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# taz.de -- Spitzenkandidatin der Grünen über Ziele: „Einhalt für Macho-Ma…
> Maike Schaefer wird die Grünen bei der Wahl in Bremen anführen. In einem
> „knallgrünen Wahlkampf“ will sie sich auch mit sozialen Themen
> profilieren.
Bild: Möchte die Gerechtigkeitsfrage stellen und Rechtspopulismus ausbremsen: …
taz: Ist jetzt der Zeitpunkt, die rot-grüne Koalition in Bremen platzen zu
lassen, Frau Schaefer?
Maike Schaefer: Nein! Wir werden diese funktionierende Koalition bis 2019
zu Ende führen.
Aber Sie treten als Spitzenkandidatin ja im Geist der Erneuerung der Grünen
an, und die kann es in Bremen ja doch nur ohne die SPD geben, oder?
Dass ich die Urwahl gewonnen habe, ist ein Zeichen für einen
Generationswechsel in Bremen: Die Partei-GründerInnen übergeben den
Staffelstab an eine neue Generation. Aber deswegen lassen wir keine
Koalition platzen.
Sie haben einen „knallgrünen Wahlkampf“ versprochen. Wie wird der aussehen…
Wir haben vier große Themen. Das erste ist die Bildung: Wir wollen nicht
nur mehr Geld investieren, sondern auch bei der Qualität vorankommen. Dann
geht es um die Schaffung von preisgünstigem Wohnraum, um den Klima- und
Umweltschutz als grünes Kernthema – und darum, klare Kante gegen die AfD
und den Rechtspopulismus zu zeigen.
Einer Ihrer Anträge zum Wahlprogramm wollte das Ziel der Klimaneutralität
20 Jahre hinausschieben, von 2030 auf 2050 …
Nein! Ich meinte: spätestens 2050 – schön wäre es aber, wir schaffen das
früher. Jahreszahlen zu nennen, finde ich ohnehin schwierig. Daran wirst du
am Ende gemessen. Und eine klimaneutrale Stadt zu sein, heißt: Du darfst
gar nichts mehr emittieren. Wie soll das in zwölf Jahren in einer
Industriestadt wie Bremen funktionieren? Unser Ziel muss aber sein, als
erstes Bundesland klimaneutral zu werden.
Aber klare Zielvorgaben sind doch der stärkste Antrieb …!
Dann darfst du 2030 keinen Individualverkehr, keine Gasheizungen mehr und
nur noch Häuser mit Passivhaus-Standard haben. Wie soll das gehen? Alle
ExpertInnen sagen: Das ist unrealistisch! Trotzdem bin ich absolut für
ambitionierte Klimaziele. Wir wollen in fünf Jahren raus aus der Kohlekraft
sein – das halte ich auch für realistisch. Wir wollen nichts versprechen,
was man nicht erreichen kann.
Knallgrün wird oft gedeutet als: Lass’ uns Bienchen retten und mit den
nervigen Finanz- und Sozialthemen in Ruhe. Wie wollen Sie das verhindern?
Soziale Themen haben sehr viel mit Umwelt- und Klimaschutz zu tun: Wer
wohnt denn an lauten, von Abgasen belasteten Straßen? Leute, die sich
woanders keine Wohnung leisten können. Die haben aber auch ein Anrecht auf
saubere Luft wie jeder andere auch. Knallgrün zu sein, heißt immer auch:
die Gerechtigkeitsfrage zu stellen. Das fängt schon in der Kita an.
A propos: Wo ist das grüne Programm gegen Kinderarmut?
Alle müssen die Chance haben, einen Kita-Platz zu kriegen, und zwar mit
Betreuungszeiten, die auch Alleinerziehenden die Chance gibt, arbeiten zu
gehen. Es gibt aber nicht das eine Projekt gegen Kinderarmut, von dem man
sagen kann, das ändert nun alles. Und bei den notwendigen Maßnahmen geht es
ja auch oft um Bundesangelegenheiten – trotzdem setzen wir uns auch auf
Landesebene dafür ein, dass da was passiert.
In zwölf Jahren rot-grüner Koalition ist es aber nicht gelungen, die
Kinderarmut nennenswert zu verringern.
In Bremen und Bremerhaven ist sie besonders ausgeprägt, das kann man auch
nicht schönreden. Da ist noch viel Luft nach oben.
Gibt es ein klar definierbares, soziales Projekt, für das die Grünen
antreten?
