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# taz.de -- Kommentar Merz und die Mittelschicht: Eine Million offene Fragen
> CDU-Kandidat Friedrich Merz glaubt, er gehöre mit einer Million Euro
> brutto im Jahr nicht zur Oberschicht. Dann muss er sich auch daran messen
> lassen.
Bild: Oberschicht? Mittelschicht? Schicht im Schacht? Friedrich Merz
Friedrich Merz ist schon ein armer Wicht. Kaum ist er aus dem Kreis der
verschwiemelt Milliönchen hin und her schiebenden Großspekulanten ans Licht
der Öffentlichkeit getreten, schon will die etwas über sein Einkommen
wissen. Dabei weiß doch jeder gute Deutsche: Über Geld spricht man nicht.
Eigentlich. Aber dank penetranter Nachfrage der Bild am Sonntag [1][hat
Merz jetzt seine Angaben präzisiert]: „Heute verdiene ich rund eine Million
Euro brutto.“
Wie heikel diese Information ist, zeigt der Umgang des
Möchtegern-CDU-Vorsitzenden mit ihr. Schon vor einer Woche, als er in einer
ersten Runde herumeierte, er liege mit seinem Vermögen jedenfalls nicht
unter einer Million, legte Merz Wert darauf, allenfalls zur gehobenen
Mittelschicht zu gehören. Anders gesagt: Oberschicht, das gehört sich
nicht.
Dumm nur, dass sich die Selbsteinstufung als Mittelschichtler
gegenrecherchieren lässt. Das ist zwar nicht so ganz einfach, denn in einem
Land, in dem man vom Nachbarn eher ein Dickpic im Netz findet, als etwas
über seine genauen Einkommensverhältnisse zu erfahren, sind selbst
aussagekräftige Statistiken rar, die Auskunft darüber geben, wie reich man
als Millionär im Vergleich zu anderen eigentlich ist.
Aber am Ende findet man sie doch: Wer eine Million Euro Vermögen hat,
gehört zu den oberen 2,5 Prozent. Wer sogar eine Million im Jahr verdient,
gehört [2][zu den 19.000 Topverdienern in Deutschland]. Merz hat also mehr
als 99,95 Prozent aller deutschen Steuerzahler. Das ist nicht nur nicht
mehr Mittelschicht. Das ist schon sehr gehobene Oberschicht.
## Wie viel gibt er der Gesellschaft zurück?
Dass diese einen schlechten Ruf hat, liegt keineswegs am Neid der Massen,
sondern am Wissen, dass Reichtum ja nicht von selbst entsteht, sondern
immer auch bedeutet, dass das Geld woanders weggenommen wurde. Kein Wunder,
dass Merz darauf pocht, trotz seiner Millionen nicht zu „denen“ zu gehören,
sondern immer noch für die Werte seiner aus der Mittelschicht stammenden
Eltern zu stehen. Also, wie er selbst betont, nicht nur Fleiß, Disziplin,
Anstand, Respekt, sondern auch das Wissen, dass man der Gesellschaft etwas
zurückgebe, wenn man es sich leisten kann.
Tatsächlich sollte man den CDU-Politiker an dieser selbst hochgelegten
Latte messen. Also: Wie viel gibt er der Gesellschaft zurück? Wie viel
Steuern hat er tatsächlich von seinem Brutto-Einkommen gezahlt – und nicht
durch kluges Rumgetrickse abgeschrieben? Und vor allem: Wie viel Anstand
hat man noch, wenn man als Aufsichtsrat bei [3][einem Unternehmen wie
Blackrock] sein Geld verdient, das an den berüchtigten Cum-Ex-Geschäften
beteiligt war, durch die dem Staat Milliarden an Steuereinnahmen verloren
gingen?
Wenn Merz diese Fragen zufriedenstellend beantworten kann, verdient er
nicht nur Millionen, sondern Respekt. Bis dahin aber bleibt er ein
bedauernswerter Kerl, der nicht mal mit sich selbst im Reinen ist.
18 Nov 2018
## LINKS
[1] https://www.welt.de/politik/video184068236/Kandidat-um-CDU-Vorsitz-Friedric…
[2] https://www.destatis.de/DE/PresseService/Presse/Pressemitteilungen/2018/06/…
[3] /Umstrittene-Steuergeschaefte/!5549009
## AUTOREN
Gereon Asmuth
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Schwerpunkt Armut
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Jörg Meuthen
Annegret Kramp-Karrenbauer
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