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# taz.de -- Löschschaum in der Ochtum: Vergiftete Fische
> Durch Löschschaum vom Bremer Flughafen ist die Ochtum so belastet, dass
> vor dem Verzehr der Fische aus dem Fluss gewarnt wird.
Bild: Vermutlich unbedenklich waren diese Brassen, die Luis Egidio Meléndez im…
Bremen taz | Jahrzehntelang verwendete der Bremer Flughafen bei
Feuerwehrübungen einen [1][Löschschaum mit einem giftigen Fluortensid], dem
Stoff Perfluoroctansulfonat (PFOS). Durch Regenwasser gelangte der Stoff in
die Ochtum, einen Nebenfluss der Weser. Die schwerwiegenden Folgen eines
sorglosen Umgangs mit dem Gift, sie belasten Anwohner, Flughafenbetreiber,
Behörden und nicht zuletzt auch Tiere und Pflanzen.
Vor zwei Jahren wies der Flughafen erstmals auf das Problem hin. Bei
Routinekontrollen wurde die PFOS-Kontaminierung entdeckt. Zu diesem
Zeitpunkt verwendete die Flughafenfeuerwehr das riskante Mittel schon seit
2003 nicht mehr, sondern Wasser und alternative Löschmittel, die allerdings
Fluortenside enthalten, [2][die laut Umweltbundesamt ebenso schädlich sein
können].
Nachdem der Flughafen Alarm geschlagen hatte, entnahm die Bremer
Umweltbehörde Proben und fand eine hohe Konzentration im Wasser. Vor
wenigen Tagen [3][veröffentlichte das niedersächsische
Verbraucherschutzministerium eine Untersuchung] von Fischen aus der Ochtum
und aus ihrem Nebenfluss Grollander Ochtum. Das Ergebnis: Im Muskelfleisch
von Aalen, Brassen, Rotaugen und Flussbarschen wurde eine hohe Belastung
mit PFOS-Rückständen nachgewiesen.
Die Chemikalie baut sich in der Natur nur sehr langsam ab und lagert sich
in Tieren und Pflanzen ab. Seit 2011 ist die Verwendung von PFOS wegen
seiner Schädlichkeit offiziell verboten, aufgrund der jahrelangen
Verwendung in der Industrie findet es sich jedoch in vielen Gewässern. Bei
Menschen schädigt PFOS die Fortpflanzung und steht im Verdacht,
Leberschäden und Krebs zu verursachen.
Seit Bekanntwerden der Kontamination warnen Bremens Umweltbehörde und das
niedersächsische Verbraucherschutzministerium vor dem Verzehr von Fischen
aus allen niedersächsischen Teilen der Ochtum, da die Fische sich entlang
des Flusses bewegen. Landwirte sollten ihr Vieh von den Kanälen fernhalten
und Gärtner, die ihre Pflanzen mit dem Flusswasser gießen, auf den Verzehr
des Gemüses verzichten. Die Selbstversorger müssen auf Grundwasser
umsteigen, das nicht belastet ist: Proben an der Grollander Ochtum hätten
keine Überschreitung der Grenzwerte für die fragliche Stoffgruppe ergeben,
heißt es bei der Umweltbehörde.
Der Deichverband am linken Weserufer, der die Wasserstände reguliert,
leitet als Sofortmaßnahme möglichst wenig belastetes Wasser in die
Seitengräben. „Wir haben die Entnahmemenge an der Grollander Ochtum
verringert“, sagt Geschäftsführer Michael Dierks. Wegen der Dürre stehe der
Verband jedoch vor einem Dilemma: Die Wasserstände sind viel zu niedrig.
Ohne die Einleitung von kontaminiertem Wasser geht es nicht, sonst würden
die Biotope in den Nebenkanälen austrocknen.
Wirklich gelöst werden kann das Problem nur durch eine grundlegende
Reinigung des Flughafengeländes. Dies stelle sich komplexer dar als
zunächst angenommen, sagt die Flughafensprecherin Andrea Hartmann. Mit der
Sanierung soll aber Ende des Jahres begonnen werden. Die Maßnahmen befänden
sich in der Endabstimmung, sagt auch Johannes Budde vom Senator für Umwelt,
Bau und Verkehr.
## Langwierige Sanierung
Die Sanierung wird teuer und langwierig. Vier Millionen Euro plant die
Betreibergesellschaft ein, die komplett der Hansestadt Bremen gehört. Über
Brunnen wird das Wasser aus dem Boden geholt, durch ein Filtersystem mit
Aktivkohle und Sand geschleust und über die bestehende Entwässerungsanlage
abgeleitet. „Bis zum Ende des Jahres wird der Flughafen auch ein Konzept
vorlegen, wie das anfallende belastete Drainagewasser behandelt werden
kann, um einen weiteren Eintrag in die Grollander Ochtum zu minimieren“, so
Budde.
Wie lange die in der Ochtum lebenden Fische noch belastet sind, ist unklar.
Weniger als eine Dekade, hofft Dierks vom Deichverband – wenn die Sanierung
angelaufen ist. Auch die Folgen für die Flora und Fauna an der Ochtum sind
noch nicht abschätzbar, sagt Birgit Olbricht vom Naturschutzbund Bremen.
Zwar gebe es keine direkten Effekte wie tote Fische, viele Auswirkungen
seien aber nicht offensichtlich. „Was heißt das für Bodenlebewesen, für
Insekten? Eigentlich müsste man eine Studie machen“, findet Olbricht.
Die Umweltbehörde schlägt hingegen beruhigende Töne an. Die
PFOS-Konzentrationen lägen deutlich unterhalb der Norm zum Schutz von
Wasserorganismen, so Budde. Derweil setzt die Bremer Flughafenfeuerwehr im
Ernstfall weiterhin auf zugelassene PFOA-haltige Mittel, die erst ab 2020
durch eine EU-Richtlinie eingeschränkt werden. Alternativen, die komplett
frei von Fluortensiden sind, existieren noch nicht.
30 Jul 2019
## LINKS
[1] /!239652/
[2] https://www.umweltbundesamt.de/themen/eu-verbietet-pfoa
[3] https://webcache.googleusercontent.com/search?q=cache%3AHgC5L3ul17gJ%3Ahttp…
## AUTOREN
Elisabeth Nöfer
## TAGS
Ochtum
Fische
Gift
Flughafen
Umweltbelastung
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Bremen
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