# taz.de -- Politische Werbekampagne von Nike: Just do it! | |
> Mit Kaepernick macht Nike eine politische Symbolfigur zum Gesicht ihrer | |
> Kampagne. Gut so! Daran muss sich der Konzern aber messen lassen. | |
Bild: Nikes neue, politische Galionsfigur: US-Footballspieler Colin Kaepernick | |
Jetzt ist also auch Colin Kaepernick cool. Wer vom amerikanischen | |
Sportartikelhersteller Nike zum ersten Werbebotschafter auserwählt wird, | |
kann gar nichts anderes sein. In Fragen von Coolness hat sich Nike in den | |
letzten Jahrzehnten eine gewisse Definitionsmacht erarbeitet. Der populäre | |
Slogan des Konzerns „Just do it“ hat auch aufgrund seiner Dehnbarkeit und | |
Weite eine große, vor allem junge Anhängerschaft gefunden. Sei spontan! | |
Mach einfach! Was auch immer! | |
Anlässlich des 30-jährigen Jubiläums von „Just do it“ hat Nike nun [1][m… | |
dem arbeitslosen Football-Profi Kaepernick ausgerechnet die politische | |
Symbolfigur] des US-Sports zum Gesicht seiner neuen Kampagne auserwählt. | |
Und trotz dieser explizit politischen Wahl, ist die Botschaft, die man | |
Kaepernick nun in den Mund gelegt hat, ebenfalls von einer gewissen | |
Beliebigkeit: „Glaube an etwas. Auch wenn das bedeutet, dass du alles | |
opferst“, twitterte der 30-Jährige den Werbespruch. | |
Andererseits ist der Zeitpunkt dieser Entscheidung alles andere als | |
beliebig und die Wahl von großer politischer Sprengkraft. Am Donnerstag | |
startet die National Football-League (NFL) mit dem Duell von | |
Super-Bowl-Champion Philadelphia Eagles gegen Atlanta Falcons in die | |
Saison. Und die Liga ist angesichts der politischen Proteste gegen | |
Rassismus und Polizeibrutalität, die in der NFL mit Kaepernicks Kniefall | |
und erhobener Faust während der amerikanischen Hymne [2][vor gut zwei | |
Jahren ihren Anfang nahm], gespaltener denn je. | |
US-Präsident Donald Trump fordert mit nicht nachlassendem Engagement den | |
Ausschluss aller Protestler. Die NFL hat den politischen Protest während | |
der Hymne bereits unter Strafe gestellt. Kaepernick wiederum, der als | |
Quarterback keinen Verein mehr findet und gegen die NFL und seine Vereine | |
wegen illegaler Absprachen klagt, hat letzte Woche von einem Schlichter | |
bestätigt bekommen, es gebe Anzeichen für eine derartige Übereinkunft. Die | |
verantwortlichen Funktionäre werden demnächst vorgeladen. | |
Klar geht es um das Image | |
Ist das nicht ein tolles Engagement von Nike? Verdient ein Konzern, der | |
Haltung gegen Rassismus zeigt, nicht die Aufmerksamkeit, nach der er | |
notorisch lechzt? Und beweisen nicht andere Initiativen der Firma die | |
Nachhaltigkeit ihrer gesellschaftlichen Arbeit? Gerade brachte man mit | |
LeBron James, den derzeit besten Basketballer des Planeten, im Rahmen einer | |
Werbetour, die soziale Projekte unterstützt, nach Berlin. Einer, der auch | |
aufgrund seines Engagements für Chancengleichheit und gegen Trumps Politik, | |
für viele zum Vorbild geworden ist. | |
Es wäre naiv, wenn man außer Acht lassen würde, dass Nike bei seinen | |
neuerdings erstaunlich politisch akzentuierten Kampagnen nicht auf einen | |
Imagegewinn schielen würde, der sich monetär auszahlen soll. Das Verdienen | |
an der guten Tat, kann man als berechnende Instrumentalisierung an den | |
Pranger stellen. Man kann aber auch umgekehrt dieses von Nike genutzte | |
Instrument dazu nutzen, um die Haltung des Konzerns auf seine Konsistenz | |
abzuklopfen. | |
Einige Fragen werfen sich da auf. Warum hat Nike etwa seinen | |
Ausrüstervertrag mit der NFL erst im März bis 2028 verlängert? Inwiefern | |
spielten bei den Verhandlungen damals die Causa Kaepernick irgendeine | |
Rolle? Hat man als Geldgeber der NFL gewisse Wünsche angemeldet, | |
Bedingungen formuliert, mögliche Ausstiegsszenarien besprochen? | |
Im Sommer erklärte der Sportartikelhersteller kurz vor der Fußball-WM in | |
Russland, aufgrund der US-Sanktionen gegen den Iran könne das iranische | |
Fußballteam für das Turnier nicht ausgestattet werden. Bei der WM 2014 in | |
Brasilien hatte man in der gleichen Situation allerdings den WM-Teilnehmer | |
ausgestattet. Wie der Konzern eine eigene eindeutige Haltung zum Handel mit | |
fragwürdigen Regimen entwickeln will, könnte man mal erfragen. | |
Angesichts der Werbetour mit LeBron James für sozial Benachteiligte könnte | |
man bei Nike auch nachhaken, wann und wie sie denn ihren Arbeitern in | |
Indonesien fairer begegnen wollen. Und interessant zu erfahren wäre gewiss | |
auch, was das Unternehmen dagegen tun will, dass die Führungspositionen | |
vornehmlich mit Männern besetzt sind. Just do it! | |
4 Sep 2018 | |
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## AUTOREN | |
Johannes Kopp | |
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