| # taz.de -- Kommentar Autoritarismus-Studie: Der Hass ist wandelbar | |
| > In der Leipziger Autoritarismus-Studie wird der Antisemitismus zumindest | |
| > teilweise wegdefiniert. Das ist ein fatales Signal. | |
| Bild: Getarnt als Kritik an der Politik Israels wird Antisemitismus oft verkannt | |
| Die Leipziger Autoritarismus-Studie [1][zeigt erneut erschreckende | |
| Befunde]: Ein Drittel der befragten Deutschen stimmt rassistischen Aussagen | |
| zu, die Hälfte will Sinti und Roma aus den Innenstädten verbannen, | |
| autoritäre Sehnsüchte nehmen bundesweit zu. Das beweist: Rechtsextreme | |
| Einstellungen sind nicht nur am Rand, sondern auch in der Mitte der | |
| Gesellschaft verbreitet. | |
| Ein Ergebnis allerdings ist irritierend: Der Antisemitismus [2][sei | |
| weiterhin rückläufig]. Schnell zeigt sich jedoch, dass die in der Studie | |
| verwendeten Fragen überhaupt nicht geeignet sind, um alle aktuell | |
| verbreiteten Erscheinungsformen des Antisemitismus zu erfassen. In der | |
| Antisemitismusforschung ist schon lange bekannt, dass der [3][Hass auf | |
| Juden] heutzutage häufig auf den Staat Israel übertragen wird – | |
| beispielsweise durch Vergleiche Israels mit dem Nationalsozialismus, durch | |
| eine Delegitimierung des jüdischen Staates oder eine Anwendung von | |
| doppelten Standards an diesen. | |
| Auch die einzige Frage, die Israel erwähnt („Durch die israelische Politik | |
| werden mir die Juden immer unsympathischer“), ist nicht geeignet: Da Juden | |
| direkt erwähnt werden, können indirekt geäußerte Ressentiments nicht | |
| erfasst werden. Der islamistisch motivierte Antisemitismus sowie auf | |
| Kapitalismus und Globalisierung bezogene antisemitische | |
| Verschwörungsfantasien spielen in der Studie ebenfalls keine Rolle. Real | |
| existierender Judenhass wird so zumindest teilweise wegdefiniert. | |
| Das ist verwunderlich, wurden diese Schwachstellen bereits bei der letzten | |
| Veröffentlichung kritisiert. Offenbar war man nicht wirklich bereit, das | |
| Studiendesign dementsprechend anzupassen. Die jüdischen Gemeinden werden | |
| jedenfalls nicht bestätigen können, dass der Antisemitismus zurückgeht. Im | |
| Gegenteil: Viele beschreiben, [4][dass er lauter wird]. Aggressiver. | |
| Gewalttätiger. Die Studienautoren betonen zwar, dass sie durch die | |
| vermeintlich rückläufigen Zahlen keine Entwarnung geben wollen. Doch es ist | |
| ein fatales Signal, wenn auf die Wandelbarkeit des Antisemitismus keine | |
| Rücksicht genommen wird. | |
| 8 Nov 2018 | |
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| ## AUTOREN | |
| Frederik Schindler | |
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