fehmarnbelt: Tunnelbauer kriegen Problem
> Unterwasserbilder und ein Gutachten der Uni Kiel bestätigen, dass sich
> geschützte Riffe auf der Trasse des geplanten Fehmarnbelttunnels
> befinden.
Bild: Könnte zum Problem für den Tunnel werden: Riff im Fehmarnbelt auf einem…
Neumünster taz | Fische schweben zwischen bunten Pflanzen, die auf
Steinformationen wachsen – die Bilder, die ein Tauchteam im Auftrag des NDR
im Juni in der Ostsee aufnahm, haben eine alte Debatte neu befeuert: Es
geht um Riffe im Fehmarnbelt, wo die dänische Firma Femern A/S den knapp 18
Kilometer langen Tunnel zwischen den Inseln Lolland und Fehmarn bauen will.
Der Nabu hat bereits vor Jahren [1][den Verdacht geäußert], dass sich da
unten geschützte Riffe befinden, und Tauchteams geschickt. Und jetzt hat
sich dieser Verdacht bestätigt.
Die Aufnahmen der Riffe kommen für die Befürworter*innen des Projekts zur
Unzeit, denn im September wird das Bundesverwaltungsgericht über mehrere
Klagen gegen den Tunnel verhandeln. Inzwischen liegt ein Gutachten der
Kieler Uni vor, das drei getrennte Gesteinsformationen zeigt, das
[2][berichtet der NDR].
Einzusehen ist das Gutachten offiziell noch nicht. Die Frage jedenfalls, ob
sich Riffe – die als Biotope gesetzlich geschützt sind – auf der Trasse des
geplanten Tunnels befinden, werde „von allen Seiten als prozessrelevant
eingestuft“, heißt es in Kiel. Vom Prozess betroffen sind neben den
Kläger*innen von der Umweltschutzseite und der beklagten dänischen Firma
als Bauträger auch die Behörden, die die vorgelegten Pläne genehmigt haben.
Nabu-Expertin Anne Böhnke-Henrichs entdeckte den ersten Hinweis auf die
geschützten Steinformationen, als sie im Jahr 2015 die Planungsunterlagen
für den Tunnel auswertete. Es war, sagt sie heute, die Suche nach der
„Nadel im Heuhaufen“ in den Bergen von Akten. Aber sie fand etwas: „Im
Fächerlot waren dunkle Flecken zu sehen.“
Mit dem Fächerlot wird ein Schattenbild des Meeresbodens erstellt: Die Art
und Weise, wie ein Signal reflektiert wird, lässt darauf schließen, ob
unten Stein oder Sand, Erhebungen oder Täler liegen. Der dunkle Fleck in
den ersten Karten lässt auf „Grobsediment“ schließen – das kann alles
Mögliche bedeuten, darunter auch Riffe. Wer so etwas findet, wäre also gut
beraten, genauer nachzuschauen, um nicht in Konflikt mit den
Naturschutzrichtlinien zu geraten. Doch, hoppla, die Karte, die später in
der Umweltverträglichkeitsstudie landete, weist für den gesamten Bereich
„Feinsubstrat mit Schlick und Schluff“ aus.
„Man kann spekulieren, wie so was passiert“, sagt Böhnke-Henrichs. Zudem
fehlt in den Studien, die Femern A/S bei den Behörden eingereicht hat,
ausgerechnet der Bereich der Trasse selbst. Die Nabu-Expertin sieht hier
ein generelles Problem: „Die Firma beauftragt das Gutachten, hat also den
größten Einfluss darauf.“
Auf die Frage, ob sich das Kieler Wirtschafts- und Verkehrsministerium und
sein Planfeststellungsamt von Femern A/S getäuscht sehen, antwortet
Staatssekretär Thilo Rohlfs (FDP) vorsichtig: Ob sich „die potenziell
gefundenen Riffe innerhalb der Tunneltrasse befinden und damit in direktem
Widerspruch zu den Untersuchungen stehen“, sei noch nicht abschließend
verifiziert. Das Amt stehe „in ständiger Kommunikation mit den
Vorhabenträgern, um den vermeintlichen Widerspruch aufzuklären“. Die
Pressestelle des Umweltministeriums schweigt mit Hinweis auf den
anstehenden Prozess.
Aber Minister Jan Philipp Albrecht (Grüne) forderte bereits, Femern A/S
solle die Riffe in die Planungen einpflegen, und Marlies Fritzen,
Umweltexpertin der Grünen-Landtagsfraktion, verweist darauf, dass sie den
„ökologisch wie ökonomisch unsinnigen“ Tunnel schon immer abgelehnt hatte.
Doch auch die Grünen hatten sich auf die vorgelegten Gutachten verlassen:
2015 verneinte sie in einer Landtagsrede, dass der Bau Riffe beeinträchtigt
würde.
