# taz.de -- Debatte zur Pränataldiagnostik: Von Downsyndrom bis Designerbabys | |
> Der Bundestag diskutiert über die Frage, ob Kassen einen Bluttest für | |
> werdende Mütter übernehmen sollen. Auch parteiintern ist man uneinig. | |
Bild: Die Aktivistin Natalie Dedreux (M.) demonstriert gegen den Bluttest als K… | |
BERLIN taz | Irgendwann sagte Wolfgang Schäuble, dass es ihm „keine Freude | |
macht, diese Debatte so zu führen“. Damit meinte der Bundestagspräsident | |
nicht etwa die Frage, die das Parlament am Donnerstag beraten hatte: Sollen | |
Krankenkassen [1][pränatale Bluttests] bezahlen? Der CDU-Mann zielte auf | |
das mehrfache Überschreiten der vorgegebenen Redezeit von drei Minuten. | |
Der Grünen Corinna Rüffer, die die „Pränatest“-Debatte vor Jahren | |
angestoßen und 2018 mit einer überparteilichen Abgeordnetengruppe ins | |
parlamentarische Rollen gebracht hatte, drehte Schäuble einfach das | |
Mikrofon ab. Sie redete weiter, Schäuble blieb beinhart: „Sie können | |
weiterreden, aber Sie haben kein Mikro mehr.“ | |
Mit längeren Referaten war zu rechnen. Der „Pränatest“-Diskurs ist | |
emotional hoch aufgeladen und ähnlich umstritten, wie es etwa | |
Schwangerschaftsabbrüche und die Präimplantationsdiagnostik sind. Und so | |
kann auch von der üblichen Pro-und-Contra-Trennlinie der Parteien keine | |
Rede sein. Es gibt SPD-Abgeordnete wie Dagmar Schmidt, die ein „Recht auf | |
Nichtwissen“ als wichtig erachtet. Ihre Parteikollegin Sabine Dittmer | |
hingegen plädiert für das „Recht auf Wissen“: „Das darf nicht abhängig… | |
vom Einkommen.“ | |
Der Bluttest, der Gendefekte wie Trisomie 21 bereits im Mutterleib | |
feststellt und im Gegensatz zur Fruchtwasserpunktion risikoarm für | |
Schwangere und Fötus ist, kostet zwischen 200 und 300 Euro. Das muss privat | |
bezahlt werden, die Krankenkassen übernehmen diese Kosten derzeit nicht. | |
## Nicht immer sachlich | |
Die CDU-Abgeordnete und Vorsitzende der Frauenunion, Annette Widmann-Mauz, | |
plädierte dafür, dass der Pränatest von den Kassen dann bezahlt werden | |
sollte, wenn er medizinisch notwendig sei, sprich: wenn sich Gendefekte | |
andeuten. Sie fürchte allerdings, dass der Test „zur Routine“ werde. So | |
sachlich hielten es manche ihrer FraktionskollegInnen nicht. | |
Da beschwor der Arzt und CSU-Mann Stephan Pilsinger die „eugenische | |
Gesellschaft“ herauf und schlug einen Bluttest ab der 12. | |
Schwangerschaftswoche vor, um „Designerbabys zu vermeiden“. In den Augen | |
von Michael Brand, CDU, führt die „Diagnose Trisomie 21 in 90 Prozent der | |
Fälle zum Tode“. Damit spielte Brand auf die Zahl der Abtreibungen nach | |
einem positiven Downsyndromtest an. Die SPD-Abgeordnete Susann Rüthrich | |
sprach von einem „Paradigmenwechsel“: Der Bluttest diene nicht der | |
Gesundheit des Kindes. | |
Die Grünen und die Linkspartei argumentierten vor allem mit dem | |
Selbstbestimmungsrecht der Frau und der Familie sowie mit der „sozialen | |
Frage“. So erklärten sowohl die Grüne Katja Dörner als auch die Linke Petra | |
Sitte, dass es unverständlich sei, warum der Bluttest von den Kassen nicht | |
bezahlt würde, obwohl andere Vorsorgeuntersuchungen selbstverständlich | |
übernommen würden. Beide Politikerinnen traten für eine inklusive | |
Gesellschaft ein, die so noch nicht existiere. „Es ist nicht entscheidend, | |
ob die Kasse den Test bezahlt, es ist entscheidend, dass Kinder mit | |
Behinderungen und ihre Eltern ein gutes Leben haben“, sagte Dörner. | |
Die wohl am bewegendste Rede hielt die FDP-Abgeordnete Katrin | |
Helling-Plahr. Sie erwartet ihr zweites Kind und erzählte, wie wichtig für | |
sie – aufgrund einer eigenen Krankheit – die Bluttests bei der ersten | |
Schwangerschaft waren. Die Untersuchungen produzierten Sorge, sagte sie, | |
aber auch die „Möglichkeit, sich auf Kommendes einzustellen“. Das ist ganz | |
im Sinne der SPD-Frau Hilde Mattheis: „Wenn Paare früh wissen, wie es um | |
das Kind steht, dann können sie es gut annehmen – so oder so.“ | |
11 Apr 2019 | |
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## AUTOREN | |
Simone Schmollack | |
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