# taz.de -- Fake-News in Russland: Es drohen satte Geldbußen | |
> Das russische Parlament verabschiedet ein Gesetz, das falsche Nachrichten | |
> ahndet. Das betreffe nicht die Informationsfreiheit, heißt es offiziell. | |
Bild: Angehörige von Opfern des Unglücks von Magnitogorsk bei einer Gedenkfei… | |
MOSKAU taz | Der Auslöser soll eine Gasexplosion gewesen sein. Das | |
behauptet zumindest der Initiator des Gesetzentwurfs, der sich wissentlich | |
verbreiteter Falschnachrichten annimmt. Das Fake-News-Gesetz lag der Duma, | |
dem Unterhaus des russischen Parlaments, zur dritten und letzten Lesung | |
vor. | |
Autor ist Andrei Klischas. Er sitzt als Senator der Kremlpartei Einiges | |
Russland im Föderationsrat des Parlaments. In der Neujahrsnacht waren bei | |
einer Explosion in der Industriestadt Magnitogorsk im Ural 38 Menschen ums | |
Leben gekommen. Offiziell wurde eine defekte Gasleitung als Unfallursache | |
angegeben. In verschiedenen Internetmedien kursierten Gerüchte, ein | |
Terrorakt habe die Katastrophe ausgelöst. | |
Auf die Verunsicherung der Bevölkerung in der einstigen Vorzeigestadt des | |
Kommunismus reagierte Andrei Klischas mit einem Entwurf, der das bewusste | |
Verbreiten von falschen Nachrichten mit höheren Strafen ahnden will. Das | |
Gesetz richtet sich vor allem gegen Internetplattformen. Fallabhängig | |
sollen Strafen von 30.000 Rubel (400 Euro) bis 1,5 Millionen Rubel (20.000 | |
Euro) verhängt werden können. | |
Offiziell verfolgt das Gesetz den „Missbrauch“ von Massenmedien, die die | |
Öffentlichkeit gezielt in die Irre führen. Mit einem Eingriff in die | |
Informationsfreiheit habe das Gesetz nichts zu tun, beteuerten die | |
Abgeordneten. Lediglich um die Wahrung öffentlicher Sicherheit gehe es. | |
Meinungsfreiheit sei auch weiterhin erlaubt. | |
## Repressiver Motor | |
Viele Beobachter sehen das skeptischer. Wie meist in Russland werden | |
entscheidende Teile des Gesetzes offengelassen. Nicht geklärt ist, wer | |
darüber zu befinden hat, was an einem Berichtsfall falsch oder richtig ist. | |
Die juristische Beliebigkeit dient als repressiver Motor, der sich | |
jederzeit anwerfen lässt. | |
Russische Behörden sollen laut dem neuen Gesetzes Onlinemedien sperren | |
dürfen, wenn diese vermeintliche Falschmeldungen verbreiten. Aber wer soll | |
darüber entscheiden? Der Staatsanwalt? In den sozialen Medien und im | |
kremlkritischen Radiosender Echo Moskwy fragten Nutzer, wer denn gegen | |
Falschnachrichten der staatlichen TV-Sender und des russischen | |
Propagandaorgans RT, früher Russia Today, vorgehe. | |
Das Boulevardblatt Moskowskij Komsomolez verglich den Strafkatalog für | |
„Hooliganismus“ an öffentlichen Plätzen mit den neuen Sätzen für | |
Internetvergehen. „Rauditum“ an öffentlichen Plätzen wird beim ersten Mal | |
mit 2.500 Rubel (umgerechnet 35 Euro) geahndet. | |
Wer jedoch im Netz randaliert, muss mit einer Einstiegsstrafe von 30.000 | |
bis 100.000 Rubel (450 bis 1.450 Euro) rechnen. Die Furcht vor den | |
virtuellen Störern im Netz ist größer als die Angst vor Demonstranten auf | |
der Straße. | |
## Schutz der Gesellschaft | |
Neben dem Fake-News-Gesetz brachte die Duma noch ein Gesetz auf den Weg, | |
das Vertreter in Staatsämtern, staatliche Insignien, Symbole, aber auch | |
„die Gesellschaft“ vor „offenkundiger Respektlosigkeit“ schützen soll.… | |
staatliche Zensurbehörde Roskomnadsor hat darüber zu wachen. | |
Über all diesen kleineren Initiativen schwebt noch das umfassende | |
gesetzliche Regelwerk, das die Unabhängigkeit des Internets gegenüber | |
ausländischen Einflüssen garantieren soll und einen Ausstieg aus dem | |
weltweiten Netz nicht mehr ausschließt. Mit der Verabschiedung ist in den | |
kommenden Wochen zu rechnen. | |
7 Mar 2019 | |
## AUTOREN | |
Klaus-Helge Donath | |
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