# taz.de -- Kassen sollen Downsyndrom -Test zahlen: Wenn „Selektion“ leicht… | |
> Die Kassen bezahlen wohl demnächst einen Bluttest auf Trisomie 21. | |
> Betroffene warnen vor sinkender Toleranz gegenüber der | |
> Chromosenabweichung. | |
Bild: Benjamin Voss, Daniel Beesk, Aleks Ristic (v.l.) protestieren gegen den T… | |
BERLIN taz | Jonas Sippel wird beklatscht wie ein Szene-Rapper. „Ich lasse | |
mir nicht von Ärzten vorschreiben, ob ich ein glückliches Leben führen | |
kann“, ruft der 26jährige ins Mikrofon, „Menschen mit Trisomie 21 sind | |
Menschen, die dazugehören!“ | |
Zur Kundgebung am Sonntag in Berlin sind mehr als hundert Leute gekommen, | |
Angehörige, Kinder, Erwachsene mit Trisomie 21, auch Downsyndrom genannt. | |
„Inklusion statt Selektion“ steht auf den Plakaten. Die Demonstranten | |
protestieren dagegen, dass ein Bluttest an Schwangeren, mit dem auf | |
Trisomie 21 des Ungeborenen getestet wird, künftig von den gesetzlichen | |
Krankenkassen bezahlt werden soll. | |
Der [1][Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA)] entscheidet an diesem Donnerstag | |
über die Kassenzulassung. In der Umgebung des Gremiums geht man davon aus, | |
dass die Kassenleistung kommt, allerdings nicht als routinemäßige | |
Reihenuntersuchung, sondern „bei besonderen Risiken oder zur Abklärung von | |
Auffälligkeiten im Einzelfall“, wie es in dem Beschlussentwurf des G-BA | |
heißt. | |
## Steigender Druck | |
Menschen mit Downsyndrom und deren VertreterInnen [2][befürchten,] dass | |
durch die Kassenfinanzierung und zunehmende Verbreitung der Tests in | |
Deutschland kaum noch Menschen mit Trisomie 21 geboren werden, da die | |
Mehrzahl der Schwangeren nach einem positiven Testergebnis abtreiben lässt. | |
Heute schon werden Eltern von Kindern mit Downsyndrom auf Spielplätzen | |
angesprochen, ob man „so etwas“ nicht hätte verhindern können, erzählen | |
Betroffene. „Dieser Druck wird zunehmen“, sagt Heike Meyer-Rotsch, | |
Gründerin des Vereins [3][Downsyndromberlin]. | |
Den Gentest des mütterlichen Blutes gibt es schon seit sieben Jahren, | |
allerdings nur für Selbstzahlerinnen, jede Schwangere, die bereit ist, ihn | |
privat zu bezahlen, kann ihn machen lassen. In der einfachsten Variante | |
kostet der Test der Firma Life Codexx derzeit 130 Euro plus Arzthonorar. In | |
sieben Jahren wurden in Deutschland 105.000 Testproben untersucht, | |
berichtet eine Sprecherin von Lifecodexx. | |
Der nichtinvasive Test durch Blutabnahme bei der Mutter ist ungefährlicher | |
für das Ungeborene als etwa eine Punktion des Fruchtwassers (Amniozentese) | |
oder des Mutterkuchens, durch die man ebenfalls auf Downsyndrom testet. Bei | |
diesen Untersuchungen, die von der Krankenkasse in Risikofällen bezahlt | |
werden, besteht ein gewisses Abortrisiko. | |
Das geringere Risiko für das Ungeborene ist auch der Grund, warum | |
Befürworter den Bluttest als Kassenleistung zulassen wollen, wie sich in | |
der [4][Bundestagesdebatte] zum Test vor einigen Monaten zeigte. Zudem | |
solle die finanzielle Lage einer Schwangeren nicht darüber entscheiden, ob | |
sie den Test machen lässt oder nicht, hieß es. | |
Betroffenenverbände warnen jedoch vor den langfristigen ethischen Folgen, | |
sollte der Test zur Routine werden. In Island, wo der Test üblich ist, gibt | |
es kaum noch Kinder mit Downsyndrom. „Man hätte schon bei Einführung des | |
Tests vor Jahren über die ethischen Folgen diskutieren müssen“, sagt | |
Meyer-Rotsch, „das ist damals leider nicht passiert“. | |
16 Sep 2019 | |
## LINKS | |
[1] https://www.g-ba.de/beschluesse/3711/ | |
[2] https://www.lebenshilfe.de/mitmachen/kampagnen/1221-trisomie-bluttest/ | |
[3] http://downsyndromberlin.de/ | |
[4] https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2019/kw11-pa-kinderkommission… | |
## AUTOREN | |
Barbara Dribbusch | |
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