# taz.de -- Rechtsextreme Szene in Chemnitz: Mehrere Männer festgenommen | |
> Die Bundesanwaltschaft nimmt sechs Neonazis nach den Chemnitz-Randalen | |
> fest. Sie sollen eine rechte Terror-Gruppe gebildet haben. | |
Bild: Rechte Ausschreitungen in Chemnitz am 27. August 2018 | |
Berlin taz | Bereits vor zwei Wochen, am 14. September, zogen sie nach | |
einer „Pro Chemnitz“-Kundgebung los. Sten E., Christian K., Martin H., | |
Marcel W. und Sven W. sollen Quarzhandschuhe und Glasflaschen getragen | |
haben, auch ein Elektroschockgerät. Auf der Schlossteichinsel | |
„kontrollierten“ sie zusammen mit anderen Rechtsextremen dort Anwesende, | |
sollen Ausweise verlangt haben. | |
Als sie auf eine Gruppe aus Deutschen, Iranern und Pakistanern trafen, | |
schlugen sie zu. Ein Mann wurde mit einer Glasflasche auf den Kopf | |
getroffen. Als Bürgerwehr hätten sich die Neonazis ausgegeben, sagten | |
damals Augenzeugen. Es war eine Machtdemonstration. | |
Für die Bundesanwaltschaft war es mehr: Sie ließ am Montagmorgen sechs | |
Männer festnehmen, durchsuchte in Sachsen und Bayern mit mehr als 100 | |
Beamten mehrere Wohnungen. Es bestehe der Verdacht, dass sich die Männer | |
spätestens seit dem 11. September als rechtsterroristische Gruppe | |
zusammengeschlossen hätten, teilte die oberste Anklagebehörde in einer | |
Mitteilung mit. Der Übergriff auf der Chemnitzer Schlossteichinsel sei | |
dabei ein „Probelauf“ gewesen. | |
Seit Ende August, als mutmaßlich eine Gruppe Flüchtlinge den Chemnitzer | |
Daniel H. erstachen, kam es in der sächsischen Stadt zu rechten | |
Demonstrationen und Ausschreitungen. Die jetzt Festgenommenen sollen | |
weitere Pläne gehabt haben, so die Bundesanwaltschaft. Als | |
rechtsterroristische Gruppe „Revolution Chemnitz“ hätten diese sich | |
zusammengeschlossen. Ihr Ziel: „gewalttätige Angriffe und bewaffnete | |
Anschläge auf Ausländer und politisch Andersdenkende“. Ins Visier genommen | |
habe die Gruppe auch Parteipolitiker und gesellschaftlich Engagierte. Die | |
Männer hätten sich bereits bemüht, halbautomatische Schusswaffen zu | |
besorgen. | |
Die nächste Aktion habe unmittelbar bevorgestanden: Jetzt am 3. Oktober, | |
dem Tag der Deutschen Einheit. Was genau dort geplant gewesen sei, sei aber | |
noch nicht näher aufgeklärt, so die Ermittler. Nun werden die Neonazis dem | |
Haftrichter des Bundesgerichtshof vorgeführt. | |
Anführer soll der 31-jährige Christian K. gewesen sein. Er sitzt bereits | |
seit dem Angriff auf der Schlossteichinsel in U-Haft. Sechs weitere Männer, | |
20 bis 30 Jahre alt, hätten sich um K. zusammengefunden. Die Männer hätten | |
der Chemnitz Neonazi- und Hooligan-Szene angehört und sich als „führende | |
Personen in der rechtsextremistischen Szene Sachsens verstanden“, so die | |
Ermittler. | |
Bereits seit dem 21. September habe man gegen die Gruppe ermittelt, teilte | |
die Bundesanwaltschaft mit. Zunächst wegen des Verdachts der Bildung einer | |
kriminellen Vereinigung. Dann hätten sich „tatsächliche Anhaltspunkte dafür | |
ergeben, dass die Vereinigung eine terroristische Zielsetzung verfolgt“. | |
Schon in der vergangenen Woche hatte die Bundesregierung mitgeteilt, dass | |
die Bundesanwaltschaft nach den rechten Ausschreitungen in Chemnitz eine | |
„Prüfung“ der dortigen „Geschehnisse“ eingeleitet hat. Nun wird das | |
Ergebnis öffentlich. | |
Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) und | |
Noch-Verfassungsschutzchef [1][Hans-Georg Maaßen hatten die Ausschreitungen | |
in Chemnitz zuletzt noch relativiert]. Nun ergibt sich womöglich nochmal | |
ein anderes Bild. | |
1 Oct 2018 | |
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## AUTOREN | |
Konrad Litschko | |
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