# taz.de -- Ergänzung des Élysée-Vertrags: Machtkampf ums Mini-Parlament | |
> Der Bundestag will am Mittwoch eine neue deutsch-französische Versammlung | |
> beschließen. Doch nicht alle sind sich einig, wohin es damit gehen soll. | |
Bild: Emmanuel Macron und Angela Merkel wollen die deutsch-französische Freund… | |
BRÜSSEL taz | Deutschland und Frankreich wollen enger zusammenrücken – nun | |
auch auf parlamentarischer Ebene. Nach der französischen | |
Nationalversammlung in Paris will am Mittwoch auch der Bundestag in Berlin | |
grünes Licht für eine [1][neuartige deutsch-französische parlamentarische | |
Versammlung] geben. Doch der Start wird von Machtkämpfen und Misstönen | |
überschattet. | |
Ärger gab es schon im Januar, bei der Unterzeichnung des neuen | |
deutsch-französischen Freundschaftsvertrags, der den 1963 geschlossenen | |
Élysée-Vertrag ergänzen soll. Kanzlerin Angela Merkel und der französische | |
Präsident Emmanuel Macron wählten den 22. Januar als Termin für einen | |
Festakt in Aachen – ausgerechnet den Tag, an dem auch die erste gemeinsame | |
Veranstaltung der Parlamente geplant war. | |
Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) hatte sich bei der Kanzlerin | |
über die mangelnde Absprache beschwert – vergeblich. Das erste Treffen der | |
neuen deutsch-französischen Parlamentsversammlung musste vertagt werden: | |
auf den 25. März. Doch damit waren die Probleme noch nicht beendet, im | |
Gegenteil. Nun begann ein parteipolitischer Grabenkampf im Bundestag. | |
Aus den Reihen von CDU und CSU kam eine Initiative, die in Paris als | |
Affront gewertet wurde: Beide Kammern sollten, obwohl sie künftig zweimal | |
im Jahr gemeinsam tagen werden, getrennt abstimmen. Die 50 deutschen | |
Bundestagsabgeordneten hätten so ein Vetorecht gegen Beschlüsse ihrer 50 | |
französischen Kollegen erhalten. Vorstöße aus Paris wären dadurch womöglich | |
ins Leere gelaufen. | |
## Allianz der Populisten verhindern | |
Es gehe darum, eine Allianz der Populisten zu verhindern, hieß es aus der | |
CSU. Linke aus Deutschland und Frankreich sowie die [2][AfD und der | |
französische Rassemblement National, früher Front National], sollten in dem | |
neuen Mini-Parlament keine Mehrheit erhalten. Doch derlei „Horrorszenarien“ | |
dürften nicht „eine sinnvolle Ausgestaltung des Gremiums verhindern“, hält | |
die Grünen-Bundestagsabgeordnete Franziska Brantner dagegen. Der Vorstoß | |
wurde abgeblockt, eine doppelte Mehrheit soll es nun nur noch bei der | |
Geschäftsordnung geben. | |
Damit ist der Weg frei für den Bundestagsbeschluss, der die | |
deutsch-französische Versammlung auf den Weg bringen soll. „Das | |
Parlamentsabkommen hebt die deutsch-französische Zusammenarbeit auf eine | |
neue Stufe“, freut sich der CDU-Politiker Andreas Jung, der die | |
deutsch-französische Parlamentariergruppe im Bundestag leiten wird. 56 | |
Jahre nach dem Élysée-Vertrag, der von den Regierungen getragen wurde, sei | |
das „eine starke parlamentarische Initiative“. | |
Doch ähnlich wie beim Élysée-Vertrag gibt es auch jetzt wieder Streit über | |
die politische Stoßrichtung der Zusammenarbeit. Und genau wie damals geht | |
es erneut um die Frage, welche Rolle die transatlantischen Beziehungen und | |
die außen- und sicherheitspolitische Zusammenarbeit mit der USA und der | |
Nato spielen sollen. Der Bundestag will ein klares transatlantisches | |
Bekenntnis ablegen. | |
„Atlantisch bleiben, europäischer werden – auch dafür ist eine engere | |
Zusammenarbeit zwischen beiden Parlamenten unverzichtbar“, heißt es in dem | |
Antrag, der am Mittwoch verabschiedet werden soll. Zudem „sollen auch | |
andere internationale und europäische Angelegenheiten von gemeinsamen | |
Interessen parlamentarisch begleitet werden. Darunter fällt auch die | |
gemeinsame Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik.“ | |
## Die Linke kritisiert transatlantische Ausrichtung | |
Für die Linke ist das ein rotes Tuch. Schon der Aachener Vertrag habe einen | |
falschen Schwerpunkt gesetzt, meint Linken-Bundestagsabgeordneter Fabio de | |
Masi. „Wer meint, die EU sei in der Krise, weil wir nicht genug aufrüsten, | |
hat nichts begriffen“, sagte er. Doch genau diese falsche Politik werde nun | |
mit dem Parlamentsabkommen fortgesetzt. Auch die transatlantische | |
Ausrichtung sei angesichts der Politik von US-Präsident Donald Trump ein | |
Fehler. | |
Die Grünen-Politikerin Brantner sieht das gelassener. „Entscheidend ist, | |
dass wir europäischer werden, diese Gewichtung gefällt uns“, sagte sie. | |
Allerdings müsse das neue Mini-Parlament nun auch beweisen, dass es mehr | |
leistet als Regierungsverhandlungen. Es gehe um „Ideen, die Europa nach | |
vorne bringen“. Daran hat es allerdings auch bisher schon nicht gemangelt. | |
Doch sobald es konkret wurde, stand Deutschland meist auf der Bremse. | |
20 Mar 2019 | |
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## AUTOREN | |
Eric Bonse | |
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