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# taz.de -- Kolumne American Pie: Musikstars mit Football-Phobie
> Die Super Bowl-Halbzeitshow war lange ein begehrter Gig. Seitdem die NFL
> politische Proteste abstraft, ist sie nur noch schwer vermittelbar.
Bild: Das waren noch Zeiten: Beyoncé beim Auftritt in der Halbzeitshow 2016
Was man weiß: Die nächste Super Bowl trägt die römische Zahl LIII, weil es
die 53. Auflage des größten Einzelsportereignisses der Welt ist. Sie wird
stattfinden am Sonntag, dem 3. Februar, in Atlanta. Wer im Endspiel der
National Football League (NFL) gegeneinander antritt, das wird am Sonntag
in den Halbfinalpartien Kansas City Chiefs gegen New England Patriots und
New Orleans Saints gegen Los Angeles Rams ausgespielt. Was man noch weiß:
In der Halbzeitpause auftreten werden Maroon 5, Travis Scott und Big Boi.
Das weiß man allerdings erst seit Neuestem. Es gab zwar lange schon
Gerüchte und Spekulationen, wer in diesem Jahr „Halftime Show“, [1][jenes
13 Minuten lange Schaufenster der amerikanischen Unterhaltungsindustrie,]
bestreiten werde, aber erst am vergangenen Sonntag kam die offizielle
Bestätigung durch die NFL.
Normalerweise steht Monate im Voraus fest, wer den obligatorischen
Kulturbeitrag zur Gladiatorenshow leisten darf. Doch diesmal wurde die
Besetzung der Halbzeit-Bespaßung zum Politikum – und zum Problem für die
NFL: Variety und andere Entertainmentmagazine [2][berichteten immer wieder,
dass die umsatzstärkste Profiliga der Welt Schwierigkeiten hatte,] Künstler
zu finden, die bereit waren aufzutreten.
Pink und Rihanna, berichtete die Presse, hätten abgesagt, irgendwann wurde
der Job wie Sauerbier angeboten. Ein historisch einmaliger Vorgang, war die
„Halftime Show“ doch traditionell der begehrteste Gig im Popbusiness,
obwohl die auftretenden Künstler noch nicht einmal eine Gage bekommen. Mehr
als 100 Millionen Fernsehzuschauer allein in den USA, geschätzte 800
Millionen weltweit waren aber selbst für Madonna, Prince, Lady Gaga, U2,
Coldplay, [3][Beyonce,] die Rolling Stones oder Bruce Springsteen ein
schlagendes Argument, einige ihrer Hits zu trällern.
## Erzkonservative NFL
Ein Argument, das diesmal aber offensichtlich nur eine eher farblose Band
wie Maroon 5 überzeugen konnte. Zugegeben, in den USA ist die Combo aus Los
Angeles eine große Nummer mit mehreren Nummer-eins-Hits, aber im Vergleich
zu einem Justin Timberlake, der im vergangenen Jahr dran war, wirkt Sänger
Adam Levine doch eher glamourfrei.
Sich dessen bewusst, waren Maroon 5 in den vergangenen Wochen hinter den
Kulissen auf der Suche nach Co-Stars, die ihnen zur Seite stehen sollten –
und handelten sich ebenfalls eine Abfuhr nach der anderen ein. Mehr als ein
halbes Dutzend Künstler wollten nicht mit Maroon 5 auf die Bühne, darunter
– so spekuliert die Presse – Mary J. Blige, Migos und Andre 3000, eine
Hälfte der aus Atlanta stammenden Lokalheroen Outkast.
Auch Usher und Nicki Minaj, die schon mal bei Halbzeit-Shows dabei waren,
sagten ab. Selbst die Rapperin Cardi B, die noch im vergangenen Jahr auf
dem Maroon-5-Hit „Girls Like You“ als Gaststar erschien, ließ sich nicht
überzeugen. Am Schluss willigten immerhin die zweite Outkast-Hälfte Big Boi
und der Rapper Travis Scott ein. Der aber sagte wohl erst zu, als die NFL
versprach, eine halbe Million Dollar für Sozialprojekte zu spenden.
## Schlechter Ruf durch Kaepernick
Der Grund für die vielen Absagen: Colin Kaepernick. [4][Der seit zwei
Jahren arbeitslose Quarterback ist zum Symbol dafür geworden,] wie rigoros
die erzkonservative NFL politische Meinungsäußerungen ihrer Spieler
sanktioniert. Der ehemalige Star der San Francisco 49ers findet – trotz
offensichtlich ausreichender sportlicher Fähigkeiten – keinen Job in der
NFL mehr, weil er 2016 begonnen hat, während der Nationalhymne zu knien, um
gegen Polizeigewalt gegen Afroamerikaner, Rassismus und soziale
Ungerechtigkeit zu protestieren.
[5][Ein Beispiel, das Schule machte]. Bis die NFL – aus Angst vor ihrem
vorzugsweise weißen und konservativen Publikum und einem über Twitter
pöbelnden Präsidenten – die Proteste verbot.
Deshalb wollen die meisten Popstars nicht in einem Atemzug mit der NFL
genannt werden. „Niemand will mehr mit der NFL assoziert werden“, zitiert
Variety einen Insider und berichtet, dass selbst die Interpretation der
Nationalhymne in Gefahr ist. Während einst Cher, Whitney Houston, Alicia
Keys oder Maria Carey ihren Ruhm mehrten, indem sie das „Star-Spangled
Banner“ mit atemberaubenden Koloraturen versahen, will nun keiner mehr das
„land of the free and home of the brave“ besingen.
15 Jan 2019
## LINKS
[1] /Madonnas-Super-Bowl-Auftritt/!5101343
[2] https://variety.com/2018/music/news/maroon-5-super-bowl-halftime-show-12030…
[3] /Broncos-gewinnen-50-Super-Bowl/!5275582
[4] /Football-Proteste-gegen-Rassismus/!5532602
[5] /American-Football-Liga-NFL/!5338563
## AUTOREN
Thomas Winkler
## TAGS
Colin Kaepernick
Schwerpunkt Rassismus
Protest
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