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# taz.de -- Insolvenz des Buchzwischenhändlers KNV: Hausgemachte Krise
> Deutschlands größter Buchzwischenhändler ist insolvent. KNV garantierte
> vor allem die Lieferungen an kleine unabhängige Buchhandlungen.
Bild: Ein KNV-Gebäude an der A71
Es könnte sein, dass sich TV-Literaturkritiker Dennis Scheck bald einen
anderen Drehort für seine Verrisse der aktuellen Spiegel-Bestseller-Liste
suchen muss. Denn die Bücherhallen in der „heiligen Stadt Köln“ gehören …
größten deutschen Buchzwischenhändler Koch, Neff & Volckmar (KNV) und der
ist insolvent.
Das ist noch die geringste Auswirkung auf den Kulturbetrieb, denn das
Familienunternehmen aus Stuttgart, das seine Wurzeln bis auf das Jahr 1846
zurückverfolgen kann, garantiert als einer von drei großen Zwischenhändlern
die Buchlieferung vor allem für kleine unabhängige Buchhandlungen. 590 .000
lieferbare Titel von mehr als 5.000 Verlagen hält KNV nach eigenen Angaben
auf Lager. Die Webseite nennt 5.600 Buchhandelsfilialen als Kunden, davon
rund 4.200 in Deutschland.
Auch Kalender und Spiele sowie DVDs zählen zum Sortiment. Deshalb ist das
Entsetzen über die Zahlungsunfähigkeit in der Branche groß. „Da KNV ein
wichtiger Akteur auf dem Markt ist, hätte es einen spürbaren Effekt auf die
Lieferkette, wenn das Geschäft nicht weitergeführt würde“, sagte Alexander
Skipis, Hauptgeschäftsführer des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels.
Einig sind sich Branchenkenner, dass man die Insolvenz des Branchenprimus
nicht dem Multi Amazon oder der Digitalisierung und dem damit verbundenen
Rückgang der Verkaufszahlen auf dem Buchmarkt zuschreiben kann. „Die Krise
ist hausgemacht“, schreibt etwa der Chefredakteur [1][des Branchen-Blogs
literaturcafe.de], der in den 90ern selbst einmal bei KNV gearbeitet hat.
Auch Börsenvereins-Vorsteher Heinrich Riethmüller schreibt, die Gründe für
die Insolvenz lägen „nicht in der Branche selbst“.
Tatsächlich scheint sich das Familienunternehmen zu einem guten Stück
selbst in die Insolvenz getrieben zu haben. Später als andere setzte KVN
auf ein zentrales Buchlager. Erst 2014 baute das Unternehmen bei Erfurt mit
Unterstützung des Landes Thüringen in Höhe von 22 Millionen Euro ein
zentrales Logistikzentrum. Doch der Dienstleister für Verlage und
Buchhandlungen bekam die eigene Logistik nicht in den Griff und musste
deshalb das Lager in Stuttgart weiter nutzen, was hohe Kosten verursachte.
Besonders im Weihnachtsgeschäft 2014 geriet das Unternehmen in
Lieferschwierigkeiten. Die Geschäftsführer Oliver Voerster und Frank
Thurmann entschuldigten sich dafür öffentlich. Dazu kam ein weiterer
Kratzer im Image. Durch einen Bericht des ZDF wurde öffentlich, dass KNV
auch als Arbeitgeber nicht unbedingt eine bessere Figur macht als der
Konkurrent Amazon.
## Insolvenzverwalter muss geschickt handeln
Im Erfurter Lager verhinderte die Geschäftsführung einen Betriebsrat, so
der Vorwurf, und auch die Löhne dort seien nicht wesentlich höher und die
Arbeitszeiten ähnlich wie bei dem vielgescholtenen amerikanischen Multi.
KNV dementierte.
Von den Problemen im Logistikzentrum scheint sich das KNV nie ganz erholt
zu haben. Branchenkenner berichten, in den letzten Jahren haben bei KNV die
Banken das Sagen gehabt. Der überraschende Ausstieg eines potenziellen
Investors führte am Dienstag dazu, dass die Banken den Daumen senkten.
Tatsächlich könnte die Pleite vor allem auf kleine Buchhandlungen
durchschlagen, für die KNV nicht nur dafür sorgte, dass ein bestelltes Buch
am nächsten Tag für den Kunden abholbereit vorliegt, sondern auch als
IT-Dienstleister für Buchhaltung und Warenwirtschaft fungiert hat.
Wie groß der Schaden in der Branche sein wird, wird deshalb vor allem vom
Geschick des Insolvenzverwalters abhängen, der bisher noch nicht benannt
wurde. Denn die beiden größten Konkurrenten Libri und Umbreit können die
enormen Liefermengen der Stuttgarter nicht ohne Weiteres kompensieren. Dazu
fehlt es an Lagerkapazitäten.
Ein Einstieg der Konkurrenz oder einer der großen Buchhandelsketten Thalia
oder Orsiander könnte kartellrechtlich ein Problem sein. Ohne KNV wären
aber viele kleine Buchhandlungen von Warenlieferungen abgeschnitten. Kein
Wunder, dass sich der Vorsteher des Börsenvereins des Deutschen
Buchhandels, Heinrich Riethmüller, vergangene Woche zu Durchhalteappellen
veranlasst sah. Er warnte vor „Kurzschlusshandlungen“. Man müsse jetzt „…
Branche zusammenstehen“.
18 Feb 2019
## LINKS
[1] https://www.literaturcafe.de/dramatische-entwicklung-was-bedeutet-die-insol…
## AUTOREN
Benno Stieber
## TAGS
Insolvenz
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Buchhandel
Deutscher Buchhandel
Schwerpunkt Coronavirus
Buchhandel
Insolvenz
rechte Verlage
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