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# taz.de -- ZDF-Osterserie „Merz gegen Merz“: Comedy anno 2012
> Christoph Maria Herbst und Annette Frier in einer arg lauen neuen
> ZDF-Serie von „Stromberg“-Erfinder Ralf Husmann: „Merz gegen Merz“.
Bild: Zwei, die sich nicht lustig zoffen: Anette Frier und Christoph Maria Herb…
„Stromberg“ war einmal die beste deutsche Comedy seit „Ein Herz und eine
Seele“. Dazwischen lagen drei Jahrzehnte, die letzte Folge „Stromberg“
liegt auch schon über sieben Jahre zurück. Es kommt einem noch viel länger
vor. So viel ist geschehen. Den „Stromberg“-Zeitgenossen „Pastewka“ kann
man heute bei Amazon streamen, bingenderweise. Als am 31. Januar 2012 die
46. und letzte Folge „Stromberg“ über die Mattscheibe flimmerte, hielt man
Amazon noch für einen Online-Buchhändler. Von Netflix hatte man wohl schon
gehört – in Deutschland gab es das noch nicht.
Es ist das Jahr 2019. Die beste deutsche Comedy seit „Stromberg“ heißt
„Jerks“, gibt’s zum Streamen bei Maxdome (lief aber auch, wie seinerzeit
„Stromberg“, auf ProSieben) – und stellt in Sachen Fremdschämpotenzial
alles zuvor Dagewesene mühelos in den Schatten. Bei den Amerikanern (Larry
David und Louis C.K.) abgeschaut, geben Christian Ulmen und Fahri Yardim
nur etwas peinlichere, charakterlosere, schlechtere Versionen ihrer selbst.
Das war schon bei „Pastewka“ so – nur dass bei Ulmen/Yardim sämtliche Ga…
konsequent da spielen, wo es nun einmal am allerpeinlichsten ist: unter der
Gürtellinie.
Einen aktuellen „Stromberg“ also gibt es nicht. Oder doch? Tatsächlich
zeigt nun ausgerechnet die alte Tante ZDF Neues von den
„Stromberg“-Veteranen Christoph Maria Herbst und Ralf Husmann. Der Autor
Husmann hatte zuletzt an drei Dresden-„Tatorten“ mitgeschrieben, die sich
alle durch ein merkwürdiges Missverhältnis zwischen dem eigentlich
tragischen Geschehen und der irgendwie auf witzig gebürsteten Tonalität –
nicht – auszeichneten.
Herbst hat für sein Mitwirken in der Telekom-Produktion (ja, auch die
machen jetzt Serien) „Deutsch-Les-Landes“, die eine deutsch-französische
Culture-Clash-Comedy sein will, keine so guten Noten bekommen. Das
gemeinsam geführte ARD-Degeto-„Hotel Heidelberg“ übergeben er und Annette
„Danni Lowinski“ Frier gerade an ihre Nachfolger. Um nun also im ZDF Merz
und Merz in „Merz gegen Merz“ zu spielen.
## Früher war mehr Katzenkloo
Klingt wie „Kramer gegen Kramer“ (mit Dustin Hoffman und Meryl Streep), und
genau das soll es auch sein: ein Rosenkrieg, nur eben mit den Mitteln
deutscher Comedy – deutscher Comedy anno etwa 2012. Das lautstarke
Defäkieren von Erik Merz’ prolligem Vater (Bernd Stegemann) soll man noch
lustig finden, nachdem man miterlebt hat, wie sich Christian Ulmen in ein
Katzenklo erleichtert hat? Der Vater sagt auch Sachen wie: „Aber ich zieh
heute Abend keinen Anzug an. Höchstens ’n Jogginganzug. Ganz leger.“
Im Unterschied zu Anne Merz’ Vater (Michael Wittenborn) hat er kein
Alzheimer. Alzheimer-Witze sind noch lange nicht komisch, nur weil sie
vielleicht ein kleines bisschen geschmacklos sind. Die Diagnose kommt
ungelegen, da Erik der zweite Mann in seiner Firma – Reichert Extruder
Technik – ist und die Erbin Anne ihren künftigen Ex dort lieber durch eine
Klischee-Emanze (anno 1996?) ersetzen würde, über die vielleicht Annegret
Kramp-Karrenbauer lachen kann. Die Schwaben-Witze („Häsle, was hasch denn?
Heilig’s Blechle!“) muss „Headautor/Creative Producer“ Husmann in derse…
Klamottenkiste des öffentlich-rechtlichen Humors gefunden haben.
Wenn doch wenigstens zwischen Herbst und Frier so richtig die Fetzen
fliegen würden! Erik Merz ist aber ein Arschloch mit viel menschlicherem
Antlitz als der Westentaschen-Büro-Diktator Bernd Stromberg es war; Anne
Merz in ihrem ganz privaten Furor nicht annähernd so heldenhaft und
liebenswert wie die Anwältin aus der Einkaufspassage Danni Lowinski. Er
überreicht ihr einen ziemlich zerfledderten Blumenstrauß: „Wie gesagt, ich
hab den Kassenzettel noch.“ Sie: „Vielleicht hab ich den Kassenzettel für
dich auch noch irgendwo.“
Vielleicht hat das ZDF den Kassenzettel für „Merz gegen Merz“ auch noch
irgendwo. Vorerst acht Folgen laufen zwischen Gründonnerstag und
Ostermontag – nur nicht an Karfreitag, der ein gesetzlicher „stiller Tag“
ist, an dem nichts verbreitet werden darf, das „eine Verletzung des
religiösen und sittlichen Empfindens“ befürchten lassen könnte. So was wie
„Jerks“ zum Beispiel.
18 Apr 2019
## AUTOREN
Jens Müller
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