# taz.de -- Hamburg kauft Fernwärmenetz: Alles. Und zwar sofort | |
> Einstieg in Wärmewende und Kohleende: Hamburgs Fernwärmenetz wird zu 100 | |
> Prozent rekommunalisiert. Rot-grüner Senat setzt Volksentscheid | |
> vollständig um. | |
Bild: Zukunft ohne Moorburg: Das Kraftwerk wird keine Fernwärme erzeugen. | |
HAMBURG taz | Die Stadt Hamburg wird das Fernwärmenetz fristgerecht zum 1. | |
Januar 2019 zurückkaufen. Das ist das überraschende Ergebnis langwieriger | |
und komplizierter Verhandlungen zwischen dem Senat und dem schwedischen | |
Energiekonzern Vattenfall, der Mehrheitseigner des Fernwärmenetzes ist. | |
Hamburg ist seit 2014 mit einem Viertel an der Netzgesellschaft beteiligt. | |
Bis zum Montagabend sei „hart verhandelt“ worden, berichtete Bürgermeister | |
Peter Tschentscher (SPD) am Dienstag vor der Landespressekonferenz im | |
Rathaus. Dann erst sei klar gewesen, „dass wir es jetzt alleine machen“, so | |
Tschentscher. Nächste Woche will der Senat das formal beschließen, danach | |
muss noch die Bürgerschaft zustimmen. | |
Strittig sei bis zuletzt gewesen, ob der Rückkauf der Netze „gestreckt“ | |
erfolgen oder alles sofort in öffentliche Hand übernommen werden soll. In | |
der ersteren Variante hätte Hamburg seinen Anteil jetzt auf 50,1 Prozent | |
erhöht, das Fernwärmenetz für eine gewisse Zeit – von zehn Jahren war die | |
Rede – zusammen mit Vattenfall betrieben und erst dann die Übernahme | |
vollendet. | |
Das aber scheiterte in letzter Minute daran, dass Vattenfall sich nicht mit | |
der Position des kleineren Partners bescheiden wollte. „Wir respektieren | |
die Entscheidung Hamburgs“, sagte der Chef von Vattenfall Deutschland, | |
Tuomo Hatakka. Sein Unternehmen stehe für eine Rolle als | |
Minderheitsgesellschafter nicht zur Verfügung. Hamburg indes bestand | |
darauf, „die unternehmerische Leitung“ zu übernehmen, stellte Finanzsenator | |
Andreas Dressel (SPD) klar. Das sei „zur Umsetzung des Volksentscheides | |
unumgänglich“. Seine Behörde ist bei den Verhandlungen auf Seiten der Stadt | |
federführend. | |
Der Volksentscheid vom 22. September 2013 (siehe Kasten) verlangt von der | |
Stadt, „alle notwendigen und zulässigen Schritte“ zu unternehmen, um die | |
Versorgungsnetze für Strom, Gas und Fernwärme wieder in die öffentliche | |
Hand zu überführen. Bei Strom und Gas ist dies bereits geschehen, die | |
Fernwärme soll nun folgen. Ziel ist „eine sozial gerechte, | |
klimaverträgliche und demokratisch kontrollierte Energieversorgung aus | |
erneuerbaren Energien“, so der Wortlaut. | |
Das aber hat seinen Preis. Hamburg erwirbt die restlichen drei Viertel der | |
Netzgesellschaft samt Erzeugungsanlagen auf der Grundlage des | |
Mindestpreises von 950 Millionen Euro, den der SPD-Senat 2014 Vattenfall | |
vertraglich zugesichert hatte. Eine exakte Summe wollten weder Tschentscher | |
noch Dressel nennen, die „Bandbreite liegt zwischen 800 Millionen und einer | |
Milliarde Euro“. | |
Hinzu kämen Investitionen, welche das dann zu 100 Prozent städtische | |
Unternehmen tätigen müsse, in ein Gas-Kraft-Wärme-Werk auf der Dradenau im | |
Hafen und in weitere Anlagen „für eine zukunftsfähige und ökologische | |
Energieversorgung“, so Tschentscher. Bestandteil des Konzepts sei auch, | |
dass Vattenfalls Kohlekraftwerk Moorburg keine Fernwärme erzeugen und das | |
alte Kraftwerk Wedel „so schnell wie möglich“ abgeschaltet werde: „Hambu… | |
Energiezukunft“, so Tschentscher, „wird nicht auf Kohle gebaut“. | |
Von einer „richtigen Entscheidung“ und einem „Einstieg in die Wärmewende… | |
sprach Manfred Braasch, Hamburg-Chef des Umweltverbandes BUND und | |
Mitinitiator des Volksentscheides. Der gestrige Dienstag sei „ein wirklich | |
guter Tag für die direkte Demokratie, den Klimaschutz und den notwendigen | |
Kohleausstieg“ gewesen. | |
9 Oct 2018 | |
## AUTOREN | |
Sven-Michael Veit | |
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