# taz.de -- SPD und Europawahl: Sozialoffensive mit Schwächen | |
> Der SPD-Vorstand beschließt ein Europaprogramm, das „in die Zukunft | |
> investiert“. Spitzenkandidatin Katarina Barley wirbt für „soziale | |
> Sicherheit“. | |
Bild: Liebe Wählerinnen und Wähler, schaut, ich habe Euch was mitgebracht: vi… | |
BERLIN taz | Katarina Barley denkt vor der Wand mit der blauen | |
Europaflagge im Willy-Brandt-Haus keine Sekunde nach. Warum sie sich für | |
die Spitzenkandidatur entschieden habe? Wegen ihrer Biografie, sagt die | |
Spitzenkandidatin der SPD für die Europawahl. Deutsch-Britin, | |
Erasmus-Stipendiatin, sie sei der „Prototyp der Europäerin“. Dann, weil | |
Europa am Scheideweg stehe. Baue man das gemeinsame Haus weiter, oder | |
drifte man wegen nationaler Egoismen auseinander. Und schließlich, so | |
Barley, sei es ihr auch um den Zustand der SPD gegangen. | |
[1][Katarina Barley], 50, außerdem noch Bundesjustizministerin, ist die | |
personifizierte Hoffnung der SPD für die Wahl am 26. Mai. Die | |
charismatische Kandidatin soll die SPD zumindest in Sichtweite der 27,3 | |
Prozent hieven, die die Partei vor fünf Jahren schaffte. Im Moment schöpft | |
die SPD ja wieder Hoffnung: [2][Die Führung steht geschlossen hinter dem | |
neuen Sozialstaatskonzept und dem moderaten Linksschwenk], eine aktuelle | |
Emnid-Umfrage sieht die SPD bei 19 Prozent. Barleys Mission ist also | |
vielleicht nicht so hoffnungslos, wie es noch im Oktober schien, als die | |
SPD-Spitze sie nominierte. | |
Der Parteivorstand hat am Montag einstimmig ein Wahlprogramm für die | |
Europawahl beschlossen. Der 31-seitige Text, der im März von einem | |
Parteikonvent beschlossen werden soll, setzt starke Akzente in der Sozial- | |
und Steuerpolitik. Die SPD will sich auch hier als Partei des Zusammenhalts | |
präsentieren. Alle Menschen sollten spüren, dass Europa für sie da sei, | |
betont Barley. Die SPD wolle „ein soziales Europa, das in die Zukunft | |
investiert und in soziale Sicherheit.“ | |
## SPD-Plan: eine globale Midestbesteuerung bis 2020 | |
So wirbt die Sozialdemokratie zum Beispiel für armutsfeste Mindestlöhne in | |
Europa. Kein Vollzeitlohn in der EU solle unter der nationalen | |
Armutsschwelle liegen, heißt es im Programmtext. „An jedem Ort in Europa | |
sollen die Menschen von ihrer Hände Arbeit leben können“, sagt Barley. Ein | |
Sofortprogramm soll jungen Leuten unter 25 Jahren einen Ausbildungsplatz | |
garantieren. Außerdem will die SPD einen europäischen Fonds einführen, aus | |
dem im Notfall Sozialleistungen ausgezahlt werden sollen. Jener werde in | |
guten Zeiten von den Mitgliedsstaaten gefüllt. Während einer Krise könnten | |
sie Kredite beanspruchen, um ihre Arbeitslosenversicherungen zu | |
unterstützen. | |
In der Steuerpolitik will die SPD erreichen, dass auch weltweit operierende | |
Großunternehmen wie Facebook oder Amazon Steuern zahlen – die dies durch | |
geschickte Gewinnverschiebung in Niedrigsteuerländer oft vermeiden. „Auch | |
die digitalen Unternehmen müssen ihren Beitrag zur Finanzierung des | |
Gemeinwesens leisten“, heißt es im Programm – bis Ende 2020 solle es | |
deshalb eine globale Mindestbesteuerung geben. | |
[3][Solche Forderungen sind schnell aufgeschrieben, i]n der Praxis aber | |
schwer umzusetzen: In der EU leisten Irland, Dänemark und Schweden | |
Widerstand gegen eine Einigung, die einstimmig erzielt werden müsste. Auch | |
deshalb fordert die SPD weiter, das „lähmende Einstimmigkeitserfordernis“ | |
abzuschaffen. Nach dem Willen der SPD soll künftig die Mehrheit der | |
StaatschefInnen im europäischen Rat über Steuerfragen entscheiden. | |
Außerdem will sie härter gegen Steuerflucht kämpfen – durch Meldepflichten | |
für Banken, das Einfrieren verdächtiger Guthaben und bessere | |
Strafverfolgung. | |
Ihre eigene Vergangenheit schiebt die SPD bei ihrer Sozialoffensive | |
bewusst beiseite. Schließlich hat sie in der Großen Koalition die harte | |
Sparpolitik mitgetragen, die die deutsche Regierung zusammen mit anderen | |
EU-Staaten gegen Griechenland durchsetzte. Die Griechen wurden zu weit | |
reichenden Privatisierungen und Sozialkürzungen gezwungen, bevor sie | |
Hilfen beanspruchen durften. Heute schreibt die geläuterte SPD: „Es ist ein | |
Irrglaube, dass durch reines Sparen und den Rückzug des Staates breite | |
Teile der Bevölkerung oder gar alle profitieren.“ | |
18 Feb 2019 | |
## LINKS | |
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## AUTOREN | |
Ulrich Schulte | |
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