| # taz.de -- Studie zu Bedingungen bei Liefer-Apps: Fünf Euro pro Fahrt | |
| > Deliveroo und Foodora behandeln ihr Personal schlecht. Kontrolliert | |
| > werden die FahrerInnen, indem die Apps sie unwissend halten. | |
| Bild: Fit muss man sein: Andreas Harte, Fahrer bei Foodora | |
| Berlin taz | Elmar Wigand von der „Aktion gegen Arbeitsunrecht“ sieht die | |
| Arbeitsbedingungen von Deliveroo kritisch: „Deliveroo ist der brutalste | |
| Arbeitgeber“, sagte er zur taz. „Er betrachtet die Fahrer als | |
| selbstständige Vertragspartner und entzieht sich damit jeglicher | |
| Verantwortung für Krankheit, Urlaub oder Arbeitsschutz.“ | |
| Eine [1][Studie der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung] hat sich | |
| jetzt mit den Arbeitsbedingungen der LieferantInnen bei Deliveroo und | |
| Foodora beschäftigt. Es herrsche ein ausgefeiltes Kontrollregime durch die | |
| App, ergab die Studie der Soziologinnen Mirela Ivanova und Joanna | |
| Bronowicka. Zusammen mit den Rechtswissenschaftlerinnen Prof. Dr. Eva | |
| Kocher und Anne Degner hatten sie die Arbeitsbedingungen der Lieferdienste | |
| untersucht. | |
| Bei Foodora arbeiten die LieferantInnen als abhängige Beschäftigte mit | |
| einem Stundenlohn von neun Euro. Bei Deliveroo hingegen sind sie | |
| selbständig. Sie erhalten fünf Euro pro Lieferung und können jederzeit | |
| Aufträge abbrechen oder ablehnen. Bei Foodora ist das den LieferantInnen | |
| nicht möglich. | |
| ## Wartezeiten genau kontrollierbar | |
| Der Arbeitsablauf der LieferantInnen sieht folgendermaßen aus: zuerst die | |
| Auftragsannahme über die App auf dem Smartphone, dann die Fahrt zum | |
| Restaurant, die Entgegennahme, die Fahrt zum Kunden und zuletzt die | |
| Übergabe. Jeder einzelne Schritt muss per Klick bestätigt werden. Die | |
| FahrerInnen nutzen dabei ihre eigenen Räder und Smartphones. Dienstkleidung | |
| und Transportbox stellen die Lieferdienste zur Verfügung. Da die KundInnen | |
| bei beiden Diensten rund drei Euro pro Lieferung bezahlen müssen, fällt das | |
| Trinkgeld eher mager aus. | |
| Die Kontrollmechanismen der Apps funktionieren vor allem über automatische | |
| Benachrichtigungen. Durch GPS-Ortung und Auswertung der Klicks überwacht | |
| die App die Aktivitäten der LieferantInnen in Echtzeit. Sollte das Programm | |
| eine Unregelmäßigkeit, wie zum Beispiel überlange Wartezeit, feststellen, | |
| sendet es dem Ausliefernden eine entsprechende Nachricht. | |
| FahrerInnen können ihr Gebiet und ihre Schichten frei wählen. Einen Anreiz | |
| zum effizienten Ausliefern gibt es jedoch bei beiden Unternehmen. Bei | |
| Deliveroo besteht er in der Bezahlung pro Lieferung, bei Foodora gibt es | |
| dafür ein Bonussystem. LieferantInnen mit guten Leistungen haben den | |
| Vorteil, dass sie bei der Wahl der Schichten als Erste aussuchen dürfen. | |
| ## Kundenadresse zurückgehalten | |
| Zur Verhaltenssteuerung dient laut Studie die strategische Zurückhaltung | |
| von Informationen. Die Adresse des Kunden wird bei beiden Lieferdiensten | |
| dem Fahrer oder der Fahrerin erst enthüllt, wenn er oder sie das bestellte | |
| Essen entgegengenommen hat. Dies macht es so gut wie unmöglich, Aufträge | |
| abzulehnen, weil man bestimmte Adressen nicht anfahren will. | |
| In der Studie heißt es sei, es sei fraglich, ob die FahrerInnen von | |
| Deliveroo überhaupt als selbstständig bewertet werden könnten. Denn ohne | |
| vollständige Informationen könne man keine rationalen, unternehmerischen | |
| Entscheidungen treffen. | |
| Beide Lieferdienste sind in der Krise. Deliveroo kündigte im vergangenen | |
| August den Rückzug aus 10 von 15 deutschen Städten an. Foodora zog sich | |
| vergangenes Jahr im Anschluss an Proteste aus vier Ländern ganz zurück, | |
| darunter Frankreich und Italien. | |
| 15 Jan 2019 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://www.boeckler.de/cps/rde/xchg/hbs/hs.xsl/117819_117902.htm | |
| ## AUTOREN | |
| Lenne Quentin | |
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