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# taz.de -- Massives Wildtiersterben seit 1970: Wildtiere bald nur noch im Zoo?
> Die Anzahl der Wirbeltiere ist seit 1970 weltweit um rund 60 Prozent
> zurückgegangen, berichtet der WWF – und fordert Gegenmaßnahmen.
Bild: Gibt es gefährdete Tierarten bald nur noch hinter Gittern?
Der weltweite Bestand von Wirbeltieren ist seit 1970 um 60 Prozent
geschrumpft. Das ist das Hauptergebnis des „Living Planet Reports 2018“,
den der WWF am Dienstag in Berlin vorgestellt hat. In den zwei Jahren seit
der letzten Studie war demnach ein weiterer Rückgang um 2 Prozent zu
verzeichnen.
Der Living Planet Report, der zum zwölften Mal erstellt wurde, gilt als
wichtiges Barometer für den weltweiten ökologischen Zustand der Welt. Er
beruht auf einer großen Datenmenge von mehr als 16.000 untersuchten
Beständen und über 4.000 Arten Säugetieren, Vögeln, Fischen, Reptilien und
Amphibien. Die Daten wurden von 59 internationalen Experten
zusammengestellt und ausgewertet, der WWF kooperiert hierfür mit vielen
internationalen Forschungsinstitutionen und bezeichnet die Datengrundlage
als „solide“.
Die jüngsten Ergebnisse zeigen einen neuen Tiefpunkt: „Unser Lebensstil ist
wie Kettenrauchen und Komasaufen auf Kosten des Planeten“, kommentierte
Jörg-Andreas Krüger, Geschäftsleiter Naturschutz beim WWF Deutschland. Die
Gründe seien eindeutig: Die Menschheit verbrauche jährlich 70 Prozent
[1][mehr natürliche Ressourcen, als die Erde zeitgleich erneuern könne].
Als Folge davon seien die Böden überdüngt und die Meere versauert und für
viele Arten als Lebensraum nicht mehr geeignet. Mit einem Minus von 89
Prozent besonders dramatisch ist der Rückgang von Tierbeständen in Süd- und
Zentralamerika, wo der Regenwald gerodet und Flüsse verschmutzt werden. Das
passiert auch aufgrund der großen Nachfrage nach Rohstoffen und
Futtermitteln aus dem Norden. „Deutschland hat am erschütternden Rückgang
der biologischen Vielfalt weltweit maßgeblich Anteil“, sagte Krüger.
Ein Hauptaugenmerk richtete der Umweltverband auf den Zustand der
Süßwasser. In Deutschland hätten diese sich zwar seit der Wende deutlich
erholt. Es reiche aber nicht, auf nationaler Ebene zu agieren. Die
Wasserproblematik etwa werde auch EU-weit entschieden, und es drohe bei
Neuverhandlungen der Wasserrahmenrichtlinie unter Umständen eine Lockerung
der Schutzmaßnahmen, so WWF-Sprecherin Elbe.
## Deutschland fällt immer weiter zurück
Global sehe die Situation noch schlechter aus: Bei Tieren, die in
Fließgewässern leben, gibt es dramatische Rückgänge von durchschnittlich 83
Prozent. Die Gründe seien vielfältig: Staudämme, Bewässerung, industrielle
Abwässer und [2][die generelle Übernutzung von Süßwasser].
Zur möglichen Lösung des Problems betont der WWF, dass WissenschaftlerInnen
die nötigen Ziele längst definiert hätten, nur hapere es an deren
Umsetzung. Man erwarte, dass trotz UN-Nachhaltigkeitszielen, Pariser
Klimaschutzabkommen und nationalen Nachhaltigkeitsmaßnahmen die nötigen
Ziele verfehlt würden. „Der Dreh ist aber noch möglich, wir sind keine
Doomsday-Prediger“, betonte Krüger und richtete die WWF-Forderungen in
Richtung Politik, Konsumenten und Wirtschaft.
Zu den zentralen Forderungen gehört ein internationaler Waldfonds mit
mindestens 100 Millionen Euro Jahresbudget, aus dem Projekte für Waldschutz
und Wiederaufforstung finanziert werden sollen. Die europäischen
Agrarsubventionen müssten stärker an ökologischen Kriterien ausgerichtet
werden.
Deutschland gelte zwar als fortschrittlich in Sachen Klima- und
Umweltschutz, falle aber in Wahrheit immer mehr zurück. Man müsse
angesichts der schwierigen politischen Weltsituation auch in Bezug auf
Umwelt- und Klimaschutz „Koalitionen der Willigen schmieden“, so Krüger.
Die Bundesregierung fühlt sich von dieser Kritik nicht angesprochen. „Im
Prinzip entspricht das unserer Position und stärkt diese“, sagte eine
Sprecherin des Bundesumweltministeriums. Sie verwies auf das geplante
Insektenschutzprogramm, das auch positive Auswirkungen auf Vögel haben
werde. Zudem helfe man Entwicklungsländern im Kampf gegen Wilderei und
fördere den Schutz der Wälder global mit 500 Millionen Euro jährlich. Bei
der kommenden Biodiversitätskonferenz werde wohl außerdem die
Biodiversitätsfinanzierung verdoppelt, hieß es.
30 Oct 2018
## LINKS
[1] /Alternativen-zum-Plastik-Strohhalm/!5489362
[2] /Verschmutzung-durch-Nitrat-und-Fracking/!5463200
## AUTOREN
Andrew Müller
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