| # taz.de -- Negativer Medienpreis: Chapeau, Herr Reichelt, aber… | |
| > Der Verein Neue Deutsche Medienmacher will den „Bild“-Chef Reichelt | |
| > auszeichnen. Doch der lehnt ab – mit einer skurrilen Rede. | |
| Bild: Bild-Chef Julian Reichelt (links (!)) ließ die Goldene Kartoffel (vorne)… | |
| Das Nationalgemüse Deutschlands ist jetzt der Namensgeber eines | |
| Medienpreises: „Die Goldene Kartoffel“ wurde am Samstag zum ersten Mal | |
| verliehen, in einer Bar in Kreuzberg. Ausgelobt wurde sie im Rahmen des | |
| zehnjährigen Jubiläums der Neuen Deutschen Medienmacher (NdM), dem Verein, | |
| der für mehr Vielfalt in den Medien eintritt. | |
| Lecker und nahrhaft ist die Kartoffel. Sie steht inzwischen nicht nur für | |
| Weißdeutsche, sondern, in Form des Medienpreises, auch für „unterirdische | |
| Berichterstattung über Aspekte zu der Migrationsgesellschaft“. Die erste | |
| „Goldene Kartoffel“ sollte an Julian Reichelt, den Chefredakteur der | |
| Bild-Zeitung, verliehen werden. Reichelt ist zwar persönlich erschienen, | |
| zeigte sich aber verletzt und nahm den Preis nicht mit nach Hause. | |
| NdM-Vorsitzende Sheila Mysorekar würdigte Reichelt für seine Arbeit mit | |
| folgenden Worten: „Bild steht für Unsachlichkeit, Vorurteile und | |
| Panikmache, wenn es um die Themen Integration, Migration und Asyl geht, für | |
| doppelte Standards in der Berichterstattung über Menschen mit und ohne | |
| Migrationshintergrund und für einen stark ethnozentrischen Blick auf unsere | |
| Einwanderungsgesellschaft und deren Herausforderungen.“ | |
| Dass Julian Reichelt persönlich bei der Preisverleihung erschien und sich | |
| die kritische Auseinandersetzung mit seiner Arbeit anhörte, war keine | |
| Selbstverständlichkeit. Von daher: Chapeau! | |
| ## Einige Missverständnisse | |
| Allerdings müssen an dieser Stelle einige Missverständnisse beseitigt | |
| werden. [1][Reichelt erinnerte in seiner Rede] an eine [2][kleine Anfrage] | |
| von AfD-Bundestagsabgeordneten. Darin wollten sie von der Bundesregierung | |
| wissen, ob und wie sie die Neuen Deutschen Medienmacher finanziell fördere. | |
| Reichelt schlug dem Verein vor, kein Geld von der Bundesregierung | |
| anzunehmen, wenn man über „guten und schlechten Journalismus“ urteile. | |
| Dabei geht es bei der „Goldenen Kartoffel“ darum, dass Journalisten | |
| rassistische Vorurteile reproduzieren, nicht um „guten“ und „schlechten“ | |
| Journalismus. | |
| Zudem fühlte sich Reichelt rassistisch angegriffen: „In den | |
| Brennpunktschulen, wo die Integration keine Erfolgsgeschichte ist, ist | |
| Kartoffel eine Beschimpfung, die sich auf Rasse und Herkunft bezieht“, so | |
| der Bild-Chefredakteur. Dabei vergisst Herr Reichelt, dass Rassismus eine | |
| strukturelle Diskriminierung ist, die von gesellschaftlichen Institutionen, | |
| Gesetzen und Normen ausgeht. Menschen, die der Mehrheitgesellschaft | |
| angehören, können im Gegensatz zu Minderheiten nicht strukturell | |
| benachteiligt werden. | |
| Besonders erwähnenswert ist, dass Reichelt einen geflüchteten Journalisten | |
| aus Syrien, Mohammad Rabie, mitbrachte, als Token mit auf die Bühne nahm | |
| und ihn die Bild-Zeitung verteidigen ließ. Dass Reichelt einen geflüchteten | |
| Journalisten fördert, ist zweifellos eine gute Sache. Das schließt aber | |
| eine unsaubere Berichterstattung über Migration, Integration und Asyl | |
| genausowenig aus, wie eine Mutter zu haben Frauenfeindlichkeit ausschließt. | |
| Nach seiner Replik verließ Reichelt die Bühne, allerdings nicht die | |
| Lokalität, trank türkisches Bier und unterhielt sich mit anderen Gästen. | |
| Die glänzende Goldene Kartoffel blieb einsam zurück, gewiss nur bis zum | |
| nächsten Jahr. | |
| 4 Nov 2018 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://twitter.com/MalcolmMusic/status/1058816148299571200 | |
| [2] http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/047/1904707.pdf | |
| ## AUTOREN | |
| Sibel Schick | |
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