# taz.de -- Medien in Italien: Black Friday in der Medienwelt | |
> Die Unternehmerfamilie Agnelli kauft Anteile an „La Repubblica“ und „La | |
> Stampa“. Damit werden sie Italiens größter Tageszeitungsverleger. | |
Bild: Die Agnellis haben nun die Kontrollmehrheit der Mediengruppe Gedi, zu der… | |
ROM taz | Die Nachricht, die am vergangenen Freitag in Italien erstmals die | |
Runde machte, war einigermaßen spektakulär: Das Agnelli-Unternehmen | |
schickte sich an, La Repubblica – die zweitgrößte Tageszeitung des Landes �… | |
und die Turiner La Stampa zu übernehmen. Jetzt ist das Geschäft in | |
trockenen Tüchern und es klingt wirklich nach Black Friday. Gerade einmal | |
102 Millionen Euro muss die Agnelli-Holding Exor lockermachen, um gut 43 | |
Prozent an der Mediengruppe Gedi und damit die Kontrollmehrheit zu | |
erlangen. Obendrauf zu den beiden renommierten Blättern hält Gedi noch 13 | |
regionale Tageszeitungen, [1][das Wochenmagazin L’Espresso] und drei | |
Radiosender – der ganze Spaß aber ist billiger zu haben als der Stürmer | |
Cristiano Ronaldo, [2][den sich der Agnelli-Club Juventus Turin] letztes | |
Jahr 105 Millionen kosten ließ. | |
Doch so sensationell dieser Verkauf eigentlich ist, in Italien | |
interessierte er kaum einen. Kleine Meldungen, knappe Artikel: Damit war | |
das Ereignis für so gut wie alle Medien erledigt. Dabei wird mit der | |
Repubblica nicht irgendeine Zeitung verkauft, sondern eine, die seit der | |
Gründung 1976 den Anspruch erhebt, ein Leitmedium in Italien zu sein. | |
Eugenio Scalfari, der in den 50er Jahren schon zu den Gründern der | |
Wochenzeitschrift L’Espresso gehört hatte, hob seinerzeit zusammen mit | |
einem Trupp ebenso prominenter wie wagemutiger Edelfedern La Repubblica aus | |
der Taufe. Sie wollten eine unabhängige, linksliberale, laizistische | |
Zeitung machen, die den Anspruch erhob, Modernisierungsmotor in der | |
italienischen Politik zu sein. | |
Und das Rezept funktionierte. Vom Start an wurde La Repubblica zum | |
verlegerischen Erfolg. 1979 dann stieß der Unternehmer Carlo De Benedetti | |
als Hauptanteilseigner dazu, auch ökonomisch war das Blatt damit | |
hervorragend aufgestellt – so gut, dass Begehrlichkeiten entstanden. Im | |
Jahr 1989 versuchte sich niemand anderes als Silvio Berlusconi an einer | |
feindlichen Übernahme. Die hielt Italien monatelang in Atem, am Ende | |
vermittelte gar der damalige Ministerpräsident Giulio Andreotti, mit dem | |
Ergebnis, dass La Repubblica bei Scalfari und De Benedetti blieb. | |
## Kein Leitmedium mehr? | |
Jetzt dagegen scheint es, als krähe kein Hahn nach der Übernahme der | |
Repubblica durch die Agnelli-Familie. „Kein Wunder, da wird ein Kadaver | |
übernommen“, lästert ein bekannter Wirtschafts- und Medienjournalist, der | |
namentlich nicht genannt werden möchte. Noch im Januar 2008 hatte La | |
Repubblica eine tägliche verkaufte Auflage von 630.000. Dann aber begann, | |
mit der schweren Wirtschaftskrise und der Digitalisierung, der Niedergang. | |
Gerade noch 180.000 Exemplare werden täglich abgesetzt. Allein in den | |
letzten drei Jahren betrug der Auflagenschwund etwa 30 Prozent. | |
Und der Anspruch, Leitmedium zu sein? Erledigt, meint der | |
Wirtschaftsjournalist. „Die Politiker setzen heute auf TV und Twitter“, | |
erklärt er, La Repubblica sei ihnen einigermaßen egal. Richtig übel aber | |
sei die Krise, weil das Blatt keinerlei digitale Strategie habe – die | |
Onlineabos liegen unter 30.000 und haben sich damit gegenüber 2013 fast | |
halbiert. | |
So wurde denn auch fröhlich spekuliert, was John Elkann, der für die | |
Agnellis bei der Holding Exor den Ton angibt, eigentlich mit der Übernahme | |
will. [3][Nachdem Fiat jetzt mit der französischen Automobilgruppe PSA die | |
Fusion vereinbart hat], gehe es darum, die neue Partnerschaft samt ihren | |
Härten wie zum Beispiel Werksschließungen in Italien medial zu begleiten, | |
wird behauptet. Doch plausibler scheint eine ganz andere Theorie. Danach | |
träumt Elkann einfach davon, Verleger zu sein. So kaufte er sich im Jahr | |
2015 mit 43 Prozent beim Economist ein. Jetzt wird er Italiens größter | |
Tageszeitungsverleger. | |
Die „Autonomie der Redaktion“ wolle Elkann garantieren, lässt er selbst | |
streuen, und energisch wolle er „die Vorteile der digitalen Revolution | |
nutzen“. Doch wie er das anstellen will, wie er der Repubblica wieder Leben | |
einhauchen will, behält er vorerst für sich. | |
5 Dec 2019 | |
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## AUTOREN | |
Michael Braun | |
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