# taz.de -- 49 Geflüchtete im Mittelmeer gerettet: Hängengelassen auf hoher S… | |
> Zwei Schiffe mit deutscher Besatzung retten Geflüchtete im Mittelmeer – | |
> finden bisher aber keinen sicheren Hafen. Und die Bundesregierung mauert. | |
Bild: Menschen retten ist das eine – irgendwo anlegen zu dürfen, das andere | |
BERLIN taz | Es waren dramatische Rettungseinsätze, [1][mal wieder]. Vor | |
neun Tagen schon rettete die deutsche Hilfsorganisation Sea-Watch 32 | |
Geflüchtete aus dem Mittelmeer. Am Samstag nun nahm auch das Schiff des | |
Regensburger Hilfsvereins Sea-Eye nach eigenen Angaben 17 Menschen auf. | |
Beide Boote dümpeln seitdem im Meer – weil ihnen bisher alle Häfen die | |
Einfahrt verweigern. Und auch die Bundesregierung mauert. | |
Von einer „Farce“ [2][spricht Sea-Watch-Sprecher Ruben Neugebauer] am | |
Sonntag. „Wir brauchen zwingend eine Lösung noch bis zum Jahresende“, sagte | |
er der taz. Das Sea-Watch-Schiff befinde sich momentan südlich von Malta. | |
Unter den Geretteten seien vier Frauen, drei Minderjährige, zwei | |
Kleinkinder und ein Baby. Weihnachten mussten diese bereits mit der Crew an | |
Bord feiern. Die Ungeduld der Geflüchteten steige, so Neugebauer. Auch die | |
Essensvorräte gingen zur Neige. Und für die kommenden Tage seien Stürme | |
vorhergesagt. „Wir brauchen dringend einen Hafen.“ | |
Mehrere deutsche Städte und Länder erklärten sich inzwischen bereit, die | |
Geretteten aufzunehmen – zuletzt am Sonntag Schleswig-Holstein. „Wir werden | |
unserer gesamtstaatlichen Verantwortung selbstverständlich gerecht werden“, | |
sagte Innenminister Hans-Joachim Grote (CDU) der taz zum Fall der beiden | |
Schiffe. Auch Berlins Bürgermeister Michael Müller (SPD) erklärte, man habe | |
dem Bundesinnenministerium die Bereitschaft erklärt, aus humanitären | |
Gründen einen Teil der Geflüchteten aufzunehmen. | |
Die Bundesregierung indes zögert. Man setze sich für eine „rasche Lösung“ | |
ein, sagte am Sonntag ein Sprecher von Bundesinnenminister Horst Seehofer | |
(CSU). Diese müsse allerdings „im Rahmen der gemeinsamen europäischen | |
Verantwortung und Solidarität“ gefunden werden. Es brauche eine | |
„ausgewogene Verteilung der Geretteten auf verschiedene | |
EU-Mitgliedstaaten“, so der Sprecher. Deutschland habe sich bereiterklärt, | |
seinen Beitrag zu leisten. | |
Schon zuvor hatte das Ministerium darauf verwiesen, dass in diesem Jahr | |
bereits 115 aus Seenot Gerettete in Deutschland aufgenommen wurden. Auch | |
aus dem Auswärtigen Amt hieß es, die Aufnahme der Geflüchteten sei „eine | |
Frage der gemeinsamen europäischen Verantwortung“. Hierzu stehe man in | |
Abstimmung mit europäischen Partnern. | |
Sea-Watch-Sprecher Neugebauer nennt die Argumentation „absurd“. Länder wie | |
Italien und Spanien hätten weit mehr Gerettete aus dem Mittelmeer | |
aufgenommen als Deutschland. „Und hierzulande gibt es so viele Orte, die | |
für eine Aufnahme bereitstehen. Es ist völlig unverständlich, warum sich | |
das Innenministerium so querstellt.“ Neugebauer kritisierte auch die EU: | |
Dort müsse man endlich eine Lösung finden, damit sich solche „politischen | |
Schwebezustände“ nicht ständig wiederholten. Die derzeitige Abweisung der | |
Verantwortung sei ein „Akt der Unmenschlichkeit“. | |
Auch die Crew der Sea-Eye, [3][die auf dem früheren Forschungsschiff] | |
„Professor Albrecht Penck“ unter deutscher Flagge fährt, appellierte an die | |
Bundesregierung. „Wir setzen auf die Unterstützung des Auswärtigen Amtes“, | |
erklärte Sprecher Gorden Isler. Die 17 Geborgenen, darunter zwei in | |
„kritischem Zustand“, habe man von einem überladenen Fischerboot gerettet. | |
Die Afrikaner hätten von Folter, Menschenhandel und willkürlicher Gewalt | |
berichtet. | |
Eine Aufforderung der Seenotleitstellen in Rom und Bremen, die Geretteten | |
[4][der libyschen Navy Coast Guard] zu übergeben, habe man „klar | |
abgelehnt“, so Missionsleiter Jan Ribbeck. Dies wäre ein Verstoß gegen die | |
Genfer Flüchtlingskonvention gewesen. Nötig sei nun ein Ort, an dem den | |
Aufgenommenen keine weiteren Repressalien drohten und sie ein Obdach | |
erhielten. | |
31 Dec 2018 | |
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## AUTOREN | |
Konrad Litschko | |
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