# taz.de -- Europarat-Bericht über Pressefreiheit: „Klima der Straflosigkeit… | |
> Der Europarat nennt die Pressefreiheit in Europa „gefährdet wie nie zuvor | |
> seit dem Ende des Kalten Kriegs“. Auch verbale Angriffe von Politikern | |
> nähmen zu. | |
Bild: Slowakische Zeitungen nach dem Mord an dem Investigativjournalisten Jan K… | |
STRAßBURG afp | Tätliche Angriffe, Morde, Einschüchterungen und | |
Verunglimpfungen: Der Europarat hat sich alarmiert über immer massivere | |
Angriffe auf Journalisten und Medien geäußert. Die Pressefreiheit in Europa | |
sei derzeit so „gefährdet wie nie zuvor seit dem Ende des Kalten Kriegs“, | |
stellte die paneuropäische Länderorganisation am Dienstag in einem Bericht | |
fest. Demnach wurden dem Europarat im vergangenen Jahr 140 gravierende | |
Übergriffe auf Journalisten in 32 seiner 47 Mitgliedsländern gemeldet. | |
Der Europarat nennt als Beispiele einen Bombenanschlag auf eine Reporterin | |
in Montenegro, einen Messerangriff auf einen Journalisten in Mailand und | |
ein versuchter Giftanschlag auf Mitarbeiter einer ukrainischen | |
Nachrichtenwebsite. 130 Journalisten befanden sich dem Bericht zufolge | |
zudem Ende 2018 in Haft, davon allein 110 in der Türkei. Das Mittelmeerland | |
sei damit das „weltweit größte Gefängnis für Journalisten“. | |
Mindestens zwei Reporter – [1][der slowakische Journalist Jan Kuciak] und | |
der im saudiarabischen Konsulat in Istanbul getötete Jamal Khashoggi – | |
seien wegen ihrer journalistischen Arbeit ermordet worden, erklärte der | |
Europarat. Bei zwei anderen verdächtigen Todesfällen gebe es zumindest | |
Zweifel bezüglich der polizeilichen Ermittlungen. | |
Einer betrifft die bulgarische Fernsehjournalistin Viktoria Marinowa, die | |
im Oktober in ihrem Heimatland vergewaltigt und ermordet wurde. Beim | |
zweiten Fall geht es um den russischen Investigativ-Reporter Maxim Borodin, | |
[2][der im April nach einem Sturz von seinem Balkon gestorben war.] Die | |
russischen Behörden sprachen von Suizid und verzichteten auf | |
Strafermittlungen. | |
## Verbale Angriffe | |
Insgesamt herrsche in einer Reihe von Ländern – darunter Russland, die | |
Ukraine, die Türkei, mehrere Balkanstaaten und Aserbaidschan – ein „Klima | |
der Straflosigkeit“, was Übergriffe auf Journalisten und Medien anbelange, | |
stellten die Experten des Europarats fest. Mangels effizienter Ermittlungen | |
seien 17 Morde an Journalisten, die seit den 90er Jahren begangen wurden, | |
bis heute nicht aufgeklärt worden. | |
Besorgniserregend sei zudem die wachsende Zahl von verbalen Angriffen – | |
auch von politisch Verantwortlichen. So habe der tschechische Präsident | |
Milos Zeman im September bedauert, dass Journalisten nicht zu den „vom | |
Aussterben bedrohten Arten“ gehören. | |
Besorgt äußerte sich der Europarat auch über Tendenzen, den Schutz von | |
Quellen investigativer Journalisten auszuhöhlen – durch Hausdurchsuchungen | |
in Redaktionen oder das Abhören von Telefonen. Einige Länder, darunter | |
Frankreich, Großbritannien und Polen, hätten zudem Gesetze erlassen, die | |
eine Massenüberwachung der Bürger – und damit auch von Journalisten und | |
ihren Informanten – erleichtern. | |
Der Generalsekretär des Europarats, Thorbjörn Jagland, forderte die | |
Mitgliedsstaaten auf, Maßnahmen gegen die „Erosion der Medienfreiheit“ und | |
zum besseren Schutz von Journalisten zu ergreifen. Der Schutz von Presse- | |
und Meinungsfreiheit sei notwendig für die Einhaltung aller anderen | |
Menschenrechte. | |
## Keine Antwort | |
Die Erhebung basiert auf Meldungen über Angriffe auf die Pressefreiheit, | |
die zwölf Partnerorganisationen – darunter internationale | |
Journalistenverbände, die Organisation Reporter ohne Grenzen und der | |
Pen-Club – regelmäßig an den Europarat senden. | |
Die Länderorganisation fordert die betroffenen Staaten anschließend zu | |
einer Stellungnahme auf. Nur in knapp 40 Prozent der Fälle hat der | |
Europarat nach eigenen Angaben im vergangenen Jahr eine Antwort erhalten. | |
Russland, die Türkei, Italien, Bosnien-Herzegowina und Aserbaidschan | |
reagierten demnach auf keine einzige Nachfrage. | |
12 Feb 2019 | |
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