# taz.de -- Russia Today in Großbritannien: RT soll Strafe zahlen | |
> Die britische Medienaufsicht fordert 200.000 Pfund vom kremlnahen | |
> TV-Sender RT. Dessen Berichte über Syrien verletzten die Rundfunkregeln. | |
Bild: Großbritannien verhängt Geldstrafe gegen russischen Sender | |
Die britische Medienaufsichtsbehörde Ofcom hat eine Geldstrafe in Höhe von | |
200.000 Pfund gegen RT verhängt. Der vom Kreml [1][finanzierte | |
Fernsehsender, der früher „Russia Today“] hieß, habe gegen die | |
Objektivitätsregeln verstoßen, steht in der Begründung. | |
Ofcom hatte zehn Sendungen zwischen März und Mai vorigen Jahres unter die | |
Lupe genommen. Sieben davon, stellt die Behörde fest, hätten gegen den | |
Grundsatz der Objektivität verstoßen. Ofcom hatte bereits im Dezember die | |
prorussische Berichterstattung über den Krieg in Syrien bemängelt, aber vor | |
allem die Berichte im Fall Skripal. So hat unter anderem der frühere | |
Unterhausabgeordnete George Galloway in seiner Talkshow jegliche Verbindung | |
zwischen dem Giftanschlag von Salisbury und Russland bezweifelt. | |
Im März vergangenen Jahres sind der russische Exagent Sergei Skripal und | |
seine Tochter Julia im englischen Salisbury mit dem Nervengift Nowitschok | |
vergiftet worden. Beide überlebten den Anschlag, aber weggeworfene Reste | |
der verwendeten Substanz wurden später in Salisbury von einem Pärchen | |
gefunden, das den Flakon für Parfüm hielt. Die Frau starb, der Mann | |
erblindete. | |
Eine britische Untersuchung ergab, dass zwei als Ruslan Boschirow und | |
Alexander Petrow eingereiste Russen am 3. und 4. März [2][Salisbury besucht | |
und am zweiten Tag den Türgriff von Skripals Haus] mit Nervengift | |
beschmiert haben. Das sei durch Videoüberwachung nachgewiesen worden. Bei | |
Boschirow soll es sich in Wirklichkeit um Anatoli Tschepiga handeln, einen | |
Oberst des russischen Militärnachrichtendienstes und ehemaligen Angehörigen | |
der russischen Spezialkräfte mit Einsätzen in Tschetschenien und der | |
Ukraine. | |
## Schwerwiegende Regelverstöße | |
Die beiden Russen räumten in einem Interview mit Russia Today ein, an den | |
fraglichen Tagen Salisbury besucht zu haben – aber nur als Handelsreisende | |
im Urlaub. Dabei seien sie auch [3][in Skripals Straße gelandet], in die | |
sich normalerweise keine Touristen verirren. „Kniehoher“ Schnee habe sie am | |
ersten Tag zur Rückfahrt nach London gezwungen. Am nächsten Tag seien sie | |
zurückgekehrt. Tatsächlich war damals aber nur wenig Schnee in Salisbury | |
gefallen. | |
Die RT-Berichte hätten „schwerwiegend und wiederholt gegen unsere Regeln | |
verstoßen“, erklärt Ofcom. „Wir sind besonders besorgt wegen der Häufigk… | |
der Regelbrüche in einem relativ kurzem Zeitraum.“ Demnach habe RT | |
siebenmal binnen sechs Wochen gegen die Rundfunkregeln verstoßen. | |
Neben der Geldstrafe muss RT außerdem eine Zusammenfassung der | |
Ofcom-Untersuchung senden. Zeitpunkt und Form werden von Ofcom festgelegt. | |
RT behält aber seine Lizenz und darf in Großbritannien weiter operieren. | |
Das Urteil sei fair, weil es seitdem keine weiteren Verstöße seitens RT | |
gegeben habe, sagte ein Ofcom-Sprecher. | |
## Die russische Regierung mischt sich ein | |
RT findet das Urteil überhaupt nicht fair. Zum einen erwarteten die | |
Zuschauer prorussische Standpunkte, wenn sie RT einschalteten, zum anderen | |
sei die Höhe der Strafe unverhältnismäßig, hieß es in einer Stellungnahme. | |
„In Fällen von Hassreden und Anstachelung zur Gewalt hat Ofcom weit | |
geringere Strafen verhängt.“ RT hat deshalb Berufung eingelegt. Das | |
endgültige Urteil wird erst zum Jahresende vorliegen. | |
RT hat in Großbritannien keine große Verbreitung. Lediglich 332.000 | |
Zuschauer schalten den Sender pro Woche ein, obwohl er fast überall | |
kostenlos zu empfangen ist. Selbst der Bezahlsender Horror Channel hat mehr | |
Zuschauer. | |
Anfang des Monats hatte das Londoner Außenministerium RT sowie die | |
russische Nachrichtenagentur Sputnik von einer Konferenz über | |
Pressefreiheit ausgeschlossen – „wegen ihrer aktiven Rolle bei der | |
Verbreitung von Desinformationen“. An der Konferenz nahmen mehr als 1.000 | |
Journalisten teil. Dmitri Peskow, der Pressesprecher des Kreml, machte sich | |
über den Ausschluss der russischen Medien lustig: Eine Konferenz über | |
Pressefreiheit sei absurd, wenn Journalisten die Teilnahme verboten werde. | |
Die russische Regierung hat sich inzwischen revanchiert. Sie hat eine | |
Untersuchung gegen das russische Programm der BBC wegen „voreingenommener | |
und unfairer Berichterstattung über Ereignisse in Russland und Syrien“ | |
eingeleitet, sagte Peskow. BBC Russian hatte unter anderem die Identität | |
der mutmaßlichen Salisbury-Attentäter veröffentlicht. | |
28 Jul 2019 | |
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## AUTOREN | |
Ralf Sotscheck | |
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