# taz.de -- Friedrich Merz gegen die AfD: Essenz und Unterton | |
> CDU-Politiker Friedrich Merz hat gesagt, die AfD sei „offen | |
> nationalsozialistisch“. So war jedenfalls überall zu lesen. Aber hat er | |
> das so gesagt? | |
Bild: Friedrich Merz gab dem WDR ein Interview und sagte der AfD den Kampf an | |
Friedrich Merz, Kandidat für den Vorsitz der CDU, hat am Montag, einen Tag | |
nach seinem 63. Geburtstag, dem WDR ein Interview gegeben, in dem er sich | |
zur Zukunft der CDU und ihren möglichen Koalitionspartnern äußerte. Die | |
Interviewerin wollte aus der Tatsache, dass sich Merz wohlwollend über die | |
Grünen geäußert hatte („sehr bürgerlich, sehr offen, sehr liberal“), | |
ableiten, er schließe keine Koalition aus. | |
Dem sei nicht so, intervenierte Merz. Koalitionen der CDU kämen nur mit den | |
Parteien der demokratischen Mitte in Frage: „Ich schließe absolut und | |
vollkommen aus, dass sich die CDU der Linkspartei in dieser gegenwärtigen | |
Verfassung zuwendet.“ Dann wiederholte er diese Formulierung wortgleich in | |
Bezug auf die AfD. | |
Und schob etwas nach, was man so seitens eines führenden CDU-Politikers | |
noch nicht gehört hatte. Zumindest meldeten die Agenturen, Merz habe | |
gesagt, die Partei sei „offen nationalsozialistisch“, auch gebe es | |
„antisemitische Untertöne“. | |
Ob er das exakt so gesagt oder gar so gemeint hat, wie er zitiert wird, ist | |
allerdings eine andere Frage, weil sich Merz im Radiogespräch verhaspelte | |
und einen verqueren Satz formulierte. Das allerdings erfährt nur, wer sich | |
die Mühe macht, das Gespräch [1][im Original] anzuhören. | |
## Was er wirklich gesagt hat | |
Merz wies erst darauf hin, dass es darum gehen müsse, ehemalige CDU-Wähler, | |
die man an die AfD verloren habe, wieder zurückzugewinnen, und fügte an: | |
„Aber eine Partei, die offen nationalsozialistisch bis hin zu | |
antisemitischen Untertönen ständig in Deutschland auffällt – eine scharfe, | |
ganz scharfe Abgrenzung nach rechts gehört für mich dazu.“ Merz hat nicht | |
gesagt, dass die AfD offen nationalsozialistisch „ist“. Hören könnte man, | |
dass die AfD durch „offen nationalsozialistische“ (Unter-)Töne „auffäll… | |
Merz Einlassung markiert so oder so eine Kampfansage an eine Partei, die | |
den Geist nicht mehr in die Flasche zurückbekommt, den sie rief, weil sie | |
merkte, dass man mit extremer Rhetorik, völkischer Propaganda, | |
Eliten-Bashing und Nostalgie mehr Leute abholt als mit einem | |
Anti-Euro-Kurs. | |
## Das ist ruchlos, sagt Meuthen | |
Merz’ Konkurrentin, CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer, | |
drückte sich in der Frage möglicher Bündnisse mit der AfD nicht weniger | |
dezidiert, aber differenzierter aus, wie man ebenfalls am Montag lernen | |
konnte: „Die AfD steht für etwas, das mit der CDU unvereinbar ist. Sie hat | |
keinerlei Distanz zum radikalen rechten Rand. Sie relativiert die deutsche | |
Geschichte. Sie bietet fremdenfeindlichen und antisemitischen Positionen | |
eine Heimat. Deshalb werde ich mich mit aller Kraft gegen jede | |
Zusammenarbeit stemmen.“ | |
Jörg Meuthen, Bundessprecher der AfD, nannte Merz’ Einlassung „ruchlos“ … | |
„eine ungeheuerliche Entgleisung. Die AfD steht der nationalsozialistischen | |
Barbarei mit dem gleichen Abscheu und Entsetzen gegenüber wie dies alle | |
zivilisierten Menschen tun.“ Er verzichtete darauf, Kramp-Karrenbauer zu | |
antworten, die er, wie er anderswo mitteilte, für ein „intellektuelles | |
Leichtgewicht“ hält. | |
13 Nov 2018 | |
## LINKS | |
[1] https://www1.wdr.de/mediathek/audio/wdr5/wdr5-morgenecho-interview/audio-me… | |
## AUTOREN | |
Ulrich Gutmair | |
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