| # taz.de -- Konjunktur-Voraussagen für 2019: Das Problem mit den Prognosen | |
| > Drei Wirtschaftsinstitute haben ihre Analysen für 2019 vorgestellt – und | |
| > kommen zu unterschiedlichen Ergebnissen. Wie ist das möglich? | |
| Bild: Das Wachstum soll auch in diesem Jahr etwas abflauen | |
| BERLIN taz | Wenn man Gustav Horns Analysen zur deutschen | |
| Wirtschaftsentwicklung 2019 lauscht, beschleicht einen das Gefühl: „Das | |
| habe ich doch schon einmal gehört.“ In der Tat ähneln die Erörterungen des | |
| Direktors des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) zur | |
| am Donnerstag vorgestellten Konjunkturprognose in vielen Punkten den | |
| Einschätzungen anderer Institute. Es ist mehr als ungewöhnlich, dass das | |
| gewerkschaftsnahe IMK mit seinen Einschätzungen so nah am unabhängigen | |
| Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) und am arbeitgebernahen | |
| Institut der deutschen Wirtschaft (IW) liegt. | |
| Auch Horn sieht im angelaufenen Jahr [1][„hohe Risiken und Unsicherheiten“] | |
| auf die deutsche Wirtschaft zukommen – vor allem durch die Unwägbarkeiten | |
| bei der Ausgestaltung des EU-Austritts Großbritanniens (Brexit) und den | |
| Handelskonflikt zwischen der EU und den USA. Genau wie DIW und IW. | |
| Trotz ähnlicher Prämissen kommen jedoch alle Institute auf unterschiedliche | |
| Wachstumsprognosen für die deutsche Wirtschaft. Das IW rechnet 2019 mit nur | |
| 1,2 Prozent Steigerung, während das DIW mit 1,6 Prozent, das IMK sogar mit | |
| 1,7 Prozent rechnet. Zum Vergleich: 2018 betrug das Wachstum laut | |
| Bundesbank 1,5 Prozent und lag damit weit unter den 2,2 Prozent von 2017. | |
| IW und DIW sind sich auch darüber einig, warum das Wachstum im vergangenen | |
| Jahr abflaute: Wegen Zertifizierungsproblemen hätten die deutschen | |
| Autobauer nicht so viele Fahrzeuge absetzen können wie gedacht. | |
| Die Analysen ähneln sich, die Prognosen gehen weit auseinander. Woran liegt | |
| das? Der Bremer Ökonom Rudolf Hickel macht dafür die unterschiedliche | |
| Gewichtung vieler Konjunkturfaktoren verantwortlich. Das IW gewichte die | |
| Risiken durch Brexit und transatlantischen Handelsdisput höher. „Allerdings | |
| neigt das wirtschaftsnahe IW auch deshalb zu pessimistischen Aussichten, um | |
| die Bundesregierung zu politischen Maßnahmen im Sinne der Arbeitgeber zu | |
| animieren“, sagt Hickel. Der emeritierte Finanzwissenschaftler hält die | |
| niedrige Prognose des IW dennoch für realistischer als die optimistischere | |
| des IMK. | |
| Vor allem [2][in den vergangenen beiden Jahren] haben sich die Prognosen | |
| der Wirtschaftsforschungsinstitute allerdings häufiger als falsch erwiesen | |
| – zwischen 0,5 und 0,8 Prozent lagen die drei Einrichtungen im Schnitt | |
| beispielsweise 2018 daneben. | |
| Hickel bemängelt, dass die Umbrüche etwa durch wachsenden Protektionismus | |
| und den Brexit in den Prognosen nicht ausreichend erfasst würden. Gerade | |
| seit der letzten Finanzkrise seien wachsende Unsicherheiten hinzugekommen. | |
| Er plädiert deshalb dafür, Prognosen „künftig nur noch in Bandbreiten“ | |
| anzugeben. Außerdem müsse man die Ängste, die die Kalkulierbarkeit von | |
| Verhalten bei Unternehmen und Haushalten erschweren, in den Modellen | |
| stärker betonen. | |
| Eine Bandbreite gibt es dagegen schon jetzt bei den politischen | |
| Empfehlungen der Forschungseinrichtungen. Während das arbeitgebernahe IW | |
| vor allem fordert, dass die Sozialversicherungssysteme nicht durch | |
| „dauerhafte Ausgabenverpflichtungen“ wie die Mütterrente belastet werden, | |
| befürwortet das unabhängige DIW deren Einführung. Und das von den | |
| Gewerkschaften finanzierte IMK ist für die Entlastung kleiner Einkommen. | |
| 3 Jan 2019 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Handelskonflikte-belasten-Weltwirtschaft/!5542118 | |
| [2] /Wirtschaft-schrumpft-im-Sommer/!5550886 | |
| ## AUTOREN | |
| Jörg Wimalasena | |
| ## TAGS | |
| Konjunktur | |
| Wirtschaft | |
| Wachstum | |
| Eurozone | |
| Konjunktur | |
| Ausbildung | |
| Konjunktur | |
| EU-Kommission | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Konjunktur in der Eurozone: Warnung vor neuem Teufelskreis | |
| Italien in der Rezession, Deutschland nicht viel besser: Die beiden | |
| ungleichen Länder bremsen die Wirtschaft in der Eurozone – anders als die | |
| „Gelbwesten“. | |
| Kommentar Wachstumsprognose: Den Börsen nicht vertrauen | |
| Altmaiers Schätzung zum Wirtschaftswachstum ist vorsichtig. Zu Recht: | |
| Europa starrt auf den Brexit, dabei steht ein anderes Risiko vor der Tür. | |
| Schwerpunkt Ausbildung: Im Azubi-Himmel? | |
| Zu Beginn des Ausbildungsjahrs stehen 6.700 Lehrstellensuchern in Berlin | |
| noch 5.700 freie Ausbildungsplätze gegenüber. Woran liegt das? | |
| Welt-Konjunkturaufschwung erwartet: OECD blinkt links, bleibt aber auf Kurs | |
| Der Widerspruch zwischen Kapital und Arbeit: Die Organisation kritisiert | |
| Ungleichheiten, unterstützt aber Frankreichs neoliberale Reformen. | |
| Wirtschaftsprognose der EU-Kommission: Persilschein zum Weitermachen | |
| Die EU-Kommission malt die Aussichten für die Eurozone rosarot: Trotz | |
| weltweit hoher Risiken soll es in allen EU-Ländern endlich wieder aufwärts | |
| gehen. |