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# taz.de -- Kolumne Flimmern und Rauschen: „Bild“ freut sich zu früh
> Die „Bild“-Zeitung hat den „Spiegel“ als meistzitiertes Medium überh…
> frohlockt Springer. Aber die Quelle der Zahlen ist zweifelhaft.
Bild: Chefredakteur Julian Reichelt freut sich, dass „Bild“ das meistzitier…
Die Woche begann gut für die KollegInnen in der Axel-Springer-Straße. Und
was macht man, damit das auch jeder mitkriegt? Man schmeißt es auf die
Titelseite von Bild: „[1][Es ist die härteste Währung im politischen
Journalismus: mit Exklusiv-Nachrichten von der Konkurrenz zitiert zu
werden]. Niemandem gelang dies 2018 so häufig wie Bild“, röhrte es am
Montag. „1.203-mal wurde das Blatt laut des angesehenen Zitate-Rankings von
Media Tenor“ im vergangenen Jahr mit Nachrichten, Berichten, Interviews von
anderen Medien zitiert. Klare Meinungsführerschaft: vor Spiegel (1098), New
York Times (907) und Bild am Sonntag (895 Zitate)“, freute man sich in
eigener Sache.
Nur ist es leider schon mehr als etwas verräterisch, wenn man die Quelle
des Freudentaumels selbst mit Attributen wie „angesehen“ aufpeppen muss.
[2][Denn bei Media Tenor handelt es sich um einen Laden, der mit der
Kneifzange anzufassen ist]. Die Zahlen der Zitate-Ranker von Media Tenor
sind heutzutage nicht einmal mehr umstritten.
Schon vor rund zehn Jahren begannen sich so ziemlich alle renommierten
Medienwissenschaftler von dem mittlerweile in der Schweiz ansässigen
Institut und seinem Chef Roland Schatz zu distanzieren. Von Schatz über den
Tisch gezogene Exmitarbeiter von Media-Tenor bekannten 2008 in der taz:
„Wir wurden gezwungen zu manipulieren.“ Michael Haller,
Journalistikprofessor aus Leipzig, nannte die Media-Tenor-Zahlen „nicht
solide, nicht seriös“ und schlussfolgerte, die Firma betreibe
„Datenmanipulation“, um ihre Auftraggeber zufriedenzustellen. Damals hat
Schatz den mittlerweile emeritierten Haller deswegen vor Gericht gezerrt –
und war krachend gescheitert.
Das heißt jetzt natürlich nicht, dass aus der Bild nicht vielleicht
wirklich noch ein bisschen mehr abgekupfert – äh: zitiert wurde als aus
Spiegel et al. Neben den KollegInnen von Springer freut sich übrigens auch
Holtzbrincks Handelsblatt, dass es im Vergleich zum Vorjahr den meisten
Zuwachs beim Zitateschleudern erzielen konnte.
## Sinnentleerte Oberflächlichkeit
Aber was bitte sagen solche Rankings eigentlich aus? Befördert dieser
Wettbewerb des „Wer hat den Längs… – Pardon! – „die meisten?“ nich…
die sinnentleerte Oberflächlichkeit der durchlauferhitzten
(Pseudo-)Nachrichtenmaschinerie? Nach Relevanz misst jedenfalls keine der
Erbsenzählanstalten.
Andererseits ist es irgendwie auch tröstlich, auf diese Weise mal wieder
ein Lebenszeichen von unserem Media-Schatz zu bekommen. Seit er – wegen
Untreue einschlägig vorbestraft – ins Schweizer Exil floh, ist es doch sehr
still um ihn geworden. Nur Bild hat noch – ein Herz für Schatz.
[3][Steffen Grimberg, Medienprofi (früher taz, NDR und ARD, jetzt MDR),
bringt jeden Mittwoch Unordnung in die aufgeräumte Medienwelt.]
In einer früheren Version dieses Artikels stand, das Fachmagazin „Horizont“
gehöre zur Holzbrinck-Gruppe. Das ist falsch. „Horizont“ gehört zum
Deutschen Fachverlag. Wir bedauern den Fehler und danken für die Hinweise.
9 Jan 2019
## LINKS
[1] https://www.bild.de/politik/inland/politik-inland/ranking-bild-ist-das-meis…
[2] /Zweifelhafte-Auswerter-Media-Tenor/!5183559
[3] /!t5509639/
## AUTOREN
Steffen Grimberg
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