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# taz.de -- Zwischenbericht der Kohlekommission: Kohle für die Zukunft
> Der Kampf um den Kohleausstieg geht jetzt erst los. Die Kohlekommission
> einigt sich auf einen Zwischenbericht zu Maßnahmen für betroffene
> Regionen.
Bild: Was kommt danach? Forschung und saubere Energie?
Die „Kohlekommission“ der Bundesregierung hat sich darüber geeinigt, mit
welchen Maßnahmen den betroffenen Regionen der Ausstieg aus der Braunkohle
erleichtert werden soll. Am Donnerstag Abend verabschiedeten die Mitglieder
der „Kommission für Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“ in Berlin
einstimmig einen Zwischenbericht, hieß es aus der Kommission. Nun steht im
November die härteste Nuss an: Das Tauziehen um einen Pfad zum
Kohleausstieg. Denn bisher sind weder ein Enddatum für die Kohle noch die
Höhe der Staatshilfen klar.
Die Kommission betonte in ihrem Zwischenbericht, die betroffenen Regionen
müssten wirtschaftlich unterstützt werden, um den beschleunigten Ausstieg
aus dem Kohlewirtschaft ohne Strukturbrüche zu bewältigen. Demnach soll es
das Ziel der Strukturpolitik sein, aus den Braunkohlequartieren
„Innovationsregionen“ zu machen. Dafür sollen sie „Modellregionen“ fü…
Einführung des schnellen 5G-Internetstandards werden, zusätzlich zu den
bisher geplanten Regionen.
In Forschung und Bildung soll massiv investiert werden: Die Regionen sollen
ihre Expertise als „Energieregionen“ für Forschungen zu Stromnetzen,
„grüner Fernwärme“ und der Umwandlung von Windenergie in Gas nutzen. Ein
„Glascampus Torgau“ solle die Glasindustrie unterstützen, die Uni Cottbus
gestärkt werden und im mitteldeutschen Chemiestandort ist ein
Fraunhofer-Forschungsinstitut zur „stofflichen Nutzung der Braunkohle“ etwa
in der Petrochemie geplant. Von einer Fabrik zur Batteriezellen-Fertigung,
von der Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier immer wieder spricht, ist
in dem Bericht allerdings nicht ausdrücklich die Rede.
## „Revierbonus“ und vereinfachte Planung
Ein „Revierbonus“ soll dafür sorgen, dass schneller geplant und gebaut
werden könne als bisher. So soll etwa die Klagemöglichkeit gegen
Infrastrukturprojekte wie Straßen und Schienen auf nur eine Instanz
verkürzt werden, ähnlich wie bei den „Verkehrsprojekten Deutsche Einheit“
am Beginn der 90er Jahre.
Die Autobahn A 13 zwischen Berlin und Dresden soll ausgebaut werden, eine
neue Straße zwischen der Lausitz und dem Mitteldeutschen Revier in
Ost-West-Richtung wird gefordert und eine bessere S-Bahn rund um Leipzig.
Im Gespräch war auch immer wieder eine bessere Bahnverbindung per ICE
zwischen Berlin und Cottbus und nach Polen.
Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) hatte bereits vor einer
Woche gefordert, die Verkehrsplanungen müssten in Zukunft nicht nur nach
dem aktuellen Bedarf entschieden werden, sondern auch danach, wie
Infrastruktur eine Region erschließen könne.
## 1,5 Milliarden Euro bis 2021
Der Bericht wiederholt die Zusicherung aus dem Koalitionsvertrag, 1,5
Milliarden Euro bis 2021 für sie Strukturentwicklung in den Regionen zur
Verfügung zu stellen. Von den 2 Milliarden über 30 Jahre, die die
Länderchefs von Sachsen, Sachsen-Anhalt und Brandenburg „als Minimum“
gefordert hatten, ist bislang nicht die Rede.
Insgesamt nennt der Bericht 20.000 Arbeitsplätze als direkt bedroht,
indirekt seien etwa 60.000 Jobs betroffen. Während im rheinischen Revier
diese Jobs nur 1,2 Prozent der Erwerbstätigen ausmachen, sind es in der
Lausitz 2 Prozent. Dort liegen auch die Unternehmensgründungen unter dem
deutschen Schnitt und die Abwanderung der jungen Leute ist ein großes
Problem.
Um die relativ gut bezahlten und sicheren tarifgebundenen Arbeitsplätze aus
der Kohle zu ersetzen, solle auch der Bund Behörden und Standorte
ansiedeln. Im Gespräch ist etwa das Bundesamt für die Sicherheit in der
Informationstechnik oder das Bundesverwaltungsamt. Auch die Ansiedlung etwa
von Bundespolizei-Akademien wird in der Regierung erörtert.
Nach der Einigung über die Wünsche zur Strukturentwicklung steht nun das
größere Problem an: Ein Ausstiegspfad aus der Kohle. Zwar hatte die
Regierung immer betont: „Erst die Strukturfragen, dann der Klimaschutz“,
aber für die Umweltseite ist klar: „Nichts ist entschieden, bis alles
entschieden ist.“ Erst wenn Datum und Pfad zum Aussteig klar sind, werden
Bundesregierung und Länder auch ihre Pläne konkret machen und mit einem
Budget unterlegen, so die Planung der Kommission.
Bei der Abschaltung der Kohlekraftwerke sagt nämlich ein reines Enddatum
2025 oder 2035 nicht viel aus über den CO2-Ausstoß – wichtiger ist, welche
und wie viele Kraftwerke wie lange laufen. Das „Kohlenstoff-Budget“ der
Anlagen ist ganz unterschiedlich: Relativ gering, wenn viele Kessel bald
abgeschaltet werden; relativ hoch, wenn viele Kraftwerke noch bis kurz vor
Schluss Braunkohle verbrennen.
Aus der Perspektive des Klimaschutzes wäre ein schnelles und massives
Abschalten der Kraftwerke dringend nötig. Um den deutschen Anteil daran zu
schaffen, den Klimawandel auf 1,5 Grad zu beschränken, müssten alle
deutschen Kohlekraftwerke bis 2030 vom Netz gehen, [1][fand eine Studie der
Expertengruppe „Climate Analytics“ am Mittwoch]. Nötig sei es dafür auch,
schon bis 2020 Kapazitäten von 16 Gigawatt, also etwa 30 Kraftwerksblöcke,
stillzulegen.
Einen Ausstieg bis 2030 nannte Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar
Woidke (SPD) dagegen „keine Verhandlungsgrundlage. Das hat mit den
Realitäten nichts zu tun und ist reines Wunschdenken“, sagte er gegenüber
der ARD.
25 Oct 2018
## LINKS
[1] /Think-Tank-fordert-schnellen-Ausstieg/!5545710
## AUTOREN
Bernhard Pötter
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