# taz.de -- Kommentar Strafen für Raser: Bußgelder rauf! | |
> Reiche Raser sollten höhere Bußgelder zahlen, findet der niedersächsische | |
> Innenminister Pistorius. Für eine gerechte Gesellschaft ist das wichtig. | |
Bild: Wartet nur auf die nächste Gelegenheit: Der Raser im roten Rennauto | |
Es ist nicht die Weltrevolution, doch es wäre der erste Schritt dahin. | |
Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) will laut Gespräch mit | |
der [1][Süddeutschen Zeitung] die Bußgelder für | |
Geschwindigkeitsüberschreitungen erhöhen. Genauer gesagt möchte er | |
Bußgelder für „gravierende Geschwindigkeitsüberschreitungen“ an das | |
Einkommen der jeweiligen Raser koppeln. Also: Reiche sollen mehr bezahlen. | |
Das hält er zumindest für überlegenswert, weil eine Geldstrafe von 240 bis | |
680 Euro Großverdiener und Millionäre nicht trifft. Zwar schwächt | |
[2][Pistorius] seine Aussage damit ab, dass es ihm nicht um alle Bußgelder | |
geht, sondern nur um schwere Verstöße, die gefährlich seien. Aber warum | |
soll man das nicht annehmen? | |
Für Reiche sind Bußgelder vielmehr günstige Tickets, statt | |
Erziehungsmaßnahme. Nach dem Motto: „Um 20 Stundenkilometer zu schnell | |
fahren zu dürfen, muss ich nur 35 Euro bezahlen? Ein Schnäppchen!“ Warum | |
sonst ist das englische Wort für Strafzettel „Ticket“? | |
## Solidarisches Bußgeld | |
Natürlich erhält man ab 21 Stundenkilometer zu viel einen Punkt, ab 41 zwei | |
(innerorts ab 31). Und natürlich gibt es auch Fahrverbote. Reiche haben | |
genauso wenig Lust auf Punkte und Fahrverbote wie normale Menschen. Sie | |
haben durch ihre finanzielle Sicherheit aber eine andere Hemmschwelle. | |
Der Friseur oder die Studentin überlegt es sich zehnmal, ob er oder sie | |
seine Lebensgrundlage fürs Zu-schnell-Fahren riskiert. Nebenher könnten | |
Staat und Kommunen durch eine Einkommenskoppelung auch mehr Geld einnehmen. | |
Es geht hier aber um noch etwas anderes. Mit der Forderung rückt Pistorius | |
einen Sachverhalt in den Fokus, der in der Gesellschaft leider wenig | |
diskutiert wird: [3][Einkommens- und Vermögensgerechtigkeit]. So lässt sich | |
das „Ticket-Prinzip“ auf viele andere Lebensbereiche anwenden. | |
Denn wer Geld hat, hat auch mehr Verantwortung, kann sich in unserer | |
Gesellschaftsordnung aber leichter davor drücken. Wenn wir also anfangen, | |
darüber zu reden, dass Menschen mit mehr Einkommen auch stärker zur Kasse | |
gebeten werden, fangen wir an, über Solidarität zu reden. | |
23 Jan 2019 | |
## LINKS | |
[1] https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/pistorius-verkehr-tempo-geldbussen-1… | |
[2] /Niedersachsens-Innenminister-zur-AfD/!5555846 | |
[3] /Debatte-Grundeinkommen/!5563736 | |
## AUTOREN | |
Baha Kirlidokme | |
## TAGS | |
Verteilungsgerechtigkeit | |
Bußgeld | |
Verkehrspolitik | |
Raser | |
Dieselfahrverbot | |
Raed Saleh | |
Bedingungsloses Grundeinkommen | |
Schwerpunkt AfD | |
Parkplatz | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Vor dem Urteil im Berliner Raser-Prozess: Tod am Tauentzien | |
Ein nächtliches Rennen, Tempo 160, ignorierte Ampeln. Und dann der Unfall. | |
Ein Mensch kommt zu Tode. Ist das Mord? Oder doch fahrlässige Tötung? | |
Gastkommentar Diesel-Fahrverbote: Steuern rauf für Autoverkäufer | |
Eine ganz einfache Waffe gegen den Stinkediesel: Eine Steuer für neue | |
Dieselautos, die den Kunden kaum trifft, dafür aber den Verkäufer. | |
SPD gegen Grüne und BVG: Weiter auf Kollisionskurs | |
BVG-Chefin Sigrid Nikutta kontert die SPD-Kritik an ihrem Unternehmen: Die | |
Zuverlässigkeit der U-Bahn liege bei 98 Prozent. | |
Debatte Grundeinkommen: Umdenken lohnt sich | |
Ein Grundeinkommen würde Prekäre entlasten, Unternehmen könnten Kosten | |
abbauen. Doch vor allem die Demokratie braucht die Umverteilung. | |
Niedersachsens Innenminister zur AfD: „Die rote Linie ist überschritten“ | |
Boris Pistorius (SPD) spricht über rechte Grenzüberschreitungen, die | |
Zukunft der SPD und ob heute mit der Weimarer Republik vergleichbar ist. | |
CDU-Vorschlag gegen Parkprobleme: Auto sucht den Superschlafplatz | |
Parkplätze sind ein knappes Gut – und viele werden neuen Radwegen weichen | |
müssen. Die CDU schlägt vor, Supermarktparkflächen über Nacht freizugeben. |