| # taz.de -- BVG-Frauenticket am „Equal Pay Day“: Eine ziemlich konservative… | |
| > Am 18. März spendiert die BVG allen Frauen 21 Prozent Rabatt auf das | |
| > Tagesticket. Das ist eine gelungene, aber keine gute PR-Aktion. | |
| Bild: An der Spitze stimmt die Quote schon mal: BVG-Vorstandsvorsitzende Sigrid… | |
| Frauen verdienen in Deutschland weniger als Männer, im Schnitt sind es | |
| [1][21 Prozent]. Dieser Ungerechtigkeit – die in den Köpfen so weit | |
| angekommen ist, was aber nichts ändert – wird einmal im Jahr gedacht: am | |
| Equal Pay Day, also an dem Tag im Jahr, bis zu dem Frauen rein rechnerisch | |
| umsonst arbeiten, bis die Lohnlücke zu den männlichen Kollegen geschlossen | |
| ist. | |
| Heute ist es nun wieder so weit, und in der grundsätzlich ja recht | |
| aufgeweckten Werbeabteilung der BVG hatte man eine Idee: Alles, was sich | |
| als weiblich versteht, bekommt auf das Tagesticket einen Rabatt von, na | |
| klar, 21 Prozent. Macht 5,50 Euro statt 7 Euro für den Tarifbereich AB. | |
| Erhältlich an allen BVG-Automaten im U-Bahn-Bereich, teilt das Unternehmen | |
| mit. | |
| Ist das ernst gemeint? Natürlich wolle man nicht kontrollieren, wer sich da | |
| alles das Frauenticket am Automaten zieht, erklärt Konzernsprecherin Petra | |
| Nelken geduldig. Aber als „Signal“ sei die Aktion völlig ernst gemeint: | |
| „Wir wollten an einem konkreten Beispiel zeigen, was 21 Prozent bedeuten.“ | |
| Und, wer hätte das gedacht: Die Reaktionen kamen prompt, „ die Leute regen | |
| sich auf“, sagt Nelken. | |
| Natürlich regen sich die Leute auf, sonst hätte die Werbeabteilung ja einen | |
| schlechten Job gemacht. Worüber sich die antikapitalistisch orientierte | |
| Frauenrechtlerlin schon mal gleich als Erstes aufregt, schließlich spannt | |
| hier ein Unternehmen die feministische Sache vor den eigenen Karren der | |
| Imagepflege. | |
| Die im feministischen Diskurs Fortgeschrittene registriert derweil erzürnt, | |
| dass das landeseigene Unternehmen offenbar noch immer in [2][binären | |
| Geschlechteridentitäten] festhängt. | |
| Und die desillusionierte Pragmatikerin fragt nüchtern, was die BVG denn | |
| selbst, bitte schön, für die Frauenförderung tue – mal abgesehen von | |
| Schönwetterkampagnen aus ihrer freshen, hoffentlich doch paritätisch | |
| besetzten!, Werbeabteilung? | |
| ## Auch Frauen bauen inzwischen Gleise | |
| Tatsächlich kann sich die BVG das Frauenticket insofern leisten: Die | |
| [3][Frauenquote] liege bei 20,3 Prozent, sagt Sprecherin Nelken. In den | |
| Abteilungen Personal und Finanzen seien inzwischen gar 50 Prozent der | |
| Belegschaft weiblich. Und habe man vor zehn Jahren noch keine einzige Frau | |
| bei den Gleisbauern gehabt, liege auch in der Sparte der klassischen | |
| Werkstattberufe die Quote inzwischen bei 19 Prozent. | |
| Unter der Ägide von Vorstandschefin Sigrid Nikutta wurde jede Abteilung | |
| dazu angehalten, die Hälfte der aus Altersgründen frei werdenden Stellen an | |
| Frauen zu vergeben. Offenbar wirkt das. Andererseits: Eine Umfrage des | |
| Frauennetzwerks im Bündnis Allianz pro Schiene hatte 2017 eine Frauenquote | |
| von 22 Prozent in der Bahnbranche ermittelt. Da zuckelt die Berliner BVG | |
| also noch hinterher. | |
| Und wenn man sich es recht überlegt, ist auch das Frauenticket eine | |
| überhaupt nicht freshe, sondern voll konservative Idee. Geschenke zum Equal | |
| Pay Day sind so ärgerlich wie Blumen zum Frauentag: ein mieser Ablasshandel | |
| dafür, dass sich an den Strukturen nichts ändert. | |
| Vorschlag: Wenn die BVG ein „Signal“ zum Equal Pay Day setzen will, was ja | |
| absolut toll ist, wie wäre es dann nächstes Jahr mit 21 Prozent Aufschlag | |
| für die Männer? Natürlich nur als freiwillige Option, als Spende quasi, | |
| alles andere ginge wohl rechtlich nicht. Die Mehreinnahmen kann der Konzern | |
| dann ja spenden – an ein Frauennetzwerk oder so. Als eindeutiges Signal. | |
| 18 Mar 2019 | |
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| ## AUTOREN | |
| Anna Klöpper | |
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