| # taz.de -- Entscheidung für Pränataldiagnostik: Mehr Tests, nicht mehr Klarh… | |
| > Der Bluttest zur Pränataldiagnostik führt zu höheren Anforderungen an | |
| > Schwangere. Der Weg zu einer informierten Entscheidung ist noch weit. | |
| Bild: Ultraschallaufnahme | |
| Seit ziemlich genau einem Jahr bekommen Schwangere als Kassenleistung einen | |
| Bluttest bezahlt, der Trisomie 13, 18 und 21 bei dem Fötus ziemlich sicher | |
| ausschließen kann. Was manchen wie eine Revolution der Pränataldiagnostik | |
| erscheint, hat nach Zahlen, die der taz vorliegen, genau zu dem geführt, | |
| was Kritiker*innen befürchtet haben: [1][Viel mehr Schwangere machen | |
| den Test], als eigentlich angeraten wäre. Und damit kommt sowohl auf die | |
| Schwangeren und ihre Familien als auch auf Ärzt*innen und | |
| Beratungsstellen einiges zu. | |
| Im Grunde war die Rechnung ja diese: Es gibt Schwangere, die bisher eine | |
| Fruchtwasseruntersuchung haben machen lassen, [2][um eine Trisomie | |
| auszuschließen] oder zu bestätigen, weil die Ultraschalluntersuchungen | |
| auffällig waren und sie Gewissheit haben wollen zum Beispiel. Diese | |
| Fruchtwasseruntersuchungen sind mit der – zwar sehr geringen, aber | |
| vorhandenen – Gefahr einer Fehlgeburt verbunden. Insofern ist ein | |
| risikoarmer Bluttest, der das Gleiche leistet, ein Meilenstein. | |
| Nun machen aber offensichtlich viel mehr als diese Schwangeren mit | |
| auffälligem Vorbefund einen Bluttest auf Trisomien – eben weil er von den | |
| Kassen bezahlt wird, weil er leicht verfügbar ist, weil er risikoarm ist. | |
| Und das hat Folgen. | |
| Die enorm hohe Falsch-positiv-Rate der Tests – gerade bei jüngeren Frauen, | |
| die eigentlich gar nicht zu der Zielgruppe für diese Tests gehören – führt | |
| zu einer hohen Belastung der betroffenen Schwangeren und dann sicher | |
| regelmäßig zu einer im Grunde unnötigen Fruchtwasseruntersuchung. | |
| ## Die Fragen werden mehr, nicht weniger | |
| Ideal wäre gewiss, wenn es den betreuenden Ärzt*innen schon im Vorfeld | |
| gelänge, Schwangere nur dann zum Test zu führen, wenn es wirklich nötig | |
| ist. Aber der Dynamik aus einem frei verfügbaren Test und dem hohen | |
| Sicherheitsbedürfnis der allermeisten Schwangeren werden sich viele von | |
| ihnen nicht entziehen können. | |
| Wenn also mehr Bluttests zu potenziell mehr bekannten (und teils falschen) | |
| Trisomie-Verdachtsdiagnosen führen, dann beginnt ja erst die Arbeit. Denn | |
| dann machen diese Tests nicht nur Frauen, die sich eingehend damit | |
| beschäftigt haben, was sie denn im Falle eines positiven Ergebnisses tun | |
| würden. [3][Was bedeutet es, ein Kind mit Trisomie zu haben]? Was bedeutet | |
| es, eine Schwangerschaft deswegen abzubrechen? Welche Entscheidung kann ich | |
| gut in mein Leben integrieren? | |
| Das sind Fragen, die nicht weniger werden, weil ein revolutionärer Bluttest | |
| jetzt mutmaßlich massenweise angewendet wird, sondern mehr. Und damit | |
| steigen die Anforderungen: an die Schwangeren, deren Partner*innen, | |
| Ärzt*innen und Beratungsstellen. Der Weg zu einer informierten | |
| Schwangerschaftsentscheidung bleibt weit. | |
| 16 Jun 2023 | |
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| ## AUTOREN | |
| Manuela Heim | |
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