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# taz.de -- Strafen wegen zu hoher Emissionen: Klimalücke kostet Steuergeld
> 300 Millionen Euro: Weil Deutschland seine CO2-Reduktionspflichten nicht
> einhält, plant Finanzminister Scholz erstmals Strafzahlungen ein.
Bild: Es könnte fürs Klima besser gedämmt werden: Infrarotbild eines Hauses
Berlin taz | Mangelnder Schutz des Klimas kann teuer werden. Das ist nun
erstmals auch an den Bundeshaushalten der kommenden Jahre abzulesen. Für
2020 bis 2022 sind jeweils Kosten von 100 Millionen Euro eingeplant,
insgesamt 300 Millionen.
Das ist eine Art Strafzahlung, weil Deutschland den Ausstoß
klimaschädlicher Gase wie CO2 nicht schnell genug verringert. Am Mittwoch
beschloss die Bundesregierung die Eckpunkte für die Haushalte 2020 bis
2023, die Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) vorlegt hatte.
Es geht um die Emissionen aus Verkehr, Landwirtschaft, Gebäuden und
Gewerbe, die nicht wie die Abgase aus Industrie und Kraftwerken über den
europäischen Emissionshandel (ETS) reguliert werden. Im sogenannten
Non-ETS-Bereich soll Deutschland seinen Treibhausgasausstoß bis 2020 im
Vergleich zu 2005 um 14 Prozent verringern.
Das jedoch wird wohl nicht gelingen. Besonders der Straßenverkehr
verursacht zu viele Abgase. Die Bundesregierung muss die Reduktionslücke
ausgleichen, indem sie beispielsweise Emissionszertifikate von EU-Staaten
erwirbt, die ihre Verpflichtungen erfüllt haben. „Deutschland wird aller
Voraussicht nach Emissionsrechte für die Jahre 2018 bis 2020 ankaufen
müssen“, erklärte das Bundesumweltministerium.
## Agora Energiewende hält höhere Kosten für möglich
Dabei stellen 300 Millionen Euro, auf drei Jahre verteilt, eine relativ
kleine Belastung dar. Zum Vergleich: Allein der Bundeshaushalt 2020 soll
363 Milliarden Euro umfassen. Allerdings erscheint unklar, ob die 300
Millionen Euro ausreichen. Der Grund: Es wird rückwirkend abgerechnet,
beispielsweise im Jahr 2020 für 2018. Augenblicklich ist allerdings noch
nicht genau bekannt, wie viele Abgase die Heizungen der Gebäude 2018
ausgestoßen haben. Und den Preis der Zertifikate 2020 kennt man heute
ebenfalls nicht.
Die Organisation Agora Energiewende hält deutlich höhere Kosten für
möglich. Bis 2022 beziffert sie diese auf bis zu 2 Milliarden Euro. Bis
2030 könnten Aufwendungen von bis zu 62 Milliarden Euro entstehen – wenn
der Klimaschutz in Deutschland nicht deutlich schneller vorankommt als
bisher.
Die Strafzahlungen für 2020 bis 2022 will die Regierung aus dem
Gesamthaushalt begleichen. Später sollen die Kosten den Etats der
jeweiligen Ministerien zugerechnet werden. Beispielsweise das
Bundesverkehrsministerium müsste dann die Zielverfehlung des
Verkehrssektors finanzieren.
Insgesamt steigt nun der Druck auf die Bundesregierung, sich noch in diesem
Jahr auf ein verbindliches Klimaschutzgesetz zu einigen, das Strafzahlungen
künftig überflüssig macht. Am Mittwoch setzte die Regierung einen
speziellen Kabinettausschuss für Klimapolitik ein, an dem unter anderem
Umweltministerin Svenja Schulze (SPD), Wirtschaftsminister Peter Altmaier,
Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner (beide CDU), Bauminister Horst
Seehofer und Verkehrsminister Andreas Scheuer (beide CSU) teilnehmen
werden.
## Geringere Steuereinnahmen in Sicht
Die Haushaltsplanung für 2020 und Folgejahre steht im Zeichen der
nachlassenden Wirtschaftsentwicklung und Steuereinnahmen. Die
Verteilungskonflikte nehmen zu. So gab Entwicklungsminister Gerd Müller
(CSU) eine Protokollnotiz zum Kabinettsbeschluss ab. Er bemängelte, dass
sein Etat für kommendes Jahr auf dem diesjährigen Niveau von gut 10
Milliarden Euro eingefroren werde. Damit sinkt die Anteil der
Entwicklungsausgaben im Vergleich zur Wirtschaftsleistung, obwohl er
internationalen Zusagen zufolge steigen müsste.
Gleichzeitig beschweren sich mehrere Landesregierungen, dass Finanzminister
Scholz ihnen weniger Mittel für die Integration von Flüchtlingen überweisen
will. Und eine große Frage ist unbeantwortet: Woher sollen die ungefähr 5
Milliarden Euro pro Jahr kommen, die Bundesarbeitsminister Hubertus Heil
(SPD) für die Finanzierung der geplanten Grundrente braucht?
21 Mar 2019
## AUTOREN
Hannes Koch
## TAGS
Schwerpunkt Klimawandel
Emissionen
Olaf Scholz
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Kohleförderung
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