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# taz.de -- Alternatives Wirtschaften in Mexiko: Bio-Honig auf Reisen
> Armut und Kriminalität bestimmen den Alltag in der Mixteca-Region. Ein
> Imker kämpft dagegen an – er hat es zur weltgrößten Biomesse geschafft.
Bild: Bio-Imker in Mexiko: bedachtsam und vorsichtshalber gut geschützt zum Ho…
Putla Villa de Guerrero taz | Wenn Ernesto García José seine Ernte
einbringen will, muss er sich gut wappnen. Ein weißer Overall, eine
vergitterte Haube und ein kleiner metallener Rauchverteiler: Die Montur
soll ihn vor den aufgeregten Bienen schützen, wenn er die mit Honig
angereicherten Waben aus den Stöcken hebt. „Die Bienen können verdammt
aggressiv werden, wenn man ihnen den Honig klaut“, sagt der 28-Jährige und
räuchert die Lichtung ein, um die Tierchen zu beruhigen.
Es ist Ende Januar an der Costa Chica. Die Bäume und Büsche an der
südmexikanischen Pazifikküste stehen in voller Blüte. Höchste Zeit für die
Imker, den Honig einzusammeln. Stundenlang schwitzen die Männer in ihrer
Schutzkleidung, Kasten für Kasten stapeln sie auf der Ladefläche ihres
Geländewagens. Am Abend geht es zurück zum Zentrallager in der Provinzstadt
Putla Villa de Guerrero.
Dort, in der indigenen Mixteca-Region, hat die Imker-Kooperative Itunuvico
ihren Sitz. Von hier aus wird die süße Ware später eine lange Reise
antreten: Vom Hafen in Veracruz über den Atlantik nach Hamburg und dann in
die Regale deutscher Läden. Der größte Teil des von Itunuvico hergestellten
Honigs geht nach Deutschland. Da die indigenen Imker nach den Vorgaben der
ökologischen Landwirtschaft arbeiten, bringt ihr Produkt gutes Geld in die
Kooperativen-Kasse. „Letztes Jahr haben wir 54 Pesos (2,50 Euro) pro Kilo
Honig bekommen, für den konventionellen gibt es nur etwa 30 Pesos“, erklärt
García José.
## „Da ist noch mehr drin“
600 Tonnen Biohonig haben die Imker 2018 nach Deutschland geliefert.
Conrado García Riaño ist davon überzeugt, dass noch einiges mehr drin ist.
„2019 wollen wir 773 Tonnen Honig produzieren“, sagt „Don Conrado“, 62
Jahre, graue Haare, braun gebranntes Gesicht. Er hat Itunuvico – die „Blume
des Berges“ – einst gegründet. Jetzt ist er nach Deutschland gereist, um
von Dienstag bis Freitag an der größten Fachmesse für Bio-Lebensmittel, der
Biofach in Nürnberg, teilzunehmen.
Don Conrado hat guten Grund, optimistisch zu sein. „Wir haben 2006 mit neun
Frauen und acht Männern angefangen, heute sind wir 180 Produzenten“,
erzählt er. Rechnet man die Familien der Kleinbauern mit, verschafft die
„Blume des Berges“ mindestens 1.500 Menschen eine Lebensgrundlage. Seit
2007 verfügt die Kooperative über Zertifikate, um Biohonig zu exportieren –
entsprechend der EU-Vorgaben und den strengeren Regel des Anbauverbandes
Naturland.
Das sind ungewöhnlich optimistische Töne in einer Region, in der es mit
Einkommen, Arbeit und neuen Lebensperspektiven schlecht aussieht. Die
Mixteca zählt zu den zahlreichen indigenen Gegenden Mexikos, die von Armut,
Gewalt und Verbrechen geprägt sind. Viele Menschen sind nach Mexiko-Stadt
oder in die USA migriert, andere arbeiten für kriminelle Banden. Die
Drogenmafia kontrolliert die Dörfer. Unweit von Putla wurden kürzlich zwei
Politiker ermordet. „Wahrscheinlich, weil sie sich gegen die korrupten
Eliten gewehrt hatten“, meint Ernesto García José.
Auch er wurde schon von Bewaffneten überfallen, als er gerade auf dem Weg
zur Honigernte war. Doch er lässt sich nicht einschüchtern. García José ist
Präsident von Itunuvico. Er will die Mixteca nicht verlassen. „Hier wächst
doch alles: Mais, Kaffee, Zuckerrohr, Mango, Bananen“, sagt der 28jährige.
Viele Bauern haben wie er die Chancen des Öko-Anbaus in Mexiko erkannt. Das
lateinamerikanische Land zählt weltweit zu den führenden Exporteuren von
Bio-Lebensmitteln. Nach Angaben des Landwirtschaftsministeriums produzieren
210.000 Bauern auf einer Million Hektar Boden ökologische Lebensmittel. Die
Hälfte von ihnen sind Indigene.
## Ordentlich mit Naturland-Siegel
Einfach ist das nicht. Um den Anforderungen der EU und des
Naturland-Siegels standzuhalten, müssen die Imker ein eigenes
Kontrollsystem etablieren. Zudem kommen jährlich Experten einer
Zertifizierungsstelle vorbei. Zwischendurch erscheinen die Prüfer auch
unangekündigt.
Am Morgen nach der Ernte in der Costa Chica treffen sich García José und
seine Kollegen in einer Halle etwas außerhalb von Putla. Der Präsident der
Kooperative ist zufrieden. 1.600 Kilogramm Honig haben die Imker am Vortag
zurückgebracht. Nun gilt es, den süßen Stoff in einer Honigschleuder von
den Waben zu trennen und in Fässer abzufüllen. García José notiert genau,
welcher Honig wo gewonnen wurde. Für jedes Fass muss er vorab eine kleine
Probe nach Bremen schicken. „Wir gehören zu den besten Produzenten in
Oaxaca“, sagt er. Zwei Dutzend abgefüllte Fässer stehen bereits im Lager.
Wie Itunuvico-Gründer Don Camino werden auch sie bald über den Atlantik
reisen.
13 Feb 2019
## AUTOREN
Wolf-Dieter Vogel
## TAGS
Biofach
Mexiko
Honig
Bienen
Bremen
Mexiko Stadt
Kaffee
Landwirtschaft
Ernährung
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