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# taz.de -- Ausbildung für SerienautorInnen: „Auf einem guten Niveau“
> Da in Deutschland fast wöchentlich eine neue Serie startet, bilden immer
> mehr Hochschulen AutorInnen aus. Doch was, wenn die Serienblase platzt?
Bild: Im vergangenen Herbst starteten sechs deutsche Serien gleichzeitig. Darun…
So langsam wird es unübersichtlich. Allein in den USA wurden im vergangenen
Jahr 500 neue fiktionale Fernsehserien produziert. Das ist ein neuer Rekord
und sicher nicht der letzte. Die US-Serienbranche wächst weiter, vor allem
durch das aggressive Marktgebaren der neuen Streamingdienste.
Auch in Deutschland, wo man erst spät in den Wettbewerb der global
vermarktbaren „High-End-Serien“ eingestiegen ist, konnten Zuschauer*innen
im vergangenen Herbst den Überblick verlieren. Innerhalb von sechs Wochen
starteten „Deutschland 86“ und „Beat“ (amazon), „[1][Das Boot]“ (Sky
Deutschland), „[2][Dogs of Berlin]“ (Netflix), „Milk & Honey“ (Vox),
„Hackerville“ (TNT Serie), „[3][Parfum]“ (ZDFneo), „Deutsch-Les-Lande…
(Telekom), „[4][Die Protokollantin]“ (ZDF) sowie „[5][Babylon Berlin]“ …
Free-TV in der ARD. Sky Deutschland verschob sogar seine neue
Eigenproduktion „8 Tage“ nach 2019.
Was beim Publikum gut ankommt, bringt die Sender und Produktionsfirmen
mitunter ins Schwitzen. Denn die große Nachfrage nach Serien auf
internationalem Niveau heizt die Suche nach denjenigen an, die solche
Formate bedienen können: nach Drehbuchschreiber*innen, vor allem.
Das bekommt auch das Serienunternehmen UFA Serial Drama in Potsdam zu
spüren, eine Tochterfirma der großen UFA, die seit über zwei Jahrzehnten
tägliche Serien wie „Gute Zeiten, schlechte Zeiten“, „Unter uns“ und �…
was zählt“ für RTL entwickelt.
## Großer Bedarf an AutorInnen für tägliche Formate
„Durch den Serienboom in Deutschland ist der Bedarf an Autoren deutlich
gestiegen“, erklärt „GZSZ“-Chefautorin Dominique Moro. Das habe auch dazu
geführt, dass sich das Image von Daily Soaps sowie das Handwerk ihrer
Macher*innen verbessert habe. „Dass uns so langsam das Schmuddelkind-Image
abhandenkommt, ist schön. Es bedeutet aber auch, dass, weil wir nun auch
für Spielfilme und wöchentliche Serien schreiben können, uns die Talente
für die täglichen Formate verloren gehen.“
Deswegen will man das Problem mit dem Nachwuchs nun selbst angehen. Am 14.
Januar startete der erste Jahrgang der UFA Serienschule, bei dem die
Teilnehmer*innen innerhalb von vier Monaten die theoretischen und
praktischen Grundlagen des Schreibens erlernen sollen. „Man ist danach kein
fertiger Autor für Serien“, sagt Moro, die die Co-Leitung der Schule
übernommen hat. „Es geht darum, im Anschluss die Chance zu bekommen,
innerhalb einer Produktion als Junior-Storyliner zu arbeiten. So haben wir
alle angefangen.“
Den viel geforderten Writer’s Room, also die großen Kreativteams, in denen
mehrere Autor*innen gemeinsam an einer Serie arbeiten, gibt es im Genre
der Daily Soaps schon längst. Bei „GZSZ“ arbeiten sie seit 26 Jahren nach
diesem Prinzip, erzählt Moro. Dass sie dafür nun eine kostenlose
Mini-Ausbildung auf der Serienschule anbieten, ist allerdings neu. 16
angehende Serienautor*innen werden dort zunächst ausgebildet, die
Ausschreibung dafür habe unterschiedlichste Bewerber*innen im Alter
zwischen 20 und 50 Jahren angesprochen, so Moro: Schauspieler,
Filmwissenschaftler, Journalisten, Germanisten, aber auch Fans, völlige
Quereinsteiger und Menschen, die noch nie etwas mit Dramaturgie oder Serien
am Hut hatten.
## Sehr gute Berufsaussichten
Neben der UFA Serienschule haben sich mittlerweile eine ganze Reihe an Aus-
und Weiterbildungsangeboten an staatlichen Hochschulen und privaten
Institutionen etabliert, die den neuen Anforderungen im
Serienentwicklungsland Deutschland Rechnung tragen sollen. Im Gegensatz zum
UFA-Ansatz legt das international ausgerichtete Programm „Serial Eyes“ der
Deutschen Film- und Fernsehakademie Berlin (DFFB) seinen Fokus auf die
Entwicklung eigener Stoffe im Writer’s Room.
