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# taz.de -- Think Tank fordert schnellen Ausstieg: Raus aus der Kohle bis 2030!
> Damit die Erde sich nur um 1,5 Grad erwärmt, muss Deutschland bis 2030
> aussteigen. Das zeigt eine Studie des Think Tanks „Climate Analytics“.
Bild: Braunkohlerevier Garzweiler: Diese Räder stehen still, weil der Klimasch…
„Wir dürfen beim Klimaschutz keine Zeit mehr verlieren“, sagte
Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) Anfang Oktober, als der
[1][Bericht des UN-Klimarats IPCC zur Erderwärmung von 1,5 Grad vorgestellt
wurde]. „Die nächsten Jahre sind entscheidend, damit unser Planet nicht aus
dem Gleichgewicht gerät.“
Wie entscheidend die nächsten Jahre sind, haben Schulze und die restliche
Regierung nun schriftlich: Wenn Deutschland seinen Anteil daran leisten
will, dass der Klimawandel auf 1,5 Grad begrenzt wird, muss das Land bis
2030 komplett aus der Kohle aussteigen, fordert ein aktuelles Gutachten der
Expertengruppe „Climate Analytics“.
Ein solcher Notausgang für die Kohle sei „sozialverträglich und ohne
Einschränkungen der Energiesicherheit“ zu leisten, heißt es. Und das
Gutachten sieht ein deutlich radikaleres Abschalten von Kohlekraftwerken
vor: 16 Gigawatt (GW) an Kohleleistung müssten bereits bis 2020 zusätzlich
zu den bislang geplanten 4,2 GW vom Netz – mehr als die meisten anderen
Ausstiegspläne vorsehen.
Die Studie von „Climate Analytics“ kracht in die aktuelle Debatte um die
Kohlekommission: An diesem Mittwoch tagt das Gremium im rheinischen Revier,
eine [2][große Pro-Kohle-Demonstration] findet statt, am kommenden
Wochenende wollen die Aktivisten von „Ende Gelände“ dort [3][die
Kohlebagger bei der Arbeit stören]. Erst letzten Freitag hatten die
Ministerpräsidenten der Kohleländer Sachsen, Sachsen-Anhalt und Brandenburg
gefordert, das Ende der Braunkohle mit „mindestens 60 Milliarden Euro über
30 Jahre“ abzusichern und die Tagebaue teilweise bis „in die vierziger
Jahre“ laufen zu lassen.
## Ausstieg bis 2030 hier, Laufzeiten „bis in die Vierziger“ da
Solch eine Zeitspanne wäre mit der deutschen Verpflichtung unter dem
Pariser Abkommen und dem auch von Deutschland abgesegneten IPCC-Bericht zu
1,5 Grad nicht zu vereinbaren, zeigen die Berechnungen von „Climate
Analytics“. Die Firma hat sich darauf spezialisiert, die Klimaschutzpläne
der UN-Staaten zu durchleuchten und zu bewerten, ob sie angemessen sind.
Regelmäßig verteilen sie – meist schlechte – Noten für die Anstrengungen
der Länder und warnen, die Welt sei selbst mit allen Klimaplänen auf dem
Weg, 2100 um 3 bis 4 Grad wärmer als vor der Industrialisierung zu sein.
Im vorliegenden Bericht [4][„Wissenschaftlich begründeter
Kohle-Ausstiegspfad für Deutschland im Einklang mit der 1,5
Erwärmungsgrenze des Pariser Klima-Abkommens“] haben die Experten die
Modelle, mit denen der IPCC weltweit gerechnet hat, auf Deutschland
angewandt. Sie finden so den kostengünstigsten Weg zu 1,5 Grad: Aus der
„Sichtweise des Regulierers“ würden zuerst vor allem die klimaschädlichen
Braunkohle-Kraftwerke vom Netz genommen, aus der „Sichtweise der
Kraftwerksbetreiber“ am Beginn die teureren Steinkohle-Kraftwerke. Im
Ergebnis müssten die CO2-Emissionen aus der Energiewirtschaft bis 2020 um
60 Prozent gegenüber 1990 sinken – bisher plant die Regierung nur mit 39
Prozent.
Der Vorteil der Radikalkur aus Sicht der Analysten: Deutschland erreiche
sein Klimaziel für 2020 und stärke sein Ziel für 2030; es vermeide 20.000
vorzeitige Todesfälle, 420.000 Asthmaanfälle bei Kindern und senke die
Gesundheitskosten; es gebe Planungssicherheit für Regionen und Betriebe,
vermeide Investitionen in Techniken, die sich bald nicht mehr lohne und
rette Dörfer und Wälder.
Durch den schnellen Ausstieg „könnte Deutschland sein Emissionsziel für
2020 erreichen, massive Gesundheitsgewinne erzielen und dringend benötigten
frischen Wind in die Umsetzung der Energiewende bringen“, sagte
Carl-Friedrich Schleußner, Leiter der Abteilung Klimafolgen bei „Climate
Analytics“. Auch würde Deutschland seinen „Ruf als Klimaschutzvorreiter
erneuern“.
Um diesen großen Sprung zu schaffen, sollten schnell zusätzlich 16 Gigawatt
an Leistung abgeschaltet werden – mehr als andere Konzepte zum
Kohleausstieg etwa vom Fraunhofer Institut oder der Agora Energiewende
fordern. „Das Agora-Konzept kommt zu Abschaltungen von etwa 10 Gigawatt“,
sagte Christoph Podewils, Sprecher der Agora Energiewende. „Aber wichtiger
ist die Frage, wie viel CO2 vermieden wird. Das kann auch geschehen, wenn
Kraftwerke nicht offiziell abgeschaltet sind, sondern in einer Reserve
geparkt werden.“
24 Oct 2018
## LINKS
[1] /Neuer-Bericht-des-Weltklimarats/!5541911
[2] /Kohle-Jobs-nach-Hambach-Protest/!5541067
[3] /Braunkohletagebau-Hambach/!5541263
[4] https://climateanalytics.org/media/germany_coalphaseout_report_climateanaly…
## AUTOREN
Bernhard Pötter
## TAGS
Kohleausstieg
IPCC
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