| # taz.de -- Rechte Bücher in der Bibliothek: Propaganda zum Ausleihen | |
| > Wie sollen Bibliotheken umgehen mit Publikationen rechter Verlage? Die | |
| > Position der Stadtbücherei Bremen dazu ist Thema in der Deputation | |
| Bild: Hinten in der Halle 4.1 fand sich bei der Frankfurter Buchmesse ein ruhig… | |
| Bremen taz | Gehören Bücher aus rechten Verlagen ins Bibliotheksregal? Und: | |
| Wird so eine demokratische Diskussion ermöglicht oder gefährliche Ideologie | |
| erst verbreitet? Am Mittwoch diskutiert die Kulturdeputation über den | |
| Umgang der Stadtbibliothek mit Büchern aus rechten Verlagen. | |
| Bundesweit debattieren Bibliothekar*innen über diese Fragen. Auf einer | |
| [1][Podiumsdiskussion] im Rahmen des Bibliothekartages im Juni in Berlin | |
| mahnten die einen, dass Informationsfreiheit oft mit Angriffen auf die | |
| Menschenwürde kollidiere. Andere erklärten, Bibliotheken müssten die | |
| informationelle Grundversorgung garantieren, wozu auch Werke aus rechten | |
| Verlagen gehörten. | |
| So sieht man es beispielsweise bei der Stadt- und Landesbibliothek Potsdam, | |
| wo gleich ein großer Schwung an rechten Büchern [2][angeschafft wurde] – | |
| darunter Werke aus dem auf Verschwörungstheorien [3][spezialisierten Kopp | |
| Verlag] sowie aus dem Antaios Verlag, [4][mit enger Verbindung] zur | |
| rechtsextremen „Identitären Bewegung“. | |
| Und in Bremen? Die Grünen hatten dazu den Senator für Kultur [5][um einen | |
| Bericht gebeten]. Tatsächlich stehen laut Kultursenator auch in der | |
| Stadtbibliothek derzeit vier Titel aus dem Kopp Verlag. Was das bedeutet, | |
| offenbart schon eine kurze Suche im Katalog: Einer der vorhandenen Titel | |
| ist das Buch „Die Destabilisierung Deutschlands“ von Stefan Schubert. Die | |
| Stadtbibliothek informiert in der Annotation: Mit Beispielen unterstreiche | |
| der Autor seine Überzeugung, dass Deutschland „islamistisch unterwandert“ | |
| wäre. „Die Ursache sieht er in der angeblichen Tatenlosigkeit der | |
| Bundesregierung, die sich amerikanischen Interessen gebeugt habe.“ Mehrere | |
| Exemplare dieses verschwörungsideologischen Werkes sind auszuleihen – in | |
| der Zentralbibliothek und in Vegesack. | |
| ## Diskussion führen und ermöglichen | |
| Für den Umgang mit Literatur aus rechten Verlagen existiere „kein | |
| Patentrezept“, erklärt der Kultursenator und verweist auf ein | |
| Positionspapier des Dachverbands „Bibliothek & Information Deutschland“ von | |
| 2016. Der spricht sich darin eindringlich dafür aus, dass Bibliotheken die | |
| Diskussion über umstrittene Werke ermöglichen und führen sollten. | |
| Auch die Bremer Stadtbibliothek, so erklärte der Senator, vertraue auf die | |
| Mündigkeit der BürgerInnen und bekenne sich zu einem freien Zugang zu | |
| Quellen. Allerdings würden Medien, die eindeutig dem rechten Spektrum | |
| zuzuordnen sind, weder aktiv über das Lektorat bestellt, noch auf | |
| Kundenwunsch für die Stadtbibliothek erworben. | |
| Bücher, wie das aus dem Kopp Verlag, würden indes quasi per Dauerauftrag in | |
| den Bestand gelangen. Denn tatsächlich fand sich der besagte Schubert-Titel | |
| zeitweilig auf der Bestseller-Liste des Spiegels. „Um den Bürgerinnen und | |
| Bürgern aktuell stark gefragte und diskutierte Titel schnell anbieten zu | |
| können, bezieht die Stadtbibliothek über Standing Order Titel verschiedener | |
| Besten- und Bestseller-Listen“, heißt es dazu im Senatsbericht. Diese | |
| würden klar als Bestseller der aktuellen Liste präsentiert und später in | |
| den regulären Bestand übernommen. Eine besondere Kennzeichnung gebe es für | |
