| # taz.de -- Schulhöfe auf dem Dach: Wenig Auslauf für Kinder | |
| > Weil Grundstücke viel Geld bringen, werden Pausenhöfe knapp. Das gilt für | |
| > neue Schulen in der Hafencity ebenso wie für alte Standorte wie die | |
| > Max-Brauer-Schule. | |
| Bild: Platz für Tischtennis und Seilspringen wäre schon gut auf einem Schulhof | |
| Hamburg taz | Die Eltern, Schüler und Lehrer der Max-Brauer-Schule, die in | |
| dieser Woche gegen die [1][Verdoppelung ihrer Grundschule protestierten], | |
| mussten sich von der Schulbehörde ein gewichtiges Argument anhören. „Die | |
| Kinder, um die es geht, sind schon geboren“, sagt Sprecher Peter Albrecht. | |
| Klar, die Kinder, die in den neu gebauten Wohnungen im Altonaer Kerngebiet | |
| zur Welt kommen, müssen irgendwo lernen. | |
| Nur es gibt andere Ideen. Der Bezirk Altona hatte der Schulbehörde zuvor | |
| vier Vorschläge für Grundstücke gemacht, wie CDU-Politikerin Kaja Steffens | |
| berichtet. Doch Schulbehörde und die der Finanzbehörde unterstehende | |
| „Schulbau Hamburg“ wählten die sparsamere Variante: Warum Grundstücke | |
| kaufen, wenn man auch den Standort der Max-Brauer-Schule an der Paul | |
| Gerhardt Kirche effektiver nutzen kann? Dort soll die Aula abgerissen und | |
| ein kompaktes fünfstöckigen Gebäudes neu gebaut werden. | |
| Laut Kaja Steffens zieht sich diese Denke wie ein „roter Faden“ durch den | |
| Schulbau in Altona. Der Schulhof des Gymnasiums Allee sei nach einem Zubau | |
| „quasi nicht existent“, die Fläche der Geschwister-Scholl-Schule in Osdorf | |
| wird nach komplettem Neubau empfindlich verkleinert. Und wie die taz im | |
| Frühjahr berichtete, sollen an der [2][Königstraße] auf einer Fläche, die | |
| bisher für eine Schule reichte, zwei Gymnasien und eine Grundschule | |
| entstehen. | |
| Die neue Stadtteilschule Mitte Altona soll zu ebener Erde gar nur einen | |
| schmalen 1.100-Quadratmeter-Streifen als eigenen Schulhof haben und 3.000 | |
| Quadratmeter im unmittelbar angrenzenden Park, die sie tagsüber exklusiv | |
| nutzen darf, wie die Finanzbehörde mitteilt. Hinzu kommen 2.500 | |
| Quadratmeter Schulhof hoch oben auf dem Dach des würfelförmigen | |
| fünfstöckigen Gebäudes, das einmal rund tausend Schüler beherbergen soll. | |
| ## Auf dem Dach-Schulhof zieht es | |
| Es gibt keine Schulentwicklungsplanung mehr, die Bezirke und Schulgremien | |
| einbindet. Wo, wie, was in Hamburgs Schulen um- oder angebaut wird, | |
| entscheiden die Schulbehörde und „Schulbau Hamburg“. Maßgeblich dabei ist | |
| ein „Musterflächenprogramm“, dass Schulen sogar zur Aufgabe von Flächen | |
| drängt. | |
| Auf die Spitze getrieben wird der staatliche Geiz mit Schulfläche zu ebener | |
| Erde in der Hafen-City. Schon im Sommer 2009 eröffnete am Dalmankai die | |
| Katharinenschule, kompakt und würfelförmig und Hamburgs erste Schule mit | |
| Pausenhof auf dem Dach – sehr hübsch mit Sonnenschutzsegeln, Spielgeräten | |
| und bunten, farbigem Belag. Zu ebener Erde gibt es als Schulhof lediglich | |
| ein schmales Fußballfeld, eingezwängt zwischen Schule und benachbartem | |
| Glasbau. | |
| Peter Albrecht sagt, nach Auskunft der Schulleiterin gibt es dort „gute | |
| Erfahrungen“ mit dem Dach-Schulhof. Das schildert die Elternratsvorsitzende | |
| Anja Kaufmann anders. „Es zieht da sehr, so dass die Kinder da ungern | |
| sind“, sagt sie. Der Schulhof sei „sehr eng, und bei schlechtem Wetter | |
| manchmal geschlossen“. | |
| Auch müssten sich die Kinder immer festlegen, ob sie zur Pause nach oben | |
| oder unten gehen. Und im Nachmittagsbetrieb, wenn ein freier Träger die | |
| Betreuung übernimmt, gingen sie schon mal in den daneben liegenden | |
| Sandtorpark. „Wenn dann ein Kind läuft, heißt es, alle müssen rein“, | |
| berichtet die Mutter. Auch über Belästigungen durch fotografierende | |
| Touristen oder Hunde hätten Eltern sich schon beschwert. „Für Kinder ist | |
| ein großer Schulhof für alle besser“, sagt die Elternvertreterin. | |
| Um so enttäuschter war sie, als Ende März die ersten Pläne für die | |
| weiterführende Schule, den „Schulcampus Lohsepark“ vorgestellt wurden. | |
