# taz.de -- Ein-Euro-Jobber in Sozialprojekten: Kahlschlag erst mal abgewendet | |
> Sozialsenator Scheele verzichtet auf Kürzungen bei Ein-Euro-Jobs. Die | |
> Beschäftigungsträger trauen dem nicht ganz und warten auf schriftliche | |
> Bescheide. | |
Bild: Lenkt ein: Sozialsenator Detlef Scheele (SPD). | |
HAMBURG taz | Der öffentliche Druck und auch die Unzufriedenheit an der | |
SPD-Basis wurde wohl zu groß. Am Donnerstag hat Sozialsenator Detlef | |
Scheele (SPD) nach einem Gespräch mit den Beschäftigungsträgern die | |
Rücknahme der zum 1. Juli geplanten Kürzungen bei Ein-Euro-Jobs | |
zugesichert. Der künstliche "Deckel", mit dem die Zahl der Jobs auf 4.550 | |
gesenkt werden sollte, werde "abgenommen", erklärte der Senator. Damit kann | |
deren Zahl auf dem jetzigen Niveau von rund 6.000 erhalten bleiben. | |
Erst vor zwei Wochen hatte die für Langzeitarbeitslose zuständige Team | |
Arbeit Hamburg, an der die Stadt beteiligt ist, den rund 50 Trägern | |
radikale Kürzungen angekündigt. Besonders getroffen wären davon die | |
Projekte mit Stadtteilbezug wie Suppenküchen in Bürgerzentren, die in den | |
letzten Jahren mit Hilfe der zeitweise großzügig bewilligten Ein-Euro-Jobs | |
aufgebaut wurden. | |
Die schwarz-grüne Vorgängerregierung hatte die damit verbundenen 2.700 | |
Stellen noch zum Schonbereich erklärt. Nun sollte die Hälfte wegfallen, was | |
beispielweise im armen Stadtteil Dulsberg gleich zwei von drei | |
erfolgreichen Projekten bedroht: die Stadtteilküche "Pottkieker", den | |
"mobilen Haushaltsservice" für arme Senioren und eine Werkstatt, in der | |
Arbeitslose alte PCs fit machen. | |
Team Arbeit-Leiter Thomas Bösenberg begründete die Streichung mit Berliner | |
Kürzungen. Außerdem wolle man in Zeiten des Aufschwungs mehr für marktnahe | |
Kunden tun und habe einen neuen "Maßnahme-Mix" zusammengestellt. | |
Nach Auffassung der Träger gibt es keinen Grund zu kürzen. Denn | |
Schwarz-Grün hatte die Jobs bereits zu Jahresbeginn um rund 3.000 auf 7.250 | |
abgesenkt und die Team Arbeit die verbliebenen Plätze seither nur sehr | |
spärlich belegt. "Es ist genug Geld da, um übers Jahr 6.600 Plätze zu | |
finanzieren", sagt deren Sprecherin Petra Lafferentz. | |
Dieser Auffassung nähert sich nun auch Scheele an. Den neuen Maßnahme-Mix | |
werde es nicht geben. Und falls im ersten Halbjahr 2011 Plätze unbesetzt | |
blieben, würden "die frei werdenden Kontingente in das zweite Halbjahr | |
übertragen", sicherte er zu. "Alle Mittel sollen abfließen", sagt seine | |
Sprecherin Julia Seifert. "Hätte man den Deckel drauf gelassen, wäre am | |
Ende Geld übrig geblieben". | |
Doch die Beschäftigungsträger trauen dem Frieden nicht ganz. Wichtig für | |
die Projekte sind die so genannten "Bewilligungsbescheide". Der Träger | |
"Mook wat" beispielsweise hätte nach den Kürzungsplänen ab Juli für seine | |
drei Dulsberger Projekte nur noch 33 statt früher 75 Plätze bekommen. | |
Nötig, um ein Projekt zu halten, sind 25. "Wir wissen noch nicht, was | |
wird", sagt Leiterin Carmen Krüger. "Das hängt von den Bescheiden ab". "Da | |
kommen Änderungsbescheide zum 1. Juli", sagt Team Arbeit-Sprecher Horst | |
Weise. Deren Höhe orientiere sich an dem, "was der Senator gesagt hat". | |
Doch auch so gibt es nur eine Atempause bis 2012. Die dann nochmals | |
gekürzten Bundesmittel reichen für 4.965 Plätze. Scheele will dann ein | |
neues Programm auflegen. "Es gibt Gespräche mit den Bezirken. Die sollen | |
sagen, welche Projekte sie prioritär sehen", erläutert Seifert. | |
Die Linksfraktion wirft Scheele nun Konzeptionslosigkeit vor und spricht | |
von "Chaostagen in der Arbeitsmarktpolitik". CDU und Grüne dagegen drängten | |
auf weiteren Dialog mit den Trägern und Erhalt der stadtteilnahen Projekte. | |
Darauf hofft auch Carmen Krüger. Gerade Projekte, von denen beide Seiten, | |
Jobber und Bürger profitieren, sollten dieser Stadt "etwas wert sein". | |
29 Apr 2011 | |
## AUTOREN | |
Kaija Kutter | |
Kaija Kutter | |
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Hartz IV | |
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