Der Ausbau der Kinderbetreuung …
… den wollen doch alle!
Deswegen kann er ja trotzdem ein grünes Projekt sein. Gerade für
Alleinerziehende ist es schwer, Familie und Beruf unter einen Hut zu
bringen. Wir wollen die Betreuungszeiten flexibler gestalten,
beispielsweise für Leute, die im Schichtdienst arbeiten.
Zugleich wollten Sie die MitarbeiterInnenrechte in der öffentlichen
Verwaltung beschneiden.
Das stimmt so nicht. Das bremische Personalvertretungsgesetz ist – das
wurde höchstrichterlich entschieden – nicht verfassungskonform. Da gibt es
also Reformbedarf. Mitbestimmung darf am Ende nicht dazu führen, dass
demokratisch legitimierte Entscheidungen ausgehebelt werden können. Bei
Nachbesetzungen von dringend benötigtem Personal ist es in Bremen mitunter
zu Verzögerungen gekommen, weil Personalvertretungen immer wieder blockiert
haben. Das darf nicht passieren. Das bedeutet aber nicht, dass ich
Mitbestimmung beschneiden oder gar abschaffen will.
Welches gesellschaftliche Projekt der Grünen ist Ihnen persönlich wichtig?
Was mir persönlich Sorge macht ist: Wie geht man mit Rechtspopulismus um?
Da müssen wir uns gegenseitig unterstützen und solidarisieren, um die
Demokratie zu stärken. Menschen mit scheinbar einfachen Antworten und
Macho-Mackertum gewinnen ja gerade überall in der Welt an Zuspruch. Dem
müssen wir Einhalt gebieten.
Im Urwahl-Hearing gibt’ s ein herausgehobenes Statement von Ihnen dazu, das
aber unklar bleibt: „Ich möchte, dass die sich an die Werte, die uns hier
wichtig sind, dass die sich da dran auch halten. Den Anspruch haben wir an
uns selber, an andere und auch an die“: Ich frage mich da, wer ist wir –
und wen meint Maike Schaefer mit „die“?
In der Diskussion ging es um die AfD …
Ah, die hat nicht dieselben Werte wie wir, und …
Nein, das war nicht gemeint: Es ging darum, dass es, wie eben bei
sogenannten „Biodeutschen“ auch, bei einigen Menschen mit
Migrationshintergrund Probleme gibt. Ich wohne ja in Vegesack, und die
Grohner Düne dort ist ein Hotspot des Salafismus. Ich möchte, dass wir auch
mal den Mut haben, zu sagen: Es ist nicht nur alles ein schönes
kunterbuntes Multikulti. Es dürfen sich keine Parallelgesellschaften
ausbilden. Gerade als Frau erwarte ich beispielsweise, dass
Gleichberechtigung auch als Wert anerkannt wird – von allen, die hier
leben. Und wenn es Probleme mit kriminellen Großfamilien oder Salafismus
gibt, müssen auch die Grünen das offen ansprechen. Das ist auch nötig, um
unsere offene Gesellschaft zu bewahren und gegen den Rechtsruck zu
verteidigen.
Ein Projekt, das auch die SPD jetzt wieder betont, ist das
Offshore-Terminal in Bremerhaven (OTB), das Sie kritisieren. Ist das jetzt
trotzdem gesetzt?
Nein! Ich sehe das OTB nach wie vor total kritisch. Die Rahmenbedingungen
haben sich grundlegend geändert: Der Bund hat die Offshore-Windkraft
abgewürgt. Das ist bedauerlich, aber deshalb ist die Wirtschaftlichkeit des
OTB nicht mehr so gegeben wie vor ein paar Jahren. Zudem wäre sein Bau ein
Eingriff in ein sehr sensibles Ökosystem. Der ist nur gerechtfertigt, wenn
dem ein entsprechender Bedarf und Nutzen gegenüberstünde.
Was wären Alternativen?
Meiner Meinung nach würden der Ausbau der Hochschule und die Förderung des
Tourismus und der Lebensmittelindustrie in Bremerhaven viel mehr bringen.
Die Stadt hat sich vom OTB viele Arbeitsplätze erhofft. Das ist aber eine
Illusion, solange die Energiewende von der Bundesregierung ausgebremst
wird.
19 Oct 2018
## AUTOREN
Benno Schirrmeister
Jan Zier
## TAGS
Grüne Bremen
OTB
Energiewende
Schwerpunkt Klimawandel
Rechtspopulismus
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