Die heutigen Erkenntnisse, darunter das neue Gutachten der Kieler Uni, das
vom Landesamt für Umweltschutz, einer Unterbehörde des Umweltministeriums,
in Auftrag gegeben wurde, sprechen eine andere Sprache. Allerdings sind
inzwischen fünf Jahre verstrichen, in denen die Pläne vorangetrieben und
Fakten geschaffen wurden.
In Dänemark entsteht ein „Arbeitshafen“ für den Tunnelbau. Ob die
Naturschutz-Bedenken das Zehn-Milliarden-Euro-Projekt jetzt noch stoppen
können? Änderungen seien „nicht zwangsläufig“, wenn die Riffe nur dicht …
der Trasse lägen, so Staatssekretär Rohlfs. Biotope, die direkt im
Tunnelbereich liegen, „könnten zu Neubewertungen führen“. Marlies Fritzen
geht von zusätzlichen Auflagen aus. Zumindest verzögere der Rechtsweg den
Bau, sagt Nabu-Expertin Böhnke-Henrichs: Auf der deutschen Seite darf
nichts außer bauvorbereitenden Maßnahmen stattfinden.“
Doch wären die Prüfstellen bereits 2015 dem Verdacht des Nabu nachgegangen,
sähen die Pläne heute vermutlich anders aus. Tatsächlich gab es wohl
leichtes Unbehagen im Umweltministerium gegenüber Femern A/S. So ist im
Planfeststellungsbeschluss von 2019 eine Kritik an Messverfahren „zur
Quantifizierung der Sedimentablagerungen“ dokumentiert, die das Landesamt
für Umweltschutz bereits 2015 als „nicht geeignet“ einstufte und die Firma
aufforderte, „zweifelsfrei“ zu messen. Auf taz-Anfrage teilte das
Ministerium nur mit, dass damals „keine eigenen Kenntnisse zu Riffen
vorlagen“ – schließlich liegt das eigene Gutachten erst jetzt vor.
„Unterwasserkartierungen sind sehr aufwändig“, erklärt der
Wirtschaftsstaatssekretär Thilo Rohlfs.
Allerdings ist die Ostsee nicht der Marianengraben: Sowohl dem Nabu als
auch dem NDR ist es gelungen, Tauchteams in den entsprechenden Bereich zu
schicken. Fündig wurden sie 300 Meter vom Ufer entfernt in sechs Metern
Tiefe, mitten in der geplanten Trasse.
7 Aug 2020
## LINKS
[1] /Hindernis-fuer-Fehmarnbelt-Verbindung/!5620884
[2] https://www.ndr.de/nachrichten/schleswig-holstein/Ministerium-weist-Riffe-a…
## AUTOREN
Esther Geißlinger
## TAGS
Fehmarnbelt
Fehmarnbelt-Querung
Nabu
Naturschutz
Schleswig-Holstein
Fehmarnbelt-Querung
Fehmarn
Fehmarnbelt-Querung
Fehmarnbelt-Querung
Verkehr
Ostsee
Verkehr
## ARTIKEL ZUM THEMA
Erfolgreicher Eilantrag: Baustopp für Fehmarnbelttunnel
Wegen schützenswerter Riffe wird der Weiterbau des Fehmarnbelttunnels
vorläufig unterbrochen. Das erwirkte das Bundesverwaltungsgericht.
Dänemarks Gründe für Fehmarnbelt-Tunnel: Schneller nach Hamburg
Dänemark will sein Zentrum näher an die zentraleuropäischen
Wirtschaftsräume rücken. Der Fehmarnbelt-Tunnel soll dabei helfen.
Umstrittenes Bauprojekt: „Die Enten müssen nicht verhungern“
Das Bundesverwaltungsgericht gibt grünes Licht für den Bau des
Fehmarnbelt-Tunnels – auch wenn die Arbeiten zeitweise die Tierwelt stören.
Vor Gerichtsurteil in Deutschland: Dänische Ökos für Belttunnel
Deutsche Naturverbände kämpfen gegen den Tunnel zwischen Fehmarn und
Lolland. Die aus dem Nachbarland sind dafür. Warum?
Transeuropäisches Verkehrsprojekt: Klatsche für Fehmarnbelt-Querung
Der Europäische Rechnungshof kritisiert die deutsche Zubringerstrecke zu
dem Ostseetunnel als zu kostspielig und die Fahrgastzahlen als zu gering.
Hindernis für Fehmarnbelt-Verbindung: Tunnel lässt Umweltschützer rasen
Ein neues Hindernis für den Bau des Fehmarnbelttunnels zwischen Dänemark
und Deutschland: Der Nabu entdeckt streng geschützte Riffe.
Studie zum Dänemark-Tunnel: Totes Pferd im Belt
Ein Verkehrsgutachten verneint den Bedarf für den geplanten Ostsee-Tunnel.
Bundesregierung räumt erstmals Kostensteigerung ein.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.