# taz.de -- Pressefreiheit in Südkorea: Reporter muss draußen bleiben | |
> Die Friedensgespräche zwischen Süd- und Nordkorea dauern an. Einem aus | |
> Nordkorea geflohenen Journalisten wird dabei ein Maulkorb verpasst. | |
Bild: Cho Myoung Gyon (l.), Südkoreas Vereinigungsminister und sein nordkorean… | |
Seoul taz | Am Montag haben sich erneut hochrangige Delegationen von Süd- | |
und Nordkorea zu [1][Arbeitsgesprächen am Waffenstillstandsort Panmunjeom] | |
getroffen. Kurz vor Beginn der Gespräche hat Südkoreas | |
Vereinigungsministerium einen akkreditierten Reporter vom Pressezentrum in | |
der entmilitarisierten Zone ausgeschlossen. | |
Bei dem betroffenen Journalisten handelt es sich ausgerechnet Kim Myeong | |
Sung, der ursprünglich aus Nordkorea stammt. Wie mittlerweile über 31.000 | |
Flüchtlinge hat Kim im Süden eine neue Heimat gefunden – und zudem eine | |
Anstellung bei Chosun Ilbo, der mit 1,2 Millionen verkauften Exemplaren | |
größten Tageszeitung des Landes. Dort wird nicht nur seine Expertise aus | |
erster Hand geschätzt. Auch dass er aufgrund seiner traumatisierenden | |
Erfahrungen in Nordkorea einen aktivistischen Groll gegen das Regime hegt, | |
passt in dessen rechtskonservative Blattlinie. | |
Südkoreas Journalisten haben den beispiellosen Ausschluss ihres Kollegen | |
unverzüglich in einer gemeinsamen Stellungnahme als „schwerwiegenden | |
Verstoß gegen die Pressefreiheit“ verdammt. In der Tat liegt der Verdacht | |
nahe, dass die Regierung in Seoul ein essenzielles demokratisches Gut | |
unterdrückt, um das Regime in Pjöngjang im Zuge der jüngsten Annäherung | |
nicht zu vergrämen. Dieses diffamiert schließlich seine Fahnenflüchtlinge | |
als „kriminelle Verräter“ und sperrt zurückgelassene Familienangehörige … | |
für Jahre in Umerziehungslager. | |
Das Seouler Wiedervereinigungsministerium berief sich bei seiner | |
Entscheidung auf „Sicherheitsgründe“, ohne diese jedoch näher auszuführe… | |
Kim Myeong Sung sei „weithin für seine Aktivitäten bekannt“, heißt es | |
diffus bei einem Ministeriumssprecher. | |
## Hochemotionales Thema | |
Und: Die Entscheidung wurde allein aus eigenen Stücken getroffen, von | |
nordkoreanischer Seite hätte es keinen Druck gegeben. In einem anonymen | |
Hintergrundgespräch mit einem anderen Beamten des | |
Wiedervereinigungsministeriums lässt sich jedoch heraushören, dass Südkorea | |
dem nördlichen Nachbarn sehr wohl „keine Probleme“ verursachen möchte. | |
Der betroffene Journalist selbst hat sich in einem ersten Interview mit der | |
BBC zutiefst enttäuscht gezeigt: „Wir nordkoreanischen Flüchtlinge sind | |
südkoreanische Staatsbürger. Ich fühle mich wehrlos und habe Angst, dass | |
mich meine Regierung im Ernstfall nicht schützen würde.“ | |
Im demokratischen Südkorea ist das Thema Pressefreiheit ein hochemotionales | |
Thema. Jahrzehntelang haben Militärdiktatoren versucht, die Redaktionen des | |
Landes mundtot zu machen. Seit den ersten freien Wahlen 1987 hat sich | |
schließlich eine politisch hochpolarisierte Presselandschaft entwickelt, | |
deren Berichterstattung nicht selten an Aktivismus grenzt. | |
Vor allem die zwei vorherigen konservativen Präsidenten, die beide auf | |
Grund von Korruptionsfällen mittlerweile zu jahrzehntelangen Haftstrafen | |
verurteilt wurden, übten massiv Druck auf den öffentlichen Rundfunk aus. | |
Mehrere kritische Reporter wurden unter beliebigen Vorwänden gefeuert oder | |
in apolitische Ressorts versetzt. | |
Unter dem linksgerichteten Moon Jae In hat sich die Situation merklich | |
verbessert: In nur einem Jahr ist das Land [2][im Pressefreiheitsindex von | |
Reporter ohne Grenzen] vom 63. auf dem 43. Platz geklettert, damit liegt es | |
praktisch gleichauf mit Taiwan und sogar zwei Plätze vor den USA. [3][Im | |
Gegensatz zu seiner Vorgängerin Park Geun Hye] stellt sich Moon in | |
einigermaßen regelmäßigen Abständen den – vorher nicht eingereichten – | |
Fragen der Presse. | |
15 Oct 2018 | |
## LINKS | |
[1] /Kommentar-zum-Korea-Gipfeltreffen/!5534439 | |
[2] https://www.reporter-ohne-grenzen.de/rangliste/2018/ | |
[3] /Meinungsfreiheit-in-Suedkorea/!5023738 | |
## AUTOREN | |
Fabian Kretschmer | |
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