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# taz.de -- Kommentar Rennen um den CDU-Vorsitz: Härter, als Mann denkt
> Zwei Männer und eine Frau bewerben sich um den CDU-Vorsitz. Müssen Frauen
> deshalb für AKK sein? Oder siegen dann wieder die Klischees?
Bild: Annegret Kramp-Karrenbauer ist eine Konservative. Nicht mehr und nicht we…
Im Ausland konnte man mit Angela Merkel ja immer ein bisschen angeben: Ja,
wir langweiligen Deutschen haben eine Kanzlerin, die Regierung der größten
Volkswirtschaft Europas vertrauen wir einer Frau an, wir nennen sie lässig
„Mutti“. Eine weibliche Regierungschefin lässt sich in einer
männerdominierten Welt wunderbar als Ausweis von Modernität und
Weltoffenheit verkaufen, sie zeigt, wie progressiv wir drauf sind, egal ob
es inhaltlich untersetzt ist oder nicht.
Wenn die CDU im Dezember über ihre/n neue/n Vorsitzende/n abstimmt, dann
ist das auch eine Abstimmung über den oder die nächste Kanzler/in in spe.
Insofern fragen sich auch Nicht-CDU-Mitglieder, wer die Christdemokraten
demnächst führt – und wie sie das finden sollen. Erkennt uns bald niemand
mehr auf Gruppenfotos von Gipfeltreffen, versinken wir wieder im
Einheitsbrei der anthrazitfarbenen Anzüge? Ändert sich der Politikstil,
kehrt der Herrenwitz zurück? Sollten sich nicht gerade Frauen mit der
einzigen weiblichen Bewerberin unter den CDU-Kandidaten, mit [1][Annegret
Kramp-Karrenbauer], solidarisieren?
Wenn frau sich anschaut, wie sich die Riege der Basta-Männer, die ihren
Zenit überschritten haben, hinter dem derzeit aussichtsreichsten männlichen
Kandidaten [2][Friedrich Merz] versammelt, bleibt zunächst nur ein
reflexhaftes: Ja, klar!
Ein FDP-Vize Wolfgang Kubicki – der mal in der Zeit gesagt hat: Da sitzt
Ihnen plötzlich eine Frau gegenüber, die Ihnen einfach nur zuhört. Und dann
geht die Geschichte irgendwann im Bett weiter“ – erklärt AKK zur „Angela
Merkel für Arme“, die für seine FDP keine „attraktive Option“ sei.
Altkanzler Gerhard Schröder, der das Bundesministerium für Familie,
Senioren, Frauen und Jugend einst salopp abkürzte mit „Familie und das
ganze Gedöns“, rechnet fest mit Merz als künftigem CDU-Vorsitzenden. Und
Ex-Bams-Chef Michael Spreng macht Kramp-Karrenbauer in seinem [3][Blog] zur
Mininachfolgekandidatin, die Merz nicht das Wasser reichen könne. Oh, boys!
Doch AKK, laut aktuellem ZDF-„Politbarometer“ beliebteste Kanditatin, zur
Wunschkandidatin der weiblichen Bevölkerung und der liberalen Mitte zu
machen, nur weil sie eine Frau ist und als solche ja so gut zuhören kann,
ist genauso rückwärtsgewandt und herabsetzend. Es wird ihr im Übrigen auch
nicht gerecht. In ihrer Rede zur Bewerbung als Generalsekretärin
bezeichnete sie ihre Partei im Februar als konservativ, liberal und
christlich-sozial. In dieser Reihenfolge.
Ja, Kramp-Karrenbauer ist konservativ. Dass sie gegen die Ehe für alle ist
und diese gar als Wegbereiterin für Polygamie und Inzucht sieht, ist vielen
gegenwärtig. In der Erinnerung versunken mag dagegen sein, dass die
ehemalige Kultusministerin stets das gegliederte Schulsystem gegen „die
linke Einheitsschule“ verteidigte, selbst dann noch, als die CDU diese
Gliederung ein Stück weit aufgeben musste.
## Weder über- noch unterschätzen
Zum gemeinsamen Unterricht von Kindern mit und ohne Behinderung fragte sich
AKK auch fünf Jahre nach der Ratifizierung des UN-Menschenrechtsabkommens,
ob man sein Kind „halbgaren Bildungsexperimenten aussetze, wenn man sich
für eine inklusive Schule entscheide“. Und als Innenpolitikerin setzt sie
ganz kernig auf Ankerzentren für Flüchtlinge, auf verbindliche
Altersfestellung bei Minderjährigen und auf konsequente Abschiebung.
Und nur weil sie beim Reden den Kopf neigt und so angenehm unprätentiös
auftritt, pflegt sie noch lange keinen weiblichen Führungsstil (wenn es
diesen überhaupt gibt). Die FDP kann das bestätigen. 2012 setzte AKK die
Liberalen in ihrer Koalition knallhart vor die Tür, und zwar ausgerechnet
am Tag des traditionellen Dreikönigstreffens. Das schmerzt die FDP bis
heute. Und dass sich AKK für eine Frauenquote in Führungsgremien einsetzt,
kann frau auch als Interessenpolitik deuten.
Kramp-Karrenbauer sollte also weder über- noch unterschätzt werden. Sondern
als das genommen werden, was sie ist: eine Konservative. Nicht mehr und
nicht weniger.
9 Nov 2018
## LINKS
[1] /Annegret-Kramp-Karrenbauer/!5549109
[2] /Friedrich-Merz-stellt-sich-vor/!5545443
[3] http://www.sprengsatz.de/?p=4555
## AUTOREN
Anna Lehmann
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