| # taz.de -- Grenzen von Gentests: Babys à la carte | |
| > Man kann manche Eigenschaft von Kindern mittlerweile extrem genau | |
| > vorhersagen. Aber wie weit sollte man gehen? | |
| Bild: Gentests machen die Vorstellung von Babys schon vor der Geburt extrem kon… | |
| Was alles möglich ist, hat das [1][Unternehmen 23andme] erst im vergangenen | |
| Jahr wieder gezeigt. Da wurde der Firma ein Patent für einen Algorithmus | |
| genehmigt, mit dem sich Eigenschaften von Kindern berechnen lassen. So | |
| ließe sich beispielsweise herausfinden, ob Babys, die aus der Kombination | |
| der eigenen Eizelle mit einem bestimmten Sperma entstehen, Bitteres | |
| schmecken können oder ob ihre Haut sich bei Alkoholkonsum rötet. Neben | |
| gewöhnlicheren Eigenschaften wie Haarfarbe, Augenfarbe und diversen | |
| Krankheitsrisiken. | |
| [2][Das Patent mit der Nummer 8543339] und dem Titel „Auswahl von Spendern | |
| von Geschlechtszellen auf Grundlage genetischer Berechnungen“ war schon | |
| 2008 eingereicht worden. Als die Genehmigung bekannt wurde, teilte 23andme | |
| mit, dass es zwar einmal überlegt habe, die Technik in | |
| Fruchtbarkeitskliniken einzusetzen, dass es diese Pläne allerdings nie | |
| weiterverfolgt habe und auch nicht plane, sie einzusetzen. 23andme wurde | |
| von unter anderem von Anne Wojcicki gegründet, der Frau des | |
| Google-Mitgründers Sergey Brin. Die Firma dürfte auch deshalb besonders | |
| deutlich betonen, dass da [3][wirklich überhaupt nichts geplant sei], weil | |
| die Vorstellung vom Baby à la carte viele Menschen verstört. | |
| [4][//:http://onlinetaz.hal.taz.de/http://] | |
| Mittlerweile hat die Gesundheitsbehörde der USA die Vermarktung von | |
| 23andme-Gentests zu Gesundheitszwecken verboten. | |
| Trotzdem verbreiten sich Techniken, die anhand genetischer Informationen | |
| Vorhersagen über die Zukunft von Kindern treffen. 2012 kam in Deutschland | |
| beispielsweise der Pränatest auf den Markt, der anhand einiger Tropfen Blut | |
| einer werdenden Mutter offenbart, ob ihr Kind Trisomie21 haben wird. | |
| Medizinern, Ethikern und auch Parlamentariern stellt sich damit immer | |
| drängender die Frage: Was darf man wissen über ein ungeborenes Baby? | |
| ## Genetische Ausstattungen kennen | |
| Für die Titelgeschichte der [5][taz.am wochenende vom 1./2. März 2014] hat | |
| taz-Reporterin Heike Haarhoff mit der Vorsitzenden des Deutschen | |
| Ethikrates, Christiane Woopen, gesprochen. Woopen, Frauenärztin und selbst | |
| Mutter von vier Kindern, plädiert in dem Gespräch für klare Grenzen und | |
| fordert ein Recht auf Nicht-Wissen auch für Ungeborene. | |
| Man müsse es jedem Menschen selbst überlassen, ob er seine genetische | |
| Ausstattung kennen möchte. „Es gibt ein Recht auf Wissen und eines auf | |
| Nichtwissen. Darüber hinaus gibt es ein Recht auf informationelle | |
| Selbstbestimmung“, sagt Woopen. „Das heißt, entscheiden zu dürfen, wer | |
| sonst noch informiert werden darf. Diese Rechte aber würden hinfällig, wenn | |
| man schon vor der Geburt oder im Kindesalter alles untersuchte. Wir | |
| Erwachsene würden uns untereinander niemals zubilligen, einen anderen ohne | |
| dessen Einwilligung untersuchen zu dürfen. Dieser Grundsatz muss mit Blick | |
| auf sein späteres Leben auch schon für das Ungeborene gelten.“ | |
| Woopen hält es für sinnvoll, die Grenze selbst dann hart zu ziehen, wenn | |
| die Eltern große Angst davor haben, ihren Kindern ein hohes Risiko für | |
| bestimmte Krankheiten zu vererben. Brustkrebs etwa oder Darmkrebs. | |
| „Selbstverständlich habe ich großes Verständnis dafür, dass in Familien, … | |
| denen es eine solche Erkrankung gibt, die Angst davor ganz erheblich und | |
| belastend sein kann. Und doch können Eltern daraus meines Erachtens nicht | |
| das Recht ableiten, ihr Kind untersuchen zu dürfen“, sagt Woopen. | |
| ## „Zuweilen unbequem“ | |
| Manche Politiker klagen, dass ihnen wegen des rasanten technischen | |
| Fortschritts kaum anderes bleibe, als das technisch Machbare im Nachhinein | |
| zu legalisieren. Die Katholikin Woopen hat dafür kein Verständnis. Die | |
| Technik der Gendiagnostik sei schließlich nicht vom Himmel gefallen. „Man | |
| muss dann der Tatsache ins Auge sehen, dass mit zunehmenden | |
| Handlungsmöglichkeiten auch die Verantwortung wächst. Das mag zuweilen | |
| unbequem sein.“ | |
| Hat Woopen recht? Müssen wir die Grenzen äußerst strikt ziehen? Oder | |
| sollten wir es es als Chance sehen, mögliche Risiken für seine Kinder sehr | |
| früh auszuschließen? Und müssen wir alle Möglichkeiten, die wir haben, auch | |
| nutzen? | |
| Diskutieren Sie mit! | |
| Neben dem Gespräch mit Christiane Woopen lesen Sie in der Titelgeschichte | |
| der [6][taz.am wochenende vom 1./2. März 2014] außerdem die Geschichte | |
| einer Frau, die das Wissen, das ihr ein Gentest brachte, vor eine der | |
| schwierigsten Entscheidungen ihres Lebens gestellt hat. | |
| 28 Feb 2014 | |
| ## LINKS | |
| [1] http://www.23andme.com/ | |
| [2] http://patft.uspto.gov/netacgi/nph-Parser?Sect1=PTO2 | |
| [3] http://www.wired.com/wiredscience/2013/10/23andme-patent/ | |
| [4] http://onlinetaz.hal.taz.de/http | |
| [5] /Ausgabe-vom-1/2-Maerz-2014/!133921/ | |
| [6] /Ausgabe-vom-1/2-Maerz-2014/!133921/ | |
| ## AUTOREN | |
| Johannes Gernert | |
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