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# taz.de -- Kolumne American Pie: Moralische Fallhöhe
> Robert Kraft, Eigner der New England Patriots, ist in einen
> Prostitutionsskandal verwickelt. Das ist auch für die NFL verheerend.
Bild: Galt bisher als moralische Instanz: Robert Kraft
Die suspekten Etablissements nennen sich „Massage Parlour“ oder „Day Spa�…
Hunderte dieser als Wellness- und Massage-Salons getarnten Bordelle reihen
sich auf entlang des Highway 1 an der Postkartenküste von Florida. Und der
neuerdings berühmteste Laden liegt in der Kleinstadt Jupiter.
Kein Tag vergeht seit knapp zwei Wochen, dass das dortige „Asia Day Spa“
nicht in den Schlagzeilen auftauchen würde. Der Grund dafür ist
zynischerweise weniger das Ausmaß der Prostitution oder das Netz von
Menschenhändlern, das hinter dem dreckigen Business steht, sondern der
prominenteste Kunde des „Asia Day Spa“ in Jupiter: [1][Robert Kraft].
Denn der ist nicht nur Besitzer der [2][New England Patriots], des
aktuellen Super-Bowl-Siegers. Der 77-jährige Kraft war, bis er von einer
von der Polizei installierten Überwachungskameras zwei Mal beim Bezahlen
für sexuelle Dienstleistungen gefilmt wurde, auch das einflussreichste und
respektierteste Mitglied der Eigentümer-Riege der National Football League
(NFL), die wiederum das umsatzstärkste Sportunternehmen der Welt ist. Kraft
gilt als Schatten-Boss der NFL, mächtiger noch als der nominelle Chef Roger
Goodell.
Seinen Status hatte sich Kraft vor allem auch mit moralischer Autorität
erarbeitet. Kraft unterstützt Dutzende karitative Einrichtungen und
Initiativen, er golft mit Politikern und frühstückt mit TV-Promis. Mehr als
100 Millionen Dollar soll er bislang gespendet haben, er trägt diverse
Ehrendoktorwürden. Die Patriots hat Kraft zur Vorzeige-Franchise der NFL
geformt, ihr beispielloser Erfolg seit zwei Jahrzehnten gründet nicht
zuletzt auf der Stabilität, die ihr Eigentümer garantiert.
## Ein Freund Trumps
Unter den oft zerstrittenen Klubbesitzern gilt Kraft als ausgleichend.
Obwohl er politisch der Demokratischen Partei nahesteht, ist er gut
befreundet mit Präsident Trump. Dass ausgerechnet er, diese zentrale Figur
der NFL, nun der Förderung der Prostitution und des Menschenhandels
verdächtig ist, könnte sich zum noch nicht absehbaren Imageschaden für die
Football-Entertainmentmaschinerie und ihren jährlichen Umsatz von 14
Milliarden Dollar auswachsen.
Am Montag teilte die Staatsanwaltschaft in Florida mit, dass Kraft – als
einer von 25 Beschuldigten – offiziell angeklagt wird. Kraft hatte in einem
Statement bereits erklärt, dass er „kategorisch bestreite“, in illegale
Handlungen verwickelt gewesen zu sein. Eine schwierige Behauptung, denn
Prostitution ist – wie in den meisten US-Bundesstaaten – in Florida
illegal. Der erste Gerichtstermin für Kraft steht vermutlich im April an.
Schwerer allerdings wiegt der Vorwurf des Menschenhandels. Die Polizei
schätzt, dass es mehr als 9.000 dieser illegalen Massagesalons im Land
gibt, in denen vor allem Chinesinnen arbeiten, aber auch Frauen aus Korea,
Thailand und Osteuropa. Sie haben traditionelle Bordelle abgelöst, weil sie
den Anschein von Seriosität erwecken und leichter zugänglich sind – und so
auch die Kleinstädte in der Provinz erobern konnten.
Dahinter steht eine Mafia, die die Frauen ins Land schleust, ihnen die
Pässe abnimmt und ihr Leben kontrolliert. Organisiert wird diese moderne
Form der Sklaverei von einem Netz aus Strohmännern und -frauen, das für die
Polizei schwer zu durchdringen ist. Die eingeschüchterten Frauen, von
Abschiebung bedroht und besorgt um ihre Familien in der Heimat, wollen
meist nicht aussagen. Auch im aktuellen Fall in Florida deutet einiges
darauf hin, dass die Staatsanwaltschaft Probleme hat, den Menschenhandel
nachzuweisen.
## Gespannt auf Reaktionen
Zum Glück für Kraft, der sich noch nicht zu den Vorwürfen geäußert hat. Das
Licht der Öffentlichkeit scheut er derweil nicht. So tauchte er bei
Veranstaltungen im Vorfeld der Oscar-Verleihung auf.
Spannend wird sein, wie die NFL mit dem Sündenfall ihrer moralischen
Instanz umgeht. Jim Irsay, Besitzer der Indianapolis Colts, wurde vor fünf
Jahren für sechs Spiele suspendiert und musste eine halbe Million Dollar
zahlen, weil er unter Drogeneinfluss Auto gefahren war. Kraft wäre nicht
der erste Besitzer, der von der um ihr Image besorgten Liga gezwungen wird,
seinen Klub zu verkaufen.
Im letzten Jahr musste Jerry Richardson die Carolina Panthers aufgeben,
weil er Mitarbeiterinnen sexuell belästigt hatte. Vorstellbar ist aber auch
ein Rückzug von Kraft. In der Vergangenheit hat er immer wieder Kollegen,
am liebsten seinen Antipoden Jerry Jones, den Eigentümer der Dallas
Cowboys, dafür kritisiert, sich „für größer zu halten als die Liga“.
6 Mar 2019
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## AUTOREN
Thomas Winkler
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