# taz.de -- Kommentar verpasste Chancen der SPD: Aufschwung verzweifelt gesucht | |
> Bei einer Wirtschaftskrise würde die SPD untergehen. Denn um ihr | |
> Sozialprogramm umzusetzen, bräuchte sie eine Hochkonjunktur. | |
Bild: Olaf Scholz verbreitet Optimismus – aber einen ohne Grundlage | |
Jetzt eine Wirtschaftskrise? Es wäre der Untergang der SPD. Also will | |
Finanzminister Olaf Scholz lieber nichts davon wissen, [1][dass sich die | |
Konjunktur eintrübt]. Am Montag verbreitete er Optimismus: „Wir haben | |
unverändert eine ordentliche wirtschaftliche Entwicklung. Die Beschäftigung | |
nimmt weiter zu.“ Leider ist diese Zuversicht nicht von den Daten gedeckt. | |
Für eine Regierung ist es nie schön, von einer Rezession eingeholt zu | |
werden, denn die Wähler sind ungerecht und neigen dazu, die Politik | |
verantwortlich zu machen. Doch für die SPD geht es nicht um ein paar | |
Prozentpunkte, sondern um ihr Überleben. Wenn jetzt eine Wirtschaftskrise | |
ausbricht, lässt sich das neue SPD-Sozialprogramm garantiert nicht | |
finanzieren – [2][die Grundrente] genauso wenig wie [3][das verbesserte | |
Hartz IV]. | |
Tragischerweise würde auch der Mindestlohn von 12 Euro pro Stunde | |
scheitern, obwohl er an sich machbar wäre. Aber in einer Krise könnten die | |
Firmen so gewaltige Klagelieder anstimmen, dass die SPD machtlos wäre. | |
Es war schon seltsam, dass Scholz erst im Herbst 2018 auffiel, dass man | |
[4][den Mindestlohn deutlich anheben] müsste. Denn der Bundestagswahlkampf | |
fand bekanntlich im Sommer 2017 statt. Aber diese eigenartige Verzögerung | |
bringt es auf den Punkt: Die SPD hat ihre eigene Rettung verpasst. | |
Der Wahlkampf 2017 war die letzte große Chance, sich rechtzeitig von der | |
Agenda 2010 zu verabschieden. Damals herrschte Hochkonjunktur, sodass | |
sozialpolitische Korrekturen plausibel erschienen wären. Zudem hatte man | |
mit Martin Schulz einen Kandidaten, der diese Wende hätte verkörpern | |
können: Er war bekennender Nicht-Abiturient und stolz auf die eigene | |
Herkunft aus der Provinz. Doch es fehlte das Konzept, und „Würselen“ allein | |
war keine Botschaft. | |
Wirtschaftsprognosen sind unsicher, und vielleicht bleibt die Krise aus. | |
Aber das würde der SPD nicht wirklich helfen: Um ihr Sozialprogramm | |
umzusetzen, bräuchte sie eine Hochkonjunktur. Und die war 2017. | |
25 Feb 2019 | |
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## AUTOREN | |
Ulrike Herrmann | |
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