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# taz.de -- Sozialpolitik für arme Quartiere: Suppenküche soll sich jetzt ren…
> Hamburg streicht das Geld für Jobs der „Sozialen Teilhabe“. Bisher
> geförderte Projekte, in denen ehemalige Langzeitarbeitslose arbeiten,
> müssen selbst Geld einspielen.
Bild: Auch eine Form von Teilhabe: Abwechslung auf dem Speiseplan ist wichtig f…
Hamburg taz | Donnerstag gab es Rotbarschfilet mit Kartoffelsalat, am
Freitag feine Bratwurst mit Gemüse-Gratin. Dazu immer Salat und Dessert.
Gespeist wird im „Pottkieker“ im großen und kleinen Saal auf Stühlen mit
rotem Samt, die das „Vier Jahreszeiten“ spendierte. Eine Mahlzeit in der
Stadteilküche in Dulsberg kostet für Bedürftige nur drei Euro.
Der Pottkieker ist eines jener Dutzend Projekte in ärmeren Vierteln, die
laut rot-grünem Koalitionsvertrag zwar wichtig sind, nun aber zum
wiederholten Mal in Gefahr geraten, weil die Politik Fördermodalitäten
ändert. In der Küche, die täglich bis zu 240 Portionen kocht und auch
umliegende Kirchen beliefert, arbeiten zwölf frühere Langzeitarbeitslose.
Sie erhalten ein Gehalt auf Mindestlohnbasis nach dem Programm „Soziale
Teilhabe“. Das zahlte der Bund. Die Stadt Hamburg gab pauschal 400 Euro pro
Platz dazu – als Ko-Finanzierung. Ab dem 1. Januar ist damit Schluss. Im
Haushaltsplan 2019 fehlen die 1,5 Millionen Euro, die es stadtweit für rund
300 „Soziale Teilhabe“-Plätze in solchen Projekten gab. In Billstedt und
Horn wurden so zum Beispiel ein Familienrestaurant, ein Sozialkaufhaus und
Seniorenbegleiter finanziert. Im Hochhausviertel Kirchdorf wurde ein
Stadtteiltreff so gestützt und in Steilshoop ein Tierhaus sowie ein
Naturlehrpfad für die Kinder der Großsiedlung.
Die Bundesregierung setzt das Programm „Soziale Teilhabe“ zum 1. Januar neu
auf. Es gibt die Maßnahme unter neuen Bedingungen, unter einem neuen
Paragrafen. Noch nicht beantwortet ist die Frage, wie der ausgelegt werden
wird.
Die Hamburger Sozialbehörde spricht euphorisch von einem
„Paradigmenwechsel“. Anders als bisher wolle die Regierung die Teilhabe der
Menschen „in einem Wirtschaftsbetrieb“ ermöglichen“, schreibt sie in ein…
Stellungnahme. Das Interesse bei Pflegediensten, Garten- und
Reinigungsbetrieben sei „hoch“. Das bisherige Programm laufe deshalb aus.
Die Träger müssten sich auf die neuen Bedingungen einstellen. Sprich: Sie
müssen Einnahmen erzielen. Zitiert wird noch das Beispiel des Restaurants
der „Rathaus Passage“, wo das mit den Einnahmen ja schon gelungen sei.
## Alte Möbel und Brillen für Bedürftige
„Rentabilität zu erreichen, ist für den Pottkieker nicht realistisch“, sa…
Carmen Krüger. Im Stadtteil Dulsberg lebten viele Menschen in Altersarmut.
„Das Essen kann nicht 4,50 Euro kosten und wir können hier keine Preise wie
bei Hagenbeck nehmen“, sagt auch Petra Lafferentz vom Träger „Alraune“,
der das Tierhaus betreibt.
Bleibe das Geld weg, müsse man wohl auf zwei Fahrer verzichten, sagt auch
Uwe Emmenthal von „Nutzmüll“, der mit elf Mitarbeitern der „Sozialen
Teilhabe“ alte Möbel, Räder, Computer, Kleidung und Brillen sammelt und an
Bedürftige verteilt. „Rentabilität zu erreichen, ist nicht sehr
realistisch“, sagt auch Peter Bakker vom Träger „Sprungbrett“, der in
Bergedorf eine Kleiderkammer betreibt.
Gefragt, ob es stimmt, dass die Sozialbehörde für 2019 gar keine Mittel für
besagte Ko-Finanzierung beantragt hat, sagt Sprecher Oliver Klessmann: „Ja,
denn die Struktur der neuen Förderinstrumente unterscheidet sich
grundsätzlich von den bisherigen Fördermöglichkeiten“. Es gebe „keine
Grundlage“ dafür. Dem hält Lafferentz entgegen, dass das neue Gesetz eine
Übernahme von alten Teilnehmern des Programms ausdrücklich vorsehe. Auch
richten die Stadtstaaten Bremen und Berlin weiter eine Ko-Finazierung ein.
„Es ist eine Frage des politischen Willens“, sagt Lafferentz.
## Linke fordert Übernahme-Garantie für alle Teilnehmer
Die Frage ist, was nun zum Jahresende passiert? Laut Klessmann laufen „zur
Stunde“ noch Gespräche zwischen Jobcenter und den Trägern, die gelte es
„erst einmal abzuwarten“. Auch von den Grünen hört man dies. Laut
Lafferentz sind diese Gespräche seit Ende November vorbei. Das Jobcenter
habe den Teilnehmern, die größtenteils lieber weiter arbeiten als zurück in
Hartz IV fallen wollten, allenfalls „Coaching-Gutscheine“ zur Überbrückung
angeboten.
Die Linke fordert eine „Übernahmegarantie“ für alle Teilnehmer, „und zw…
dort, wo die Menschen gerade beschäftigt sind“, so Fachpolitiker Jan Rübke.
Wo Langzeitarbeitslose keinen Gewinn erwirtschaften, müsse Hamburg weiter
mit einer Trägerpauschale einsteigen, ergänzt die Linken-Abgeordnete Carola
Ensslen. Die Sozialbehörde müsse Beschäftigung mit einem eigenen Programm
fördern und dafür sorgen, dass „soziale Hilfsprojekte erhalten bleiben“.
9 Dec 2018
## AUTOREN
Kaija Kutter
## TAGS
Hartz IV
Gesellschaftliche Teilhabe
Arbeitsmarkt
Hamburg
Obdachlosigkeit
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