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# taz.de -- Usbekischer Präsident in Deutschland: Die innere und die äußere …
> Präsident Schawkat Mirsijojew ist auf Staatsbesuch in Berlin. Er wirbt
> für ein besseres Image. Hierzu muss er zuerst die Pressefreiheit sichern.
Bild: Schawkat Mirsijojew wirbt für ein besseres Image. Eine Diktatur ist Usbe…
Das Wenige, was die Welt über Usbekistan weiß, ist schnell erzählt.
Usbekistan gehört zu den fünf zentralasiatischen Staaten zwischen der
chinesischen Grenze und dem Kaspischen Meer, die aus der Konkursmasse der
zerfallenen Sowjetunion hervorgegangen sind. Mit über 32 Millionen Menschen
ist es das bevölkerungsreichste Land der Region, das reich an Gas- und
Ölvorkommen ist – und somit ein Spielball im geopolitischen Tauziehen
zwischen Russland, China, der EU und den USA.
Der heutige Präsident Schawkat Mirsijojew übernahm 2016 – nach 27 Jahren
diktatorischer Herrschaft des ersten Präsidenten Islam Karimow – die Macht
in einem Land, dessen Strukturen auf Unfreiheit, Gewalt und Korruption
beruhen. Und auch heute ist das Land eine Diktatur, in dem Menschen
gefoltert werden. Mirsijojew bemüht sich jedoch, das Image des Landes zu
verbessern.
In den vergangenen zwei Jahren hat er politische Gefangene und Journalisten
freigelassen, Folter und Zwangsarbeit verboten und die Beziehungen zu den
Nachbarländern verbessert. Aber er hat keine echte Absicht zur politischen
Liberalisierung. Es gibt immer noch keine Oppositionsparteien, die Medien
können trotz gewisser Freiheiten nicht die Regierung kritisieren und ins
Exil gezwungen Journalist*innen dürfen nicht zurückkehren.
Zudem weigert sich Mirsijojew, das wichtigste Ereignis in der Geschichte
des unabhängigen Usbekistans aufzuarbeiten: das Massaker von Andischan vom
13. Mai 2005, dem Höhepunkt der Repression in Usbekistan seit Anfang der
90er Jahre. Ohne Vorwarnung hatten Sicherheitskräfte auf Tausende
Demonstrierende geschossen. Bis heute ist nicht gesichert, wie viele
Menschen im Kugelhagel starben. Beobachter gehen von Hunderten Opfern aus.
## Fake News aus dem Ausland
Der damalige Präsident Islam Karimow lehnte eine internationale
Untersuchung der Ereignisse ab, die EU reagierte mit Sanktionen. Die
Sanktionen wurden aufgehoben, aber das Verhältnis zu Taschkent blieb
gebrochen. Mirsijojew versucht das andischanische Eis zu schmelzen, ohne
jedoch von Andischan zu sprechen. Das aber kann nicht ohne die
Gewährleistung von Menschenrechten funktionieren.
Hierzu müssen vor allem die Medien im Land unabhängig arbeiten dürfen. Denn
die fehlende Pressefreiheit hat zur Folge, dass das Bild von Usbekistan im
Ausland maßgeblich von einer Gruppe von Exilanten geprägt wird, die, um
ihre Interessen durchzusetzen, auch nicht vor Fake News zurückschrecken.
Ein gravierendes Beispiel dafür ist der Fake-Zeuge von Andischan.
Im Mai 2010 präsentierte die Vereinigung für Menschenrechte in Zentralasien
unter den Logos von Human Rights Watch, Amnesty International, die Open
Society Foundation und International Crisis Group im Europäischen Parlament
den Film „Andijan Stories“, der von einem angeblich neuen Zeugen des
Massakers von Andischan handelte. In diesem berichtete ein anonymer
Pathologe, der nach Frankreich geflohen sei, über die Gräueltaten des
Massakers. 2017 [1][deckten unabhängige usbekischen Journalisten auf], dass
die Geschichte fiktiv ist. Der Protagonist war ein Französischlehrer, der
sich zum Zeitpunkt des Massakers nicht in Andischan aufhielt und mit einem
Touristenvisum ausgereist war.
Die in Frankreich angesiedelte Organisation leitet bis heute Nadeschda
Ataejewa, die Tochter des ehemaligen „Brotminister“ Usbekistans, der mit
seiner Familie 2000 aus Usbekistan nach Europa floh. Ein Gericht in
Usbekistan verurteilte die gesamte Familie in Abwesenheit, eine kriminelle
Organisation gebildet und sich um Millionen US-Dollar bereichert zu haben.
Der Brot- und Mehlsektor gehört zu den korruptesten Branchen in den
zentralasiatischen Staaten.
## Merkel und Steinmeier müssen Druck machen
Die Entlarvung des Fake-Zeugen führte jedoch nicht dazu, dass der
französische Verein den Bericht zurücknahm oder sich für den Fake
entschuldigte. Bis heute findet sich der Bericht auf der Webseite der
Organisation. Auch für internationale Menschenrechtsorganisationen war der
Fake-Zeuge kein Grund, die Zusammenarbeit mit der französischen
Organisation und deren Leiterin zu überdenken.
Das Human-Rights-Watch-Büro in Berlin bewertete die Recherche lediglich als
einen internen Konflikt zwischen usbekischen Menschenrechtlerinnen. Auf der
Webseite der russischen Ausgaben der Deutschen Welle findet sich bis heute
der [2][Bericht über den angeblichen Pathologen] ohne den Hinweis, dass es
sich dabei um ein Fake handelt. Nadeschda Ataejewa ist trotz des
Fake-Zeugen weiterhin eine angesehene Expertin für die russische Redaktion
der Deutschen Welle und für die usbekische Redaktionen von Radio Liberty,
Voice of America und der BBC über Usbekistan.
Eine Liberalisierung der Gesellschaft, politischer Wettbewerb und die
Rückkehr unabhängiger Medien aus dem Exil sowie die Entstehung unabhängiger
Medien im Land sind notwendig. Das würde nicht nur das Vertrauen in die
usbekische Regierung stärken, sondern auch helfen, Fake News aus der
Exilszene aufzudecken und die notwendigen Reformen in Gang zu setzen, die
das Land verändern können.
Genau diese Botschaft sollte der Präsident Usbekistans in Berlin hören. Die
Bundeskanzlerin Angela Merkel und der Bundespräsident Frank-Walter
Steinmeier sollten die Hilfe Deutschlands anbieten. Aber Initiativen,
Möglichkeiten und Garantien müssen vom Land selbst kommen. Und dies ist nur
mit der inneren und äußeren Freiheit seiner Bürger möglich, da nur sie das
Land wirklich gestalten können.
21 Jan 2019
## LINKS
[1] https://centre1.com/uzbekistan/kokand-exposes-nadezhda-atayeva-s-forensic-p…
[2] https://www.dw.com/ru/%D0%BF%D1%80%D0%B0%D0%B2%D0%BE%D0%B7%D0%B0%D1%89%D0%B…
## AUTOREN
Galima Bukharbaeva
## TAGS
Usbekistan
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Schwerpunkt Pressefreiheit
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