# taz.de -- Rechtsextremer Angriff in Rom: Unter den Augen der „Carabinieri“ | |
> Bei einem Aufmarsch greifen Faschisten in Rom zwei Journalisten des | |
> „Espresso“ an. Das Magazin ist nicht zum ersten Mal Ziel rechter | |
> Attacken. | |
Bild: Rom, 7. Januar 2019: faschistischer Gruß vor dem ehemaligen Sitz der Par… | |
ROM taz | Es war wie jedes Jahr. Am vergangenen Montag trafen sich Dutzende | |
Faschisten, uniformiert in ihren Schwarzhemden, auf dem römischen | |
Stadtfriedhof Verano, um der „Toten von Acca Larentia“ zu gedenken, die | |
Arme zum „römischen Gruß“ gereckt. In der Via Acca Larentia in Rom nämli… | |
hatten Linksterroristen am 7. Januar 1978 zwei junge Neofaschisten | |
erschossen, ein dritter fiel wenige Stunden darauf bei den im Gefolge der | |
Morde ausgebrochenen Ausschreitungen durch die Kugel eines | |
Carabinieri-Offiziers. | |
[1][Doch diesmal beließen es die Faschisten von den Gruppen Avanguardia | |
Nazionale, Forza Nuova und Fiamme Nere] nicht beim makaber-martialischen | |
Gedenken an dem auf dem Friedhof eigens errichteten Mausoleum für die | |
„Märtyrer des Faschismus“. Diesmal griffen einige von ihnen zwei | |
Mitarbeiter des Wochenmagazins L’Espresso, den Journalisten Federico | |
Marconi und den Fotografen Paolo Marchetti, tätlich an. Die nämlich wollten | |
dokumentieren, dass da mit Avanguardia Nazionale eine Organisation dabei | |
war, die schon in den siebziger Jahren verboten worden war – die aber jetzt | |
ganz selbstverständlich und von staatlichen Stellen unbehelligt zu einer | |
Kundgebung aufrufen kann. | |
Zunächst gingen die Faschisten auf den Fotografen los, schlugen und | |
schubsten ihn, zwangen ihn schließlich, die Memory-Card seines Fotoapparats | |
auszuhändigen. Doch selbst dann ließen sie von ihm nicht ab und nötigten | |
ihn, auch seinen Personalausweis zu übergeben, um ihn zu identifizieren. | |
Derweil standen diverse Polizisten nur ein paar Meter entfernt, ohne | |
einzugreifen. | |
Unter dem Ruf „L’Espresso ist übler als die Bullen!“ attackierte gleich | |
darauf eine weitere Gruppe der rechtsextremen Schläger den Journalisten | |
Marconi. Unter ihnen fand sich auch der Chef des Ortsverbands Rom von Forza | |
Nuova,Giuliano Castellino, der wegen früherer Verbrechen bis vor Kurzem | |
eine Haftstrafe abgesessen hat und gegenwärtig der polizeilichen | |
„Sonderüberwachung“ unterliegt, die ihm eigentlich die Teilnahme an | |
Kundgebungen verbietet. | |
## Schläge und Fußtritte | |
Castellino packte Marconi am Hals, andere versetzten ihm Schläge und | |
Fußtritte. Ihr Anführer nahm dem Journalisten dann Personalausweis und | |
Handy ab, löschte Fotos und Filmaufnahmen. Erst danach schritten die | |
anwesenden Polizeibeamten ein und setzten dem Übergriff ein Ende. | |
Gerade Forza Nuova (FN) hat in den letzten Jahren die Verlagsgruppe, in der | |
neben dem Espresso auch die Tageszeitung La Repubblica erscheint, zu einem | |
ihrer Hauptfeinde auserkoren. [2][Vor einem guten Jahr waren FN-Aktivisten | |
in den Hof des Repubblica-Verlagsgebäudes in Rom eingedrungen,] hatten | |
Rauchkerzen entzündet und ein Transparent mit der Forderung „Boykottiert | |
Repubblica und Espresso!“ entrollt. Als Fürsprecher der „verratenen | |
Italiener“ warfen sie den Journalisten der beiden Blätter vor, | |
„Lohnschreiber des Regimes“ zu sein, sich für die „Invasion“ der Migra… | |
und für die „Umvolkung“ einzusetzen. | |
Seinerzeit hatte der damalige Innenminister Marco Minniti der Redaktion als | |
Zeichen der Solidarität sofort einen Besuch abgestattet. Weit | |
zurückhaltender war jetzt die Reaktion seines Nachfolgers Matteo Salvini | |
von der rechtspopulistisch-fremdenfeindlichen Lega. Salvini kommentierte am | |
Montagabend die Nachricht von der Prügelattacke gegen die beiden | |
Espresso-Mitarbeiter mit den Worten: „Für die, die handgreiflich werden, | |
ist das Gefängnis der richtige Platz“. | |
Keinen Kommentar allerdings hatte er, immerhin oberster Dienstherr der | |
italienischen Polizei, zu der Tatsache, dass die Gewaltakte unter den Augen | |
der Beamten geschehen konnten und dass eine illegale Organisation zur | |
Gedenkveranstaltung aufrufen konnte. Nur zum Fascho-Anführer Castellino | |
fiel ihm ein, „wir werden zu verstehen suchen“, wieso der bei der | |
Kundgebung anwesend war. | |
9 Jan 2019 | |
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## AUTOREN | |
Michael Braun | |
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