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# taz.de -- Nachruf auf Rudolf Gelbard: Ein unermüdlicher Kämpfer
> Er war radikal im Kampf gegen Rechtsextremismus und ließ sich seinen
> Humor nicht nehmen. Jetzt ist der KZ-Überlebende mit 87 Jahren
> verstorben.
Bild: Rudolf Gelbard und Hannah Lessing bei einer Auszeichnung für die Widerst…
Mit 12 Jahren wurde Rudolf Gelbard ins Konzentrationslager Theresienstadt
deportiert. Er überlebte und kehrte 1945 mit den Überlebenden seiner
Familie nach Wien zurück. Kein Willkommen, sondern Rechtfertigungsdruck
wegen ihrer die Rückkehr: „Warum seid ihr wieder da? Ich habe gedacht, ihr
seid alle vergast worden!“, sagten die Nachbarn im Haus.
Rudolf Gelbard ließ sich vom regressiven Klima im Österreich der
Nachkriegsjahre aber nicht einschüchtern. Er begann zu kämpfen. Um seine
Eltern, die wenige Jahre später an den Folgen der KZ-Haft verstarben. Im
antifaschistischen Widerstand engagiert, besetzte Gelbard zusammen mit
anderen Hörsäle, in denen antisemitische Professoren ihre Lügen
verbreiteten. Auf der Straße stellte er sich den „Ehemaligen“,
Konservativen und deutschnationalen Burschenschafter entgegen.
Unaufhörlich warnte Gelbard vor der FPÖ und ihrem rechtsextremen
Dunstkreis. Schon bei der Demonstration gegen den Holocaustleugner David
Irving im Jahr 1989 war Gelbard auf der einen und der junge Heinz-Christian
Strache auf der anderen Seite. Heute ist Strache Vizekanzler und
deutschnationale Burschenschafter haben Ministerposten inne.
Im Kampf gegen die Enttabuisierung der FPÖ rund um den Wiener
Akademikerball engagierte sich Gelbard beim bürgerlichen Gegenprotest,
besuchte aber auch die lokale Antifa. Er zeigte: Antifaschismus ist kein
Verbrechen, sondern eine Notwendigkeit. Sein Wissen setzte er als Waffe
ein: gegen die Instrumentalisierung und Diffamierung der Opfer des
Nationalsozialismus. „Der macht das nur, weil er im KZ war“, wurde ihm
gesagt. Nein, er machte es, weil er ein politischer Mensch war.
## Widerstand bis zuletzt
Widerstand bedeutete für ihn ehrliche Auseinandersetzung und Ausdauer. Bis
zuletzt studierte der pensionierte Journalist an Wiener Bibliotheken und
war bei Diskussionsveranstaltungen anzutreffen. Selbst in einer
Konfrontation mit rechtsextremen Burschenschafter triumphierte er noch im
Herbst letzten Jahres mit seinem umfangreichen historischen sowie
politischen Wissen.
Von den Rechten ließ er sich sein Leben nicht vermiesen. Warum wir gerade
in dieses Lokal gehen, fragte ihn eine Freundin. Da sind doch nur Rechte.
„Glauben Sie, wir überlassen denen diesen Ort?“, antwortete Rudolf Gelbards
sofort und lachte.
Rudolf Gelbard war ein außergewöhnlicher Kämpfer gegen die
österreichichschen Zustände der Nachkriegsjahrzehnte und darüber hinaus.
Aufrichtig und klug setzte er sich bis zuletzt gegen die gesellschaftliche
Verrohung ein. Mit seinem Tod verliert die Welt nicht nur einen weiteren
letzten Zeugen, sondern auch einen äußerst herzlichen und politischen
Menschen.
24 Oct 2018
## AUTOREN
Laurin Lorenz
## TAGS
Holocaust
Antifaschismus
Erinnerungspolitik
NS-Opfer
NS-Gedenken
Schwerpunkt Nationalsozialismus
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