| Ursprünglich war das „Baufeld 77“ der Hafen-City als Gemeinbedarf für | |
| Schulbau reserviert, immerhin ganze 11.300 Quadratmeter. Doch schon in der | |
| Ausschreibung hieß es, die Architekten sollten „prüfen“, ob abweichend vom | |
| Bebauungsplanentwurf auch Wohnungsbau „stimmig berücksichtigt“ werden | |
| könne. Ein Entwurf, der auch gewann, nahm gar die Hälfte des Platzes für | |
| Wohnungsbau weg. | |
| ## Eine dunkle Schlucht | |
| Die Planer teilten das Gelände und wiesen der künftigen Schule, die über | |
| 1.500 Schüler haben wird, nur rund 2.000 Quadratmeter ebenerdigen Schulhof | |
| zu – eine dunkle Schlucht, wie ein Modell zeigt. Die übrigen | |
| Schulhofflächen sollten auf dem Dach und teils sogar auf Balkonen | |
| unterkommen. „Für den Schulalltag ist das wenig tauglich“, sagt Anja | |
| Kaufmann. | |
| Im Gegenzug gründete sich die „Initiative Schulcampus Lohsepark“, die | |
| Politiker einlud, sich einmischte, Transparenz und Beteiligung forderte, | |
| und vor allem einen richtigen Schulhof. „Wir wollen 6.000 Quadratmeter | |
| ebenerdig“, sagt Initiativen-Mitglied Jochen Blauel. Auch für den Austausch | |
| mit dem Stadtteil sei dies wichtig, denn es gebe ein „Recht auf Weite“ in | |
| der verdichteten Stadt. „Ein Schulhof auf dem Dach ist nachmittags | |
| verschlossen.“ Hinzu kommt, dass der Wohnblock die Sicht auf das Mahnmal | |
| für den Hannoverschen Bahnhof verdecken würde. | |
| Als sich die Initiative mit Schulsenator Ties Rabe (SPD) traf, soll dieser | |
| eine Bedingung dafür genannt haben, dass er sie an den Planungen beteiligt. | |
| „Wir sollen akzeptieren, dass rund die Hälfte der Schulhoffläche auf dem | |
| Gebäudedach platziert wird“, heißt es auf der Ini-[3][Homepage]. So sieht | |
| es eine überarbeitete Version der Flächenaufteilung vor, die den | |
| Wohnungsbau etwas abspeckte. | |
| Dazu gefragt, sagt Rabes Sprecher Albrecht: „Wir sind in guten Gesprächen | |
| mit der Initiative und haben den Eindruck, dass wir uns auf einen | |
| gemeinsamen Weg machen können.“ Die Gruppe bleibt bei ihrer Haltung. „Wir | |
| halten es für einen Fehler, einen Schulhof auf dem Dach zu platzieren“, | |
| sagt Blauel. | |
| Nur ein paar Hundert Meter weiter südlich am Baakenhafen soll im nächsten | |
| Jahr übrigens die zweite Grundschule der Hafen-City entstehen. Laut | |
| Finanzbehörde sind für die vierzügige Schule mit knapp 400 Kindern | |
| insgesamt 1.606 Quadratmeter Pausenhof vorgesehen – davon nur 664 zu ebener | |
| Erde und 942 Quadratmeter auf dem Dach. | |
| 22 Dec 2018 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Steigende-Schuelerzahlen-in-Hamburg/!5556665 | |
| [2] /Not-Quartier-fuer-neues-Gymnasium/!5494387 | |
| [3] https://schulcampus-lohsepark.de/ | |
| ## AUTOREN | |
| Kaija Kutter | |
| ## TAGS | |
| Stadtplanung | |
| Schule | |
| Hafencity | |
| Grundschule | |
| Gymnasium | |
| Schulbehörde Hamburg | |
| Eimsbüttel | |
| Hamburg | |
| Inklusion | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Schulentwicklungsplanung in Hamburg: Streit um dritte Schulform | |
| Rabes Schulplan sieht zehn „Campus-Schulen“ vor mit Stadteilschule und | |
| Gymnasium unter einem Dach. Kritiker sehen darin Angriff auf die übrigen | |
| Stadtteilschulen | |
| Hamburgs neuer Schulentwicklungsplan: Platz für die Kleinen | |
| Mit Neubauten und Vergrößerungen von Schulen will Hamburgs Schulsenator | |
| Ties Rabe auf die wachsenden Schüler*innenzahlen reagieren. | |
| Steigende Schülerzahlen in Hamburg: Schulen zum Wachstum verdammt | |
| Wegen steigender Schülerzahlen sollen Grundschulen in Altona stark wachsen. | |
| Eltern, Schüler und Personalrat der Max-Brauer-Schule wehren sich dagegen. | |
| Not-Quartier für neues Gymnasium: Wenn Scholz Schule macht | |
| Weil sich der Schulbau um Jahre verzögert, muss das neue | |
| Struensee-Gymnasium in ein ungeeignetes Quartier ausweichen. Olaf Scholz | |
| hatte in die Planung gefunkt. | |
| Sparpolitik durch Musterprogramm: Senat geizt mit Schulräumen | |
| Inklusions-Schule Moorflagen muss Klassenhaus abgeben, weil auf dem Papier | |
| zu viel Platz ist. Der werde aber für die behinderten Kinder gebraucht, | |
| sagt der Elternrat |