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# taz.de -- Vorausschauender Jahresrückblick Bremen: Der Kampf um Bremen
> 2019 warten schwere Prüfungen auf Bremen. Den Krieg mit Niedersachsen
> wird das Land aber selbst vom Zaun gebrochen haben.
Bild: Erst die Wurst, dann die Zeitung: taz-Vertriebsleiter am Beginn seines Ar…
## Januar
Neujahr, 0.00 Uhr: Es regnet. Mit dem Glockenläuten setzt über Bremen ein
Starkregen ein, der jeden Gedanken, einen Böller zu zünden, im Keim
ersäuft.
2. Der Regen hört nicht auf. Zwar handelt es sich seit dem Rückgang von 40
auf 10 Liter pro Quadratmeter laut Deutschem Wetterdienst nur um einen
schwachen Starkregen, dafür aber um einen außergewöhnlich langen.
3. Rekordverdächtig lang.
19. Auf der linken Weserseite zeitigt der fortwährende Niederschlag Spuren
an der Flora: Ein schwarzgeäderter rosa-weißer Belag breitet sich über 27
Platanen aus, an einigen hat das Wasser das Wurzelwerk freigespült.
20. In der Nacht stürzt eine Platane auf dem St.-Pauli-Deich in die kleine
Weser und reißt einen Teil der Außenböschung mit. Umweltsenator Joachim
Lohse versucht, zur Schadensbegutachtung persönlich an die Unglücksstelle
zu rudern, wird daran aber von Protestierenden gehindert, die versuchen,
sein Boot zu versenken. Angestachelt hat sie ein Youtube-Video, in dem
Anwohner Gert erklärt, er fürchte ja, dass „dieser Baummörder die Platane
selbst mit Massaria beimpft“ habe. „Neulich war sie noch kerngesund.“ Der
Clip mit dem Titel „Hände weg von unseren Toten!“ wird 314.141mal geteilt.
25. Nachdem mittlerweile sämtliche Neustadt-Platanen von einem dichten
Schimmelpelz überwuchert sind, bezeichnet Umweltsenator Lohse den Zustand
der Bäume als „ernst“. Bei der Erkrankung handele es sich „nach derzeiti…
Erkenntnissen um eine Mutation des Splanchnonema platani mit dem
sogenannten Gießkannenschimmel, also Aspergillus fumigatus“. Er rate
dringend ab, unter den „Bäumen einzuatmen oder gar spazieren zu gehen“.
26. Die Bürger-Ini „Platanen am Deich“ nennt auf einer
„Gegenpressekonferenz unterm Blätterdach“ die Senatsdarstellung „komplett
falsch“. Der Besatz der Bäume sei „erstens schön, zweitens eine natürlic…
Reaktion und diene drittens der Deichsicherheit, wie ein beim Institut für
Astro-Mykologie in Pisco Elqui bestelltes Gutachten beweise, weil diese
Pilze „hart wie Beton“ werden, „sobald der Regen aufhört“.
## Februar
4. Im Bild-Interview mit der Schlagzeile „Diese Hiller ist so Chiller“
erklärt Staatsrätin Ulrike Hiller, sie könne, ohne morgens einen Joint
durchzuziehen, ihre viele Arbeit gar nicht erledigen. „Dass wir bei der
Legalisierung nicht weitergekommen sind in dieser Legislatur, ist sehr
schade.“
5. Der SPD-Ortsverein Findorff beantragt den Parteiausschluss von Ulrike
Hiller wegen parteischädigender Äußerungen. Die kommt der Maßnahme durch
Abspaltung einer U-Dopea-SPD jedoch zuvor.