Das Programm sei europaweit angesehen, sagt dessen Leiter Ben Harris. „Wir
merken die positive Resonanz auch daran, dass Agenten vermehrt ihren
Klienten die Bewerbung bei ‚Serial Eyes‘ als wichtigen Karriereschritt
empfehlen.“ Dass in diesem Jahr drei Absolvent*innen für ihre Mitarbeit an
Serien wie „Das Boot“, „Bad Banks“ und „Druck“ für den Grimmepreis
nominiert sind, scheint das zu untermauern.
„Die Ausbildungssituation für Serienschaffende in Deutschland ist momentan
auf einem guten Niveau“, sagt auch Carolin Große Hellmann von der
Internationalen Filmschule Köln (ifs), die dort den Masterstudiengang
„Serial Storytelling“ mitleitet. „Die unterschiedlichen Programme ergänz…
sich hervorragend beziehungsweise adressieren jeweils unterschiedliche
Teil-Zielgruppen.“
Aber wie sicher sind die Aussichten tatsächlich, nach dem Abschluss in der
Branche Fuß zu fassen? „Wie in jedem kreativen Beruf gibt es auch beim
Serienschreiben keine Garantien“, sagt Joachim Friedmann, Co-Leiter des
Masterstudiums in Köln. „Für Autor*innen mit einer soliden dramaturgischen
Ausbildung sind die Berufsaussichten aktuell jedoch sehr gut, insbesondere
was die boomenden Serienmärkte betrifft.“
## Nur eine Frage der Zeit, bis der Trend wieder vorbei ist?
Auch die Filmuniversität Babelsberg Konrad Wolf bildet Serienautor*innen
aus. Zusammen mit dem Erich Pommer Institut (EPI) bietet die Hochschule
seit 2015 die „Winterclass – Serial Writing And Producing“ an. „Niemand…
der deutschen Branche hat wirklich langjährige Expertise in diesem Bereich
– viele machen eine Qualitätsserie zum ersten Mal. Da fehlt es dann
schlicht an Erfahrung und manchmal auch an Wissen um die besonderen
Aspekte, die es zu beachten gilt. An diesem Punkt setzen wir an“, sagt Timo
Gössler von der Filmuniversität.
Neben Fallstudien und Werkstattberichten erfahrener internationaler
Serienschaffender erfahren die Teilnehmer*innen der Winterclass Nützliches
zu Serienfinanzierung, zur wirtschaftlichen und kreativen Ausgestaltung
neuer Arbeitsmodelle und zu erzählerischen Herausforderungen bei komplexen
Serien.
Bei den vielfältigen Angeboten stellt sich die Frage, ob nicht die Gefahr
besteht, der derzeitige Serientrend könne das tun, was Trends eben auch
ausmacht: irgendwann vorbei sein. Ausgerechnet UFA-Geschäftsführer Nico
Hofmann war es, der zuletzt [6][in einem Interview] davon sprach, dass es
eine Frage der Zeit sei, bis die „Serienblase“ platze.
Dass dann vielleicht sehr viele frischqualifizierte und spezialisierte
Absolvent*innen ohne Tätigkeitsfeld dastehen würden, glaubt Grische Böhmer
vom Erich Pommer Institut aus Potsdam jedoch nicht: „Vor dieser Blase wird
ja im Grund gewarnt, seit es die ersten hochwertigen Serien gibt. Aber noch
entwickeln immer mehr Firmen und Sender Serien, gibt es Jahr für Jahr mehr
davon, auch zweite und dritte Staffeln. Und all diese Produktionen und
Entwicklungen brauchen kompetente Leute.“
## Eine vorsorglich breite Ausbildung
Auch ihre ifs-Kollegin Große Hellmann glaubt an die guten Aussichten ihrer
Alumni – vorerst. Weil momentan immer noch ständig neue Anbieter von
Fernsehplattformen auf den Markt drängen, seien es Facebook, Apple oder
die etablierten Streamingdienste, und auch die klassischen Sender weiter in
Serien investieren, glaube sie nicht, dass der Branche bald die Jobs
ausgehen. „Mittel- bis langfristig ist aber tatsächlich anzunehmen, dass
sich einige Anbieter zurückziehen werden“, sagt sie. „Das ist der Grund,
warum wir unsere Studierenden so breit ausbilden.“
Und die UFA Serienschule selbst? Die wolle ihren Erfolg nach dem Abschluss
der ersten Klasse im Mai zwar evaluieren, Sorge um die Zukunft macht sich
Dominique Moro aber ebenfalls nicht: „Wir suchen Autoren für unsere Serien,
die es bereits vor dem Boom gab und die es auch geben wird, wenn die Blase
platzt.“
Vielleicht ja auch eine beruhigende Prognose für alle anderen angehenden
Serienschreiber*innen.
27 Jan 2019
## LINKS
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[4] /!5541620/
[5] /!5536299/
[6] https://www.dwdl.de/interviews/70445/nico_hofmann_irgendwann_wird_diese_ser…
## AUTOREN
Jens Mayer
## TAGS
Ausbildung
Autor
Fernsehserie
Streaming
Filmuniversität Babelsberg Konrad Wolf
Soap
Babylon Berlin
Streaming
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4 Blocks
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