| # taz.de -- Kolumne Die Couchreporter: So gut kann Sexualkunde sein | |
| > Wenn der Sohn der Sexualtherapeutin Mitschüler berät: Netflix' „Sex | |
| > Education“ zeigt, dass Aufklärung und Humor doch zusammenpassen. | |
| Bild: Eric (Ncuti Gatwa) und Otis (Asa Butterfield) – und „Oh, mein Gott“ | |
| Als ich klein war, dachte ich, dass ein Mann und eine Frau beim Sex | |
| gleichzeitig einen Orgasmus haben müssten, um ein Kind zu zeugen. Mit | |
| meinem ersten Sexualkundeunterricht wurde dieser Irrglaube zwar beendet, | |
| doch viel mehr praktische Tipps – außer wie man ein Kondom über den Stiel | |
| eines Kehrbleches zieht – haben wir nicht gelernt. Wir mussten zwar die | |
| lateinischen Begriffe für alle Teile der äußeren Geschlechtsorgane | |
| auswendig lernen, doch als Kind und Teenager gab es deutlich drängendere | |
| Fragen zu Körper und Sex. | |
| Wie finde ich meine sexuelle Identität? Wann weiß ich, dass ich bereit für | |
| Sex bin? Wie nehme ich auf die Wünsche meiner Partner*in Rücksicht, ohne | |
| etwas zu tun, was ich nicht will? Das sind einige der Fragen, denen sich | |
| die in der ersten Staffel achtteilige Netflix-Serie „Sex Education“ von | |
| Laurie Nunn unter der Regie von Kate Herron und Ben Taylor widmet. | |
| Im Mittelpunkt der Serie, deren zweite Staffel schon in Auftrag gegeben | |
| wurde, steht der 16 Jahre alte Schüler Otis (Asa Butterfield). Er ist | |
| Außenseiter an seiner Schule, schüchtern und Sohn der Sexualtherapeutin | |
| Jean – die von der überragenden [1][Gillian Anderson] gespielt wird. Von | |
| ihr bekommt er zwar viel Wissen mit, sie ist allerdings so unangenehm | |
| offen, dass Otis jeden Morgen Pornohefte und Taschentücher voller Handcreme | |
| auf seinem Bett drapiert und vorgibt, masturbiert zu haben, um unangenehmen | |
| Gesprächen mit seiner Mutter vorzubeugen. | |
| Da Otis das nötige Know-how hat und das scheinbare Bad-Girl Maeve (Emma | |
| Mackey) dringend Geld benötigt, gründen sie gemeinsam eine Sexklinik in der | |
| Schule. Was sonst? Otis, der selbst keine sexuellen Erfahrungen gemacht | |
| hat, berät also künftig seine Mitschüler*innen in allen Sex – und | |
| Liebesfragen – und das mit einer ansehnlichen Erfolgsquote: So hilft er dem | |
| Rektorensohn, der Erektionsprobleme hat und beim Sex einen Orgasmus | |
| vortäuscht; einem Mädchen, das das Licht beim Sex gerne ausschaltet, weil | |
| sie ihren Körper hasst; oder einem lesbischen Pärchen, bei dem es mit Sex | |
| einfach grundsätzlich nicht funktionieren will. | |
| ## Kein rückständiges Frauenbild | |
| Neben konkreten Lösungsvorschlägen bekommen die Schüler*innen vor allem | |
| jemanden an die Seite, der sich ihnen einfach widmet. Fragen stellen, | |
| Reden, Zuhören und Ausprobieren. Solange es einvernehmlich ist, gibt es | |
| kein richtig und falsch. | |
| Was aufgeschrieben etwas platt wirkt, wird in der Serie subtil und mit viel | |
| Humor immer wieder verdeutlicht und gezeigt. Das ist die whl größte | |
| Leistung der Produktion. Und „Sex Education“ macht das besser, als es alle | |
| Frauen-, Mädchen- und Jugendmagazine jemals hinbekommen hätten. Denn hier | |
| wird kein rückständiges Frauenbild transportiert und bei den Sex-Tipps wird | |
| nicht nur daran gedacht, dass Frauen Männern Freude bereiten sollen. | |
| Und: Neben hilfreichen Tipps gibt es endlich mal eine nicht mit Pathos | |
| aufgeladene Abtreibungsszene, einen diversen Cast und ganz viel Sex. Und | |
| zwar schnellen, langsamen, ungemütlichen, mit und ohne Orgasmus. Alles in | |
| allem also sexpositive Aufklärung, von der sich der Schulunterricht und die | |
| meisten Eltern noch einiges abgucken können. Apropos Eltern: Da man in „Sex | |
| Education“ teilweise nackte Körper sieht, ist die Netflix-Serie erst ab 16 | |
| Jahren freigegeben. Müssen Teenager sie eben mit ihren | |
| Erziehungsberechtigten anschauen. Umso besser. Lernen alle was. | |
| 4 Feb 2019 | |
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| ## AUTOREN | |
| Carolina Schwarz | |
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