| solch rechte Publikationen dann allerdings nicht. Sie stünden „im | |
| Fachbestand in einem hinreichenden Kontext anderer Titel zur Politik, | |
| Geschichte und Soziologie und Sozialwissenschaften.“ | |
| Inwiefern sich die Stadtbibliothek aber in Veranstaltungen und als Akteur | |
| der Vermittlung von Medienkompetenz darum bemüht, darüber aufzuklären, wie | |
| Manipulation und Verschwörungspropaganda von sachlichen Argumenten zu | |
| unterscheiden sind, bleibt im Bericht unerwähnt. | |
| ## In den Kanon einsickern | |
| Der grüne Kulturdeputierte Robert Hodonyi erklärte zur Antwort auf seine | |
| Berichtsbitte: Die Stadtbibliothek gehe einen „nachvollziehbaren, sehr | |
| guten Weg“. Dass sie rechte Titel nicht selbstständig einkaufe, sei keine | |
| Selbstverständlichkeit. „Jedes Buch aus einem rechten Verlag in der | |
| Bibliothek ist ein Buch zu viel“, sagte Hodonyi. Allerdings informiere auch | |
| er sich über neurechtes Denken lieber in der Bibliothek, als einen rechten | |
| Verlag durch Buchkauf finanziell zu unterstützen. Hodonyi verwies indes | |
| darauf, dass es zur Strategie der neuen Rechten gehöre, in den politischen | |
| Kanon einzusickern – also auch in Bibliotheken präsent zu sein. | |
| Von dieser Strategie weiß auch die Stadtbibliothek zu berichten: Regelmäßig | |
| würden Buchhandel und Bibliotheken gezielt mit Wünschen von vorgeblichen | |
| Kund*innen überhäuft, um gesellschaftliche Nachfrage zu suggerieren. So gab | |
| es ein Geschenkabonnement der rechten Wochenzeitung Junge Freiheit von | |
| einer angeblichen Kundin. „Solche Geschenke werden nicht angenommen“, | |
| erklärte der Kultursenator. | |
| 21 Nov 2018 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://b-u-b.de/schwieriger-umgang-rechte-verlage/ | |
| [2] http://www.maz-online.de/Lokales/Potsdam/Kritik-an-Buchankaeufen-aus-rechte… | |
| [3] /!5344206/ | |
| [4] /!5542376/ | |
| [5] https://www.kultur.bremen.de/sixcms/media.php/13/Vorlage%20151%20-%20Umgang… | |
| ## AUTOREN | |
| Jean-Philipp Baeck | |
| ## TAGS | |
| rechte Verlage | |
| Die Rechte | |
| Neue Rechte | |
| Bibliothek | |
| Bremen | |
| Kopp Verlag | |
| Rechtsruck | |
| Insolvenz | |
| Lesestück Recherche und Reportage | |
| Neue Rechte | |
| Margarete Stokowski | |
| Margarete Stokowski | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Insolvenz des Buchzwischenhändlers KNV: Hausgemachte Krise | |
| Deutschlands größter Buchzwischenhändler ist insolvent. KNV garantierte vor | |
| allem die Lieferungen an kleine unabhängige Buchhandlungen. | |
| Umgang mit Rechten: Gewalt als Agenda | |
| Gegen die Neue Rechte braucht es neue Strategien. Denn sie will das | |
| Gewaltmonopol des Staats nach ihren Vorstellungen ausweiten. | |
| Debatte Reden mit Rechten: Ich möchte lieber nicht! | |
| Die freundliche, aber bestimmte Weigerung, mit der Neuen Rechten in Dialog | |
| zu treten, kann auch bewusstes Ergebnis eines Denkprozesses sein. | |
| Kolumne Der Rote Faden: Niemand muss mit Rechten reden | |
| Rassisten haben kein Anrecht auf eine Debatte – und gerade von | |
| Marginalisierten kann nicht erwartet werden, dass sie sich um deren | |
| Bekehrung kümmern. | |
| Margarete Stokowski sagt Lesung ab: Ausdruck einer Haltung | |
| Die „Spiegel“-Kolumnistin möchte nicht in einer Buchhandlung lesen, in der | |
| neurechte Bücher ausliegen. Ist das bevormundend? | |
| Abschluss der Leipziger Buchmesse: Eingeschneit zwischen Kleingeistern | |
| Übel, die Gefolgschaft sogenannter Rechtsintellektueller. Herrlich dagegen | |
| der Schnee. Und bei „Antaios“ gibt's ein Gerangel. |