## März
13. Lea Schweckendiek, Junggrüne mit privilegiertem Listenplatz, bestätigt
im Gespräch mit „buten un binnen“, dass sie den Posten als Innensenatorin
nicht uncool fände. „Schon allein, weil es noch nie eine Innensenatorin
gab“, sagt sie, „und momentan deutschlandweit alle Innenressorts Männer
haben.“ Die Frage nach ihrer Kompetenz komme ihr „angesichts des Outputs
anderer Innenminister, die auch nur beim Märklin-Eisenbahnfahren richtig
den Überblick behalten, zwar etwas sexistisch“ vor, aber klar sei nun mal:
„Wer ein Praktikum bei der taz.bremen absolviert hat, ist regierungsreif.“
14. Hermann Kuhn teilt per E-Mail mit, dass er „unter den gegebenen
Bedingungen keinen Grünen-Wahlkampf in Bremen“ führen könne. „Ich lege m…
Amt nieder.“
16. Die verbliebene alleinige Grünen-Chefin Alexandra Werwath räumt im
Weser Report ein, dass sich „die Dinge da nicht ganz wie vorgesehen
entwickelt haben“.
## April
17. Von der britischen Küstenwache wird der Bremerhavener Fischtrawler Jan
Maria am Devil’s Hole wegen Wilderei aufgebracht.
## Mai
26. Obwohl die Bremer AfD seit Januar Parteiausschlussverfahren gegen fünf
ihrer Kandidaten auf den ersten zehn Listenplätzen und sonst keinen
Wahlkampf betreibt, wird sie mit 33,1 Prozent stärkste Kraft in Bremen, die
Freien Wähler mit Olaf Dinné landen mit 10 Prozent einen Achtungserfolg.
Die Koalitionsverhandlungen sind schneller beendet als die Auszählung der
Stimmen, Frank Magnitz wird Präsident des rein männlichen Senats, Olaf
Dinné als Senator für Bäume und Ziegen sein Stellvertreter. Innensenator
Hans-Georg Maaßen verbietet in einer ersten Amtshandlung Die Grünen und Die
Linke. „Weil das Parteiverbot eine ernste Angelegenheit ist, lege ich es
der Bürgerschaft zur namentlichen Abstimmung vor“, so der frühere
Verfassungsschutzpräsident. Der SPD-Abgeordnete enthält sich, sehr zum
Ärger von Maaßen: „Für diesmal lassen wir noch Gnade vor Recht ergehen“,
macht er ihm klar, „aber wir schauen uns das genau an, was Ihre Partei noch
auf dem Kerbholz hat.“ Die Mitgliederlisten von Links- und Grünenpartei
werden beschlagnahmt. Es kommt zu nächtlichen Verhaftungsaktionen
## Juni
10. Auf den Marktplätzen von Bremen und Bremerhaven werden Lehrerpranger
errichtet. Schüler*innen müssen dort einmal wöchentlich die Pädagog*innen
anspucken „um die zarten Seelen der Kinder von der falschen Bildung zu
entlasten, die ihnen eingeflößt wird“, erklärt Marvin Mergard, als Senator
für Nationalkultus und gegen politische Korrektheit und verkopfte Kultur
zuständig für die Maßnahme, dem Weser-Kurier. Nachdem sich abzeichnet, dass
sowohl Lehrer*innen als auch fast alle Schüler*innen die Pranger-Tage durch
Krankmeldung umgehen, wird die Aktion gestoppt.
14. Baumsenator Dinné startet sein Soforthilfeprogramm 1.000 Platanen für
Bremen. In Übereinkunft mit Senator Maaßen zum Staatsschutz und zur
Abschreckung wird an jeden neugepflanzten Baum ein Grünen- oder
Linksparteimitglied gebunden.
## Juli
12. Weil die taz in Bremen nur noch klandestin vertrieben werden darf,
schließt sie eine geheime Vereinbarung mit Wurstwaren Könecke, deren
Wursttransporter die Zeitungspakete nun als Beiladung in Delmenhorst
aufnehmen und an speziellen Plätzen heimlich ablegen. Zwar bleibt der Deal
geheim, aber die Redaktion erreichen bald Beschwerden wegen des „fiesen
Fleischgeruchs“ der Zeitung.
## August
2. Der Krieg beginnt mit einem Überraschungsangriff: Hagen im Bremischen
wird in der Nacht von der Bemer Reichsbürgerwehr überrannt und umgehend zum
Protektorat ernannt. Protektor Jürgewitz bestimmt ein Gebäude im Bremer
Kamp zum Amtssitz, das auf Kosten des Landes ausgebaut wird. Als die
Nachbarhäuser aus Sicherheitsgründen geräumt werden, kommt es zu Opfern,
deren Zahl nicht genannt wird.
7. Bei einer eilends einberufenen Sondersitzung berät der Bundestag über
„die Möglichkeit des Einsatzes der Bundeswehr im niedersächsisch-bremischen
Konflikt“. Die AfD im Bundestag distanziert sich von der AfD in Bremen,
zeigt aber Verständnis und fordert Respekt für sie ein. „Wir alle kennen
nicht die besonderen Umstände, die in Bremen zum Handeln zwingen mögen und
ein wehrhaftes Eintreten fürs Beenden der Kleinstaaterei geboten scheinen
lassen“, so Alexander Gauland. Der Warenverkehr nach Bremen kommt zum
Erliegen, auch Wurst und taz werden knapp.
14. Kurz vor Ende der Bundesliga-Sommerpause gibt Werder bekannt, aus
Protest gegen den AfD-Senat Bremen zu verlassen und sich in Bremen
(Illinois) neu zu gründen.
## September
3. Beim Vormarsch auf Bremen schießt die Bundeswehr in Folge eines
Kommunikationsfehlers das Teufelsmoor in Brand. Die Truppe steckt fest.
19. Das Denkmal für Captain Flubber wird am Jahrestag seines Suizids
eingeweiht. Es bildet seinen muskulösen Körper in supranaturalistischer
Manier in 32 Tonnen rosa Marmor nach, um den herum viele Hände mit vielen
Messern drohen. „Dass die Migranten, die ihn getötet haben, bei der Tat
leibhaft nicht selbst Hand anlegten, ändert nichts an ihrer Präsenz in
seinem Da-sein als permanente Angst vor des Volkes schleichendem Tode, sei
es durch Entartung, sei es – wie in diesem Fall – durch tödliche Horden von
Messermännern, die seine Hände führten“, findet AfD-Parteiphilosoph Marc
Jongen schöne Worte zur Enthüllung der Plastik.
## Oktober
2. Olaf Dinné wird aus dem Senat entfernt, weil er die an die Platanen
gebundene ideologische Elemente gefüttert hat. Zur Strafe wird er selbst an
eine Platane gebunden.
18. Via Twitter kündigt @realDonaldTrump an, am nächsten Tag um 12 Uhr
Bremen zu besuchen, weshalb der Senat am Samstag am Airport auf die Ankunft
der Airforce One wartet – vergeblich: Trump eröffnet nur das diesjährige
Towne Festival in Bremen, Georgia.
## November
4. Beim Versuch, von der linken Weserseite her Bremen zu attackieren, hatte
die Bundeswehr ein dort ansässiges Wolfsrudel so weiträumig umfahren, dass
sie erst jetzt auf Schussweite an die Stadt herankommt. Der
Oberbefehlshaber erkennt jedoch prompt, dass ein Angriff gegen die Haager
Konvention verstieße und befiehlt unverzüglich den Rückzug
30. Auf die Frage eines Reporters, ob es bereits 50 Hungerstote in Bremen
gibt, antwortet Senatsführer Magnitz: „Eher knalle ich die Leute selbst ab,
als sie vor Hunger sterben zu lassen.“
## Dezember
31. Das Zentrum für Information der Bundeswehr hat einen Schlachtplan für
Bremen entwickelt, der sich erst jetzt umsetzen lässt: Rund um die
Landeshauptstadt sind 2.000 80-Zoll-Lautsprecher aufgebaut, aus denen die
Übertragung der Neujahrsansprache der neuen Bundeskanzlerin Annegret
Kramp-Karrenbauer (CDU) ertönt. Und tatsächlich: Die von der verhassten
Stimme aufgeschreckten AfD-Bonzen taumeln aus ihren Häusern, wanken durch
die Straßen und ersticken meist beim Versuch „Annegret Krampp-Karrenbauer
muss weg!“ zu skandieren. Die Übrigen stellen sich still in die Ecke und
sagen: „Ich tu’s doch auch nie wieder, Mutti!“ Und fangen an, hemmungslos
zu weinen.
30 Dec 2018
## AUTOREN
Jean-Philipp Baeck
Gareth Joswig
Benno Schirrmeister
Simone Schnase
Jan